Schweren Herzens verlassen wir die Golfküste. Vor uns liegt eine Fahrt durch die Everglades. Auf uns warten: Sümpfe, bunte Vögel, Alligatoren und Moskitos. Noch sind wir guter Dinge! Doch schon bald – schon bald! – werde ich lernen, den Gumbo Limbo zu tanzen. Mehr dazu später.
Zunächst macht es uns das Wetter leicht, Naples zu verlassen. Am Morgen ist dichter Nebel aufgezogen und es ist gerade mal 19°C warm. Der Nebel lässt die menschenleere Landschaft auf dem Weg ins Innere der Everglades gespenstisch erscheinen. Doch kurz bevor wir den Nationalpark-Eingang am Shark Valley erreichen, lassen wir die Nebelschwaden hinter uns, der Himmel wird blau, und es ist gleich fünf Grad wärmer.
Da wir beim Radeln auf Sanibel Island gestern etwas zu viel Sonne erwischt haben, entscheiden wir uns gegen das Ausleihen von Rädern im Shark Valley, und springen dafür auf die nächste Tram Tour auf, bei der wir sonnengeschützt, und mit reichlich Erklärungen vom Ranger, die zehn Kilometer bis zum Aussichtsturm hin und auch wieder zurück kutschiert werden.
Laut Parkranger ist der Moskito-Level aktuell „niedrig“, und so verzichte ich erst mal darauf, mich von Kopf bis Fuß mit Johnson Off einzuschmieren. Tatsächlich begegnet uns im ganzen Shark Valley keine einzige Mücke – es ist eben Winter, Trockenzeit.
Schon kurz nach dem Besucherzentrum entdecken wir den ersten Alligator im Gras.
Eigentlich liegt in jedem zweiten Wasserloch ein Alligator drin. Manchmal auch zwei.
Angekommen am Aussichtsturm, dürfen wir uns ein wenig die Beine vertreten.
Direkt am Weg liegen zwei Junior-Alligatoren im Halbschatten, gerade mal 40cm lang.
Der Dicke hier liegt genau neben den Fahrradständern und wartet auf sein „Essen auf Rädern“ – „Meals on Wheels“.
Hier habe ich leider eine Sekunde zu spät abgedrückt, denn gerade versperrte noch ein Alligator diesen beiden Radlern den Weg, huschte dann aber recht flott ins Gebüsch.
Natürlich bekommen wir auch jede Menge Vögel namentlich vorgestellt. Das hier ist ein blauer – äh – Weißnichtmehr.
Viel viel besser sind da die Babyalligatoren! Der hier ist vielleicht eine Hand lang. Die muss man am Rand des neben der Straße verlaufenden Wassergrabens erst mal finden!
Letztlich erreichen wir wieder das Besucherzentrum und laufen noch einmal ein Stück zu Fuß den Weg hinunter.
Wir finden stattlich große Schildkröten…
… schneeweiße Lilien …
… weitere Alligatoren …
… und noch mehr Vögel.
Am Parkausgang hängt dann noch dieser alte Knochen rum.
Nun kehren wir auch dem Shark Valley den Rücken und fahren weiter in Richtung Osten.
Irgendwann hat uns die Zivilisation wieder und wir durchfahren einen Landstrich mit jeder Menge Landwirtschaft: Felder, Obstgärten, Baumschulen, Palmenschulen. Entlang der Straße steht hier ein Fruit Stand hinter dem anderen. Das Obst an den Fruit Stands ist vielleicht nicht EU-tauglich, aber jede Frucht ungefähr doppelt so groß, wie wir sie kennen. Wir kaufen frisch gepflückte Erdbeeren und lassen uns aus saftigsten Mangos einen Smoothie machen. Der beste Mango-Smoothie ever.
Dann fahren wir am späten Nachmittag noch einmal von der Ostseite in den Everglades Nationalpark hinein. Endlich kann ich mal ein Panthers Crossing-Schild fotografieren. Vom Panther natürlich nix zu sehen.
Angekommen am Parkplatz beäugen wir zuerst kritisch weitere Schilder, die vor gelangweilten Geiern warnen, die bevorzugt die Türdichtungen aus geparkten Autos herauspicken. Es liegen große Schutzfolien bereit, die man sich übers Auto ziehen kann. Hat von vielleicht 30 Autos aber nur einer gemacht. Aktuell ist kein Geier in Sicht, und es ist ja auch schon Nachmittag, also sparen wir uns den Aufwand und hoffen das Beste.
Wir marschieren den Anhinga-Trail durch hohes Gras und seerosenbedeckte Tümpel hindurch. Hier nisten die Anhingas.
Unter einer großen Würgefeige hängen aber erstmal ein paar andere Gestalten mit komisch verbogenen Schnäbeln rum.
Doch da ist schon der erste Anhinga, der hier sein Federkleid im Wind trocknet.
Wo Wasser ist, ist auch der Alligator nicht fern.
Okay, okay, ich gehe ja schon weiter…
Besonders sehenswert sind auch die bunten Vögel mit der Deutschlandfahne am Schnabel.
Auf den Bäumen wachsen Bromelien…
… und auf dem Boardwalk entdecken wir einen kleinen, giftgrünen Lurchi.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz (hoffentlich immer noch keine Geier da), schwimmt noch dieser hier unter uns hindurch.
Nach einem prüfenden Blick hinüber zum Auto – keine Geier – entscheiden wir uns noch, den kurzen Gumbo Limbo Trail durch einen Wald mit vielen Gumbo Limbos zu laufen. Der Gumbo Limbo ist ein Baum mit einer rötlichen Rinde, die aussieht als hätte der Gumbo Limbo einen Sonnenbrand, und würde sich gerade schälen.
Auf diesem, letzten Foto, aufgenommen am Beginn des Trails, bin ich noch guter Dinge…
… doch kurz darauf müssen wir feststellen, dass zwischen den Gumbo Limbos überall Wasserlöcher sind, und diese – wie auch der subtropische Wald rund um die Gumbos – von unzähligen Moskitos bewohnt ist.
Während ich nun den ganzen Tag keine Mücke zu Gesicht bekommen habe, sind es hier jetzt mehr, als mir lieb sind.
Schlussendlich hilft hier nur: Ganz schnell raus aus dem Wald! Simone hat sich natürlich heute morgen mit Johnson Off eingeschmiert und scheint die Moskitos kaum zu interessieren. Dafür stürzen sich alle auf mich. Während ich immer schneller laufe, hält Simone von hinten meine Beine im Blick und ruft abwechselnd „Wade, links!“, „Oberschenkel, rechts!“, „Nacken!“ – und amüsiert sich köstlich. Und ich: Ich tanze den Gumbo Limbo.
Endlich angekommen am Auto verarzte ich meine Stiche und habe für heute genug von der Wildnis.
Zum Ausgleich halten wir bei Here is Robert – einem markthallengroßen Obststand mit ausgefallenem Namen – lassen uns noch einen Mango-Smoothie mixen, bewundern die klitzekleinen Key Limes (aus denen der berühmte Key Lime Pie gemacht wird) …
… und die riesigen Avocados …
… und kaufen je einen Monsterpott frischer Salsa und Guacamole, die unser Abendessen sein sollen.
Erschöpft von Sonne, wilder Natur und ungestümem Tanz fallen wir dann in unser Bett.