Seit unserem dreitägigen Start in Seattle haben wir jede Nacht woanders verbracht. Nun bleiben wir drei Nächte in Portland. Und Wochenende ist auch noch. Wir schlafen aus (8 Uhr!), gehen gemütlich frühstücken und verbummeln erstmal den Vormittag. Muss auch mal sein, nach so viel Reisen, fühlt sich aber ungewohnt an. Dann wollen wir mal sehen, was Portland so zu bieten hat. Alles was ich weiß: Portland ist „in“. Die Stadt gewinnt in allen Rankings der lebenswertesten Städte der USA. Das mag weniger am neblig regnerischen Klima liegen, als eher an den vielen Möglichkeiten in naher Distanz (Meer, Berge). Was ich noch von Portland weiß: Es soll die Stadt der Coffee Roasters sein, der Donuts, der Micro Breweries, vielseitiger Restaurants, und der schrägen Vögel. Auf den städtischen Mülleimern heißt es ja gerne „Keep Portland Clean“, hier steht auf einer Häuserwand in meterhoher Schrift: „Keep Portland Weird“ (weird heißt soviel wie bizarr, schräg, eigenartig). Hier ist man stolz auf die Vielseitigkeit: leben und leben lassen. An den Straßenecken weiß man oft nicht genau, wer Obdachloser ist, und wer einfach nur schräg frisiert und angezogen. Vielleicht geht es auch gleitend ineinander über. Bunt angezogen, tätowiert, münzgroße Löcher in den Ohren, jeder läuft hier rum, wie es ihm gefällt. Aber bitte nicht falsch verstehen: Die Stadt wirkt angenehm und aufgeräumt. Überall säumen Bäume die Straßen, die Wege sind mit rotem Stein gepflastert, die Leute sitzen draußen vor den Coffee Shops und Restaurants. Die Extrovertierten sorgen nur für das besondere Dekor.
Unser erste Weg führt uns zum Saturday Market unter der Burnside Bridge. Ein bunter, alternativer Flohmarkt mit Freßständen, Musik und Straßenkünstlern, der ein wenig ans Tollwood erinnert. Wir bummeln von Stand zu Stand, am frühen Mittag geht es noch recht ruhig und gemütlich zu. Und dann passiert es.
Ein goldener Kleinbus rollt langsam die vierspurige, aber wenig befahrene Straße entlang, die den Markt am Willamette River von der Innenstadt trennt. Der Fahrer hat dröhnend laute Musik laufen, sein Gefährt ist rundum mit eigenartigen Tierköpfen dekoriert, und sieht aus, wie aus einem Fantasy-Film. Der Wagen bleibt auf der rechten Spur einfach stehen und zwingt den restlichen Verkehr zum Vorbeifahren. Weiter läuft laut die Musik. Der Fahrer öffnet die Tür, und, ja, er trägt eine Affenmaske! Ein Banküberfall? Nein! Er steigt aus, und fängt mitten auf der Straße, vor seinem Auto, mitten im Verkehr, an, zu seiner Musik zu tanzen. Mit der Affenmaske.
Die Vorbeifahrenden trauen ihren Augen nicht, und die Marktbesucher zücken lachend die Handy-Kameras. Er zieht das jetzt durch, tanzt den ganzen Song lang, schwingt sich dann wieder hinters Steuer seines goldenen Trucks und fährt davon. Das war sein Auftritt. Keep Portland Weird.