Besuch bei den Pueblo Indianern

Schließlich müssen wir Santa Fe den Rücken kehren, weil wir wollen ja noch mehr sehen vom weiten Südwesten. Wir brechen auf Richtung Norden, auf der High Road to Taos, die uns zuerst in Nambé an dieser hübschen Adobekirche vorbeiführt. Das Kirchlein im für uns ungewohnten Baustil steht – für uns ebenso ungewohnt – einfach so auf einem kleinen Hügel, drumherum nur Staub und Schotter.

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Einen kurzen Abstecher von der High Road machen wir: Es geht nach Chimayo. Das winzige Kirchlein hier, das auf dem Foto schon ausschaut wie aus dem Zwergenland, ist tatsächlich eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten Nordamerikas. Rund um das Herz dieses Ortes reiht sich eine ganze Pilger-Infrastruktur mit Dutzenden Kapellen, Madonnen, Heiligenschreinen und Besinnungsgärten.

Was man auf den Bilder übrigens gar nicht so erkennt: Fünf Minuten vorher gab es noch einen Wolkenbruch, der sich gewaschen hatte.

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Das Sanctuario (also das Heiligtum, in der kleinen alten Kapelle oben) bildet den Kern der Anlage. Vom Prunk unserer katholischen Kirchen ist hier nichts zu sehen. Die Altarbilder sind eher einfach – sicher aber trotzdem unendlich wertvoll – auf Holz gemalt, kein Gold, kein Silber.

Daneben in der Familienkapelle ist alles beeindruckend schön geschmückt – modern und bunt. Überall hängen Bilder von Pilgern oder deren Angehörigen, haben Wallfahrer Gegenstände abgelegt, von Beinprothesen bis zu Kuscheltieren. Ein bisschen wie Altötting, aber irgendwie echter, einfacher, direkter, glaubhafter.

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Wo auf dem Gelände des Sanctuario keine Madonna steht, sind Andenkenläden drin. Doch wieder wie Altötting.

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Wir verlassen den Heiligen Ort und folgen der High Road ins Örtchen Taos. Nach einem kurzen Bummel vorbei an den unvermeidlichen „Kunst-„Galerien lassen wir uns im Garten eines Cafés nieder und warten geduldig, bis uns zwei sehr leckere gegrillte Sandwiches gereicht werden.

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Frisch gestärkt fahren wir auf staubiger Piste von Taos hinüber ins Taos Pueblo. Unterwegs suchen wir vergeblich die Brücke nach Eis ab – aber wir sind hier auf gut 2.400 Metern Höhe, und auch wenn man es an einem Tag wie diesem nicht glauben kann, in den Bergen hinter Taos wird im Winter Ski gefahren – dort geht es bis auf 4.000 Meter hoch.

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Aber nun hinein ins Taos Pueblo. Es gab im Südwesten mal einige hundert Pueblos, in denen jeweils ein Stamm von Pueblo-Indianern wie eine große Familie zusammenlebten. Das Taos Pueblo ist seit über 1.000 Jahren durchgängig bewohnt und damit einer der ältesten besiedelten Orte Nordamerikas. Heute steht das Taos Pueblo daher unter Weltkulturerbe-Schutz.

Wir treffen im Schatten der kleinen Pueblo-Kirche unseren Guide White Feather, der uns mit vielem Interessanten zur Geschichte des Pueblos versorgt.

Der Weg zum Schutz als Weltkulturerbe war für die Pueblo-Indianer kein Leichter. Schon vor hunderten Jahren wurden sie laufend von nomadisch lebenden Indianern angegriffen – da sie selbst von der Landwirtschaft lebten, war sie lokal sesshaft und mussten sich häufig verteidigen.

Im Pueblo sind daher alle Häuser und Wohnungen quasi zu einem großen, mehrstöckigen Bau vereint. Früher gab es außen keine Türen, man betrat die Häuser übers Dach – der letzte zog zum Schutz vor unerwünschten Besuchern die Leiter hoch. Heute gibt es Türen und nur noch wenige Leitern.

Was es auch heute noch nicht gibt, im Taos Pueblo sind: Fließend Wasser, Strom, Fernsehen, Telefon. In allen anderen Pueblos sind Handys, Kameras streng verboten – nicht einmal Skizzieren ist erlaubt. Im Taos Pueblo hat man sich dem Tourismus geöffnet – die meisten Bewohner wohnen mittlerweile ohnehin in kleinen Häusern rund herum, mit Wasser, Strom und Fernsehen, denn die Zivilisation hat eben auch ihre Vorzüge. Aber auch Nachteile, wie uns White Feather erzählt, denn plötzlich ist es wichtig zu sehen, was der Nachbar für ein Auto fährt, und all diese Dinge.

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Zurück zu den Bedrohungen: Als nächstes kamen die Spanier und zwangen den Indianern den Katholizismus auf. Die Indianer in Taos arrangierten sich damit so gut sie konnten. Sie behielten auch ihren eigenen Glauben bei und suchten sich beim katholischen Glauben das heraus, mit dem sie am meisten klar kamen. Sie beteten zum Beispiel keinen Jesus am Kreuz an, sondern die Jungfrau Maria, die die Mutter Erde symbolisiert – was sich nun wieder mit ihrem Glauben deckte. Heute ist ihre Religion daher ein wenig ein Mix aus ihrem traditionellen Glauben, und dem katholischen.

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White Feather führt uns noch hinter zu den Ruinen der ersten katholischen Kirche am Rande des Pueblos. Die Spanier waren schon lange weg – nun suchten hier Dutzende Frauen und Kinder Schutz vor dem Angriff der Kavallerie im Indian War. Die legten die Kirche in Schutt und Asche – mitsamt den Menschen darin. Nach dieser Tragödie kam es für die Bewohner nicht mehr in Frage, die Kirche wieder aufzubauen oder auf den Grundmauern an diesem Ort eine neue zu errichten. Sie bauten die neue Kirche daher an den gegenüberliegenden Ortsrand.

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Letztlich zeigt uns White Feather noch die Hornos, die Lehmöfen, in denen auch heute noch gebacken wird. Darin wird ein Feuer gemacht, gewartet bis es runtergebrannt ist, dann ist der Ofen von selber so heiß, dass man darin backen kann.

Die Häuser im Pueblo sind übrigens aus dem gleichen Material gebaut, wie die Öfen: Sand, Stroh und Wasser. Weil das nicht so super haltbar ist, sind sie laufend mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt, so wie auch während unserem Besuch an vielen Häusern gerade neu verlehmputzt wurde – es hält dann wieder so für ein Jahr.

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Letztlich könne wir noch ohne Guide ein wenig durchs Pueblo bummeln, in einigen Häusern sind nun kleine Läden drin, die zu happigen Preisen Selbstgebackenes, Selbstgetöpfertes und selbst in China Eingekauftes verticken. Weil der Besuch in ihrem Pueblo dennoch spannend und total interessant war, nimmt man das hin und kauft eben auch was…

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Das Ding hier in der Mitte (hinter dem Horno, dem Ofen) ist übrigens ein Kiva: Ein unterirdischer, heiliger Raum, der nur durch eine lange Leiter über ein Loch in der Mitte betreten werden kann.

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Während die Sonne im Pueblo noch scheint, regnet am Horizont ein massives Gewitter runter – Zeit mal Richtung Auto zu gehen.

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Der Besuch im Pueblo war wirklich interessant und auch angenehm – wir waren uns nicht so sicher, wie willkommen man sich als Besucher dort so fühlt. Um so positiver haben wir es dann empfunden, von White Feather herumgeführt zu werden.

Da wir neben vielem Anderen auch an den Gott in der Kaffeebohne glauben, ist nun aber echt Zeit für einen Cappuccino, für den wir schnell zurück nach Taos fahren.

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Mit Blick auf die Hauptkreuzung des Ortes warten wir auf unseren Kaffee und hören die typisch amerikanische Unterhaltung mit:

Bis zum Hals tätowierte Kundin kommt in den Coffee Shop: „Hallo, wie geht’s?“ – „Es geht mir wunderbar, schön Dich zu sehen – wie geht es Dir denn?“ – „Großartig, es geht mir fantastisch, es ist doch ein wundervoller Tag heute.“ – „Es ist schön zu hören, dass es Dir gut geht. Was kann ich für Dich tun?“ – „Ich nehme heute mal einen Tee.“ – [Tee wird hergerichtet, belangloses Gespräch über das Wetter.] – „So, hier Dein Tee, lass ihn Dir richtig gut schmecken. Geht es Dir eigentlich gut?“ – „Oh ja, es geht mir ausgezeichnet. Wundervoll. Wie geht es Dir eigentlich“ – „Es geht mir sehr gut, schön, dass Du fragst.“ – „Ja, tschüss dann, und bis morgen, es ist immer wieder schön, mit Dir zu plaudern.“ – „Ja, ich freue mich jedes Mal, wenn Du rein kommst.“ Abgang Kundin.

Danach findet man dann auch mal Zeit, unseren Kaffee fertig einzuschenken. Die Kunst der Kommunikation im Coffee Shop – wir haben noch viel zu lernen.

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Auf geht es nun für uns, Richtung Norden, Richtung Rocky Mountains. Unterwegs queren wir den Rio Grande, der sich tief unter uns durch die Wüste schneidet:

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Bisschen gruselig ist der Blick hinunter schon.

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Nach einstündiger Fahrt durch flache Wüste, ohne eine einzige Kurve, geht es hinauf in die Berge, in die Wälder, und nach veritablem Wolkenbruch leuchtet uns die Straße wie ein blendendes Band entgegen.

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Aus dem Sommer sind wir in kürzester Zeit hinauf in den Herbst gefahren.

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Morgen wollen wir noch höher hinaus, mit der dampfenden Eisenbahn auf über 3.000 Meter! Mal sehen, ob das gut geht…

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