Insomnia

Ich weiß jetzt, wie es Al Pacino in ‚Insomnia‘ ergangen ist. In dem Film ermittelt er während der Sommersonnwende in einem Dorf in Alaska – und findet eine Woche lang keinen Schlaf. Um zehn Stunden hat uns die Zeitverschiebung schon den Tag verlängert und jetzt will die Sonne einfach nicht untergehen. Aber der Reihe nach. Zuerstmal: Willkommen in Alaska!

Wir sind gelandet in Anchorage, der größten Stadt Alaskas, über 300.000 Einwohner, das ist knapp die Hälfte der Einwohner des ganzen Landes – das gleichzeitig fast so groß ist wie Mitteleuropa.

Downtown Anchorage besteht aus einigen verstreut liegenden Hochhäusern, dazwischen kleine, eigentlich hässliche Zweckbauten, in denen entweder Touristenramsch oder Pelze verkauft werden, oder beim Outfitter alles, was man zum Überleben in der Wildnis so braucht. Hat man sich an dieses etwas eigenartige Ambiente der erst 100 Jahre alten Stadt gewöhnt, kommt sie dann aber doch irgendwie charmant daher.

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Gleich am Tag unserer Anreise war Weekend Market auf dem großen Parkplatz an der 3rd Street. In der 3rd Street beginnt Downtown. Früher ging es in der 1st Street los, aber nach dem großen Karfreitagsbeben Mitte der 60er Jahre ist die Stadt nördlich der dritten Straße um 30m abgesackt. Die Westküste Alaskas liegt eben direkt auf dem Ring of Fire.

Parallel zur 3rd Street sind die vierte und die fünfte Straße noch recht belebt, aber dann ist Downtown auch schon wieder vorbei. An jeder Ecke im Zentrum steht übrigens ein Stand mit Rentier-Hotdogs. Die muss ich unbedingt später noch probieren…

Genug zur Geografie, oder doch, einen noch: Der Polarkreis ist nur wenige hundert Meilen nördlich von uns. Dementsprechend geht hier im Sommer die Sonne erst um 23:30 unter, um dann kurz nach 3:00 wieder aufzugehen. Glücklicherweise ist ja schon fast Herbst, so ist aktuell Sonnenuntergang um 21:30. Aber es ziiiieht sich bis halb zehn, wenn man den Jet Lag in den Knochen hat. Auch nach dem Sonnenuntergang dauert es noch eine Ewigkeit, bis es mal richtig dunkel wird.

Die erste Faustregel gegen Jet Lag lautet ja: Am ersten Tag frühestens ins Bett, wenn’s draußen dunkel ist. Um’s kurz zu machen: Wir mussten die erste Regel diesmal leider brechen. Ging einfach nicht. Die Konsequenz: Wach um drei Uhr morgens. Insomnia.

Also was tun? Bewegung!

Unsere erste Wanderung führt uns zum Flattop Mountain, einem Aussichtsberg über der Stadt.

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Wir genießen einen fantastischen Blick hinunter auf Downtown Anchorage:

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Direkt dahinter erhebt sich der Mount McKinley, der mit über 6000m höchste Berg Nordamerikas! Von den Ureinwohnern wird der McKinley allerdings Denali genannt: Der ganz Hohe. An den Fuß des Denali wollen wir am Ende unserer Reise auch noch. Hoffentlich haben wir dann auch so ein tolles Wetter, denn oft ist der Denali wochenlang in den Wolken versteckt.

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Im Westen baut sich die Alaska Range auf.

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Dahinter, am Horizont, noch einige Vulkane der Kenai Halbinsel.

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Der Ausblick ist so schön, fast übersehen wir, dass wir nicht allein sind hier oben: Moose!

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Wir sehen rund ein halbes Dutzend Moose an den Hängen unterhalb unseres Weges. Darunter auch ein Männchen mit dem typischen, gewaltigen Geweih:

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Ansonsten sieht man der Vegetation schon an, dass die Winter hier recht lang sind. Momentan geben aber einige Gräser und viele, viele Beeren den Wiesen einen Rotstich. Und die Beeren wiederum mögen die Moose. Und die Bären. Aber deren Gesellschaft blieb uns heute dann doch erspart.

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Zurück in Downtown besuchen wir das historische Log Cabin, in dem heute die Ranger Ausflugstipps geben.

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Anderntags (wieder um 22:00 in Tiefschlaf gefallen, um 3:00 wach gewesen) besuchen wir den Lake Hood, den größten Wasserflugzeugflughafen der Welt. Hier liegen über 1.000 Buschflieger, jeden Tag gibt es um die 200 Starts und Landungen. Die Buschflieger sind die Versorgungsader eines Großteils des Landes, das nur auf dem Luftweg zu erreichen ist.

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Eine Maschine von Rust’s Flying Service macht sich auf den Weg zum Start…

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… und hebt nach kurzem Anlauf ab:

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Befährt man die Aviation Road rund um den Lake Hood, kreuzt man mehrfach die Taxi Ways der Flugzeuge (nicht alle Flieger hier haben Schwimmkörper, es gibt auch ganz normale auf Rädern, die auf ganz normalen Pisten landen. Oder mit Skiern unter den Rädern zum Landen auf dem Gletscher). Da steht dann ein Stoppschild, mit dem Hinweis, dass Flugzeuge Vorfahrt haben. Unbeschrankter Bahnübergang für Buschflieger. Jaah, Buschflieger – alte Haudegen der Lüfte, so wie diesen hier:

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Der Haudegen möchte sich jetzt aber wieder seiner Schlaflosigkeit hingeben. Naaacht.

Auf zu den Gletschern!

Nun geht es los! Nach drei wunderschönen Sommertagen in Anchorage zeigt uns Alaska jetzt erstmal, wie das Wetter hier eigentlich meistens ist: Wolken, Wind und Regen. Wir fahren den Turnagain Arm hinauf, einen tiefen Fjord, dessen Name auf James Cook’s Suche nach der Nordwest-Passage hervorging – denn hier erkannte er, dass er doch eine Sackgasse erwischt hatte. Da der Tidenhub hier bei Anchorage bis zu 10m beträgt, und die Flut gerade vorbei ist, fließt das Wasser heute morgen wie ein breiter Fluss aus dem Turnagain Arm heraus. Das lockt dann oft Belugas und auch größere Wale an, die in der Strömung gerne Lachse fischen. Am Beluga Point ist es so stürmisch, dass wir vom Auto aus versuchen, Belugas zu erspähen, aber selbst denen scheint es heute zu ungemütlich zu sein.

Also ziehen wir weiter in Richtung Portage Glacier. Kurz vor dem langgezogenen Gletschersee – das Tal war vor wenigen Jahrzehnten noch komplett vom Gletscher bedeckt und der See noch gar nicht existent – weist ein Schild zur Fish Viewing Platform. Da wir mit den großen Fischen, die ja keine Fische sind, kein Glück hatten, halten wir hier kurz an und staunen: Der Bach ist voll mit halbmeterlangen Lachsen!

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Die Männchen haben schon ihre Farbe geändert, haben von silber auf tiefrot umlackiert. Die Weibchen legen sich immer wieder kurz auf die Seite, dabei legen sie ihre Eier im Flussbett ab. Dann huscht hektisch ein Männchen herbei und gibt seinen Saft dazu. Dahinter warten die Forellen, die sich an den Eiern sattessen. Nur wenige Prozent der Eier überleben, und die kleinen Lachse, die dann daraus schlüpfen werden, sollen in einigen Jahren genau hier das gleiche Spiel vollziehen, nachdem sie zwischendrin weit draußen im Meer waren.

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Genug der Fischologie, wir folgen dem Tal zum Portage Lake. Der Portage Glacier hat sich in den letzten Jahrzehnten schon „um die Ecke“ zurückgezogen, und ist nur noch vom Wasser aus zu sehen. Da wir morgen den ganzen Tag auf See sein werden, sparen wir uns die Bootsfahrt, bestaunen aber die Eisberge, die vom Gletscher abgebrochen sind und nun auf dem See treiben.

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Trotz richtig miesem Wind und Regen starten wir zu einer kurzen Wanderung hinauf zum Byron Glacier.

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Unterwegs macht der Regen Pause, wofür wir sehr dankbar sind. Wir begeben uns jetzt auf den Weg hinunter nach Seward und durchqueren durch wunderschöne Täler entlang kilometerlanger Seen die Bergwelt der Kenai-Halbinsel. Der nagelneu asphaltierte Highway fährt sich wie mit der Sänfte. Korrektur: Der *bald* nagelneu asphaltierte Highway wird sich bald wie der Sänfte befahren lassen. Wir passieren ein halbes Dutzend Baustellen, an denen man stets beim „Flagger“ (Mann oder Frau mit Stop-Schild in der Hand) warten darf, bis die Kolonne aus der Gegenrichtung unter Leitung eines Pilot Cars eintrifft. Dann führt einen das Pilot Car durch die Baustelle. Die Gesamtfahrtzeit verkürzt das nicht gerade.

Wir nutzen aber die Pausen und decken uns hinterm Lenkrad unseren Mittagstisch: Cracker, Pepperjack Cheese Sticks und Cocktailtomaten machen einen perfekten Road-Trip-Mittagssnack.

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Nicht weit weg von der Hafenstadt (Okay, Stadt nehme ich zurück) Seward fließt der Exit Glacier gespeist vom darüber liegenden Harding Ice Field ins Tal. Was schon aus der Ferne ein toller Anblick ist …

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… ist auch aus der Nähe nicht zu verachten. Man versteht, wie der Begriff Gletscherzunge entstanden ist.

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Auch der Exit Glacier hat sich massiv zurückgezogen -wo wir jetzt hinaufsteigen, kroch noch vor wenigen Jahren der Gletscher zu Tale. Die Riefen im Fels wirken noch richtig frisch.

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Zur Zungenspitze kommt man aktuell nicht – mit jeder Flut sortieren sich die Bachläufe im Outwash des Gletschers neu, und aktuell fließt der Strom so durchs Tal, dass er den Weg zum Gletscherende versperrt. Der Fluss trägt Eisbrocken vom Gletscher hinab.

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Nach so viel Gletscherwanderei ist uns nach einem herzhaften Abendessen. Das Salmon Bake wirbt mit billigem Bier und lausigem Essen, das klingt doch hervorragend, nichts wie rein. Es gibt Bacon Wrapped Tiger Prawns (Riesengarnelen – wirklich riesige – im Speckmantel) und gebackenen Sockeye Salmon mit Mais und Ofenkartoffel und Halibut Tacos und … macht satt.

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Nach dem Essen checken wir im Hotel ein, wo ich unterschreibe, dass ich bei 250$ Strafe keinen selbstgefangenen Fisch im Zimmer aufbewahren werde.

Zum Abendspaziergang am Meer treffen wir noch eine Otterfamilie, die uns erst neugierig anguckt, dann einen Hupfer aus dem Wasser macht und davon taucht.

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Morgen stechen wir in See. Es ist tolles Wetter angesagt – und Sturm.

In die Kenai Fjords

Heute steht uns die erste Prüfung unserer Seefestigkeit bevor. Wir starten in Seward an der Südküste der Kenai Halbinsel. Unser Ziel: Die Fjorde des Kenai Nationalparks. Da für den Nachmittag Sturm vorhergesagt ist, besteigen wir die Callisto Voyager mit einem Arsenal an Jacken, denn wir wollen ganz sicher nicht den ganzen Tag nur durch die Scheibe rausschauen.

Während über dem Hafen noch Regenwolken stehen …

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… scheint in Richtung Meer schon die Sonne. Nach umfangreicher Sicherheitseinweisung heißen uns Captain Chris und seine Crew an Bord der Callisto Voyager willkommen.

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Während wir die Resurrection Bay hinausschippern gibt der Blick auf den Bear Glacier schonmal einen ersten Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll. Plötzlich hält der Captain unvermittelt an! Nicht weit vor uns hat er einen Sprühnebel aufspritzen sehen, den nur einer erzeugt haben kann: Ein Wal!

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Es ist ein Buckelwal, der gerade tief Luft geholt hat und uns dann seine Fluke zeigt. Das ist klasse, bedeutet aber auch , dass er jetzt erstmal ein paar Minuten unter Wasser bleiben wird. Für einen kurzen Snack taucht er vielleicht 5, für längere Mahlzeiten bis zu 45 Minuten ab. Aber Captain Chris hat keine Eile und wartet geduldig, sodass wir den Wal auch noch ein zweites Mal bewundern können.

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Nachdem er uns erneut seine Fluke zeigt, gibt Captain Chris wieder Gas. Doch gar nicht viel später haut er schon wieder die Bremse rein. Erneut ein Buckelwal, der vor unseren Augen mehrmals fast komplett aus dem Wasser springt! Unglaublicher Anblick – nur passiert es viel zu schnell und viel zu unvermittelt, als dass ich es mit der Kamera erwischen konnte. Man weiß ja weder wann, noch wo der Wal als Nächstes auftauchen wird.

Einen weiteren Stopp machen wir bei einem nett gepunkteten Seehund, der schon kritisch schaut, weil diese wohl recht scheu sind.

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Auch eine kleine Seelöwenfamilie, die sich auf einem, einer Insel vorgelagerten, kleinen Fels eingerichtet hat, besuchen wir.

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Dort bricht dann schnell ein Streit um die besten Plätze auf dem Felsen aus, …

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… der nach viel  Geschrei schnell wieder geschlichtet ist.

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Sehr spannend sind auch diese hellen Schatten im Wasser.

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Es sind Quallenkolonien, hunderttausende Glibberfische, die hier so eng zusammenleben, dass ihre Reflexionen des Sonnenlichts schon aus der Ferne als helle Flecken auf dem Wasser wahrzunehmen sind.

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Schließlich gibt der Captain richtig Vollgas, und bei starkem (wirklich starkem) Gegenwind fahren wir dem Aialik Glacier am Ende des Fjords entgegen. Schnell trennen sich hier Spreu von Weizen und nur die mit der richtigen Kleidung schaffen es, dem Wind am Bug des Schiffes stand zu halten. Zuzüglich ein paar Luschen in Jeanshosen und Blousonjacken aus Wisconsin. Mann, was dürften die gefroren haben…

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Der Gegenwind hat noch kaum abgenommen, da kommt der Gletscher ins Bild.

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Durch abgebrochenes, auf dem Wasser treibendes Eis hindurch navigiert uns der Captain ganz nah an’s Eis heran.

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Immer wieder brechen mit lautem Donnergrollen kleinere Brocken ab und fallen ins Meer. Die Höhe dieser Gletscherwände ist schwer zu erfassen. Obwohl der Gletscher zum Greifen nah ist, sind wir tatsächlich noch über 500m entfernt und das Eis an der Kante locker 50m dick.

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Auf dem im Wasser schwimmenden Eis am Rande des Gletschers haben es sich ein paar Seelöwen gemütlich gemacht. Die helfen ein wenig bei der Größenbestimmung des Rests, denn sie sind aus unserer Perspektive nur wie kleine schwarze Krümel wahrnehmbar.

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Nach ausreichend langem Gletscherbegucken steuern wir wieder eisbergfreies Wasser an.

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Auch einen Seeotter treffen wir noch an. Der Otter hat kein Fett unterm Pelz und muss, um als Warmblütler im kalten Nordmeer überstehen zu können, jeden Tag rund 25% seines eigenen Körpergewichts fressen. Wenn er nicht gerade frisst, guckt er süß und lässt sich auf dem Rücken treiben. Oder er stärkt sich durch Brustschwimmen.

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Nach all den Meeresbewohnern steuern wir jetzt noch einige Inseln mit Vogelbrutstädten an. Die ungewöhnlichsten Vögel der Nord-Westküste – und schon fast zum Maskottchen geworden – sind die Puffins.

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Zwischen vielen, vielen Möwen sind auch ein paar Kormorane auszumachen.

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Und der nordamerikanische Austernfischer ist ebenso dabei.

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Nach so vielen Tieren und Gletschern geht es für uns nun wieder zurück in den Heimathafen. Während auf See noch die Sonne scheint, gibt es hier schon wieder einen kurzen Duscher.

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Zum Glück hat sich der Wind bis zu unserer Rückkunft Zeit gelassen. Aber am Abend wird es richtig stürmisch. Wir sind in der Seward Brewery eingekehrt und kaum haben wir aufgegessen und ausgetrunken, knipst der Sturm dem Ort auch schon den Strom ab.

Mit dem Handy als Taschenlampe tasten wir uns im Hotel durch das fensterlose Treppenhaus empor. Zum Glück ist es draußen ja noch hell – ich erinnere: Sonnenuntergang um 21:30, Dunkelheit frühestens 1 Stunde später. Kurz geht das Licht im Zimmer noch einmal an, aber nur kurz. Immerhin fällt mir vor dem Schlafengehen ein, die Nachttischlampe – obwohl sie nicht leuchtet – wieder auszuschalten. Ansonsten wäre es mitten in der Nacht plötzlich ziemlich hell geworden, denn am Morgen geht der Strom wieder – zumindest teilweise.

Welche Steine der Sturm uns sonst noch in den Weg gelegt hat? Mehr dazu morgen…

Die Fähre nach Valdez

Heute müssen wir zeitig los. Frühstück fällt ohnehin knapp aus, da es nach dem Stromausfall aufgrund des Sturms in der letzten Nacht noch keinen heißen Kaffe gibt. Wir müssen den 9 Uhr 30 Tunnel in Portage erreichen, damit wir um 10 Uhr 30 in Whittier an Bord der Fähre nach Valdez fahren  können. Der Tunnel nach Whittier ist gleichzeitig Eisenbahn- und Autotunnel, und nur einspurig. Da sich also Züge und Autos in zwei Richtungen eine einzige Röhre teilen, gibt es je Richtung immer nur ein Mal je Stunde für 15 Minuten freie Fahrt.

Wir hangeln uns auf dem Highway wieder von Baustelle zu Baustelle und sind pünktlich kurz vor halb zehn am Tunnel. Die großen Tore des Tunnels sind gegen Eisbildung noch verschlossen Bald geht aber die Schranke auf und wir dürfen durch den Tunnel rollen. Am Besten fährt es sich etwas versetzt zum Bahngleis, auch wenn dann die rechte Felswand schonmal etwas nah kommt… Am Tunnelende sollte man tunlichst auf die Ausfahrt abbiegen, geradeaus landet man auf dem Gleis.

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Wir checken nun pünktlich beim Büro des Alaska Marine Highway für unsere Fährüberfahrt ein und erfahren, dass unsere Fähre wegen des Sturms leider ausfällt: Cancelled due to wheather conditions. Freundlicherweise hat man uns schon auf die nächste Fähre umgebucht. Dumm nur, dass die nächste Fähre erst am Montag, also in drei Tagen geht. Das ist nun eher ungünstig.

Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf dem Landweg nach Valdez zu fahren. Dauert ja nur acht Stunden.

Natürlich konnte man uns das nicht schon vor dem Tunnel mitteilen, dann wären wir ja vielleicht gleich umgekehrt und hätten keine Maut bezahlt… Immerhin erwischen wir aber gleich die nächste Tunnelöffnung und fahren nun direkt wieder zurück in Richtung Anchorage. Eine lange Fahrt liegt vor uns – aber das Wetter ist super.

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Hinter dem Tunnel, am Portage Lake nehme ich mir jetzt wenigstens noch Zeit, einen Eisberg zu fotografieren, den ich auf der Hinfahrt links liegen lies.

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Vor Palmer geraten wir in Stop-and-Go-Verkehr. Nicht schon wieder eine Baustelle… Ist es aber gar nicht, es ist der Zufahrtsstau zur Alaska State Fair, dem größten Volksfest in Alaska, das gestern erst begonnen hat. Hinter Palmer stoppen wir kurz, um den Blick auf den Matanuska River mitzunehmen. Für alle Europäer: So sieht ein natürlicher Flusslauf aus. Nicht so, wie unsere zu 100% kanalisierten Flüsse…

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Auf dem Glenn Highway geht es Richtung Osten. In Alaska gibt es genau 12 Highways, daher leistet man sich neben den Nummern für jeden Highway auch einen schönen Namen. Aber auch die Ausblicke sind nicht ohne:

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Je höher wir kommen, umso mehr hat schon der Indian Summer eingesetzt, ist das Laub goldgelb eingefärbt.

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Der Matanuska Glacier fließt tief ins Tal hinab. Was für ein Kontrast von Wald und ewigem Eis, so dicht beieinander!

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Etwas weiter scheint es letzte Nacht ein wenig geschneit zu haben.

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Die Landschaft um uns herum: Unberührte Wildnis, nur durchschnitten vom Glenn Highway.

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Den dürren langen Nadelbäumen sieht man an, dass sie sich dem rauen Klima angepasst haben. Sie sind es gewohnt, die Hälfte des Jahres in Schnee eingehüllt zu sein.

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Noch ein Blick zurück und wir entfernen uns langsam von den Bergen.

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Danach geht es an Dutzenden kleinen Seen vorbei, bis zum Horizont orange eingefärbte sumpfige Wiesen und spindeldürre Kiefern. An einigen Seen stehen hübsche Wochenendhäuschen, die mit dem Buschflieger ab Anchorage ja in einer knappen halben Stunde erreichbar sind.

Nach etwa vier Stunden Fahrt auf dem Glenn Highway – unsere Fähre wäre jetzt schon längst in Valdez angekommen – kündigt ein Tempolimit an, dass bald wieder Zivilisation naht. Dann ein Mobilfunkmast. Noch kein Haus zu sehen. Dann: Die Gemeindebücherei, ganz allein am Highway, umgeben vom Wald. Wieder lange nichts. Das Feuerwehrhaus. Eine Tankstelle. Der Supermarkt. Von Wohnhäusern nach wie vor keine Spur. Der „Ort“ Glennallen ist praktisch nur die Infrastruktur für alle, die im Umkreis von 200 Meilen wohnen. Einen „Ort“ als solchen gibt es nicht. Wir gönnen uns einen Kaffee, denn es liegen noch mindestens zwei Stunden Fahrt vor uns.

Es geht noch einmal durch die Berge, an riesigen Gletschern vorbei.

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Das Wetter hat uns heute einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber es entschädigt uns auch.

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In Valdez angekommen fahren wir erstmal zu Fish Hatchery kurz vor dem Ort. Hier soll die Chance, einen Bären zu Gesicht zu bekommen (und gleichzeitig in sicherer Nähe des eigenen Autos zu sein) am Höchsten sein. Neben der Fischzucht fließt hier ein Bach in’s Meer. Da alle Lachse, deren Geburtsort diese Fischzucht ist, eben denken, sie sind in diesem Bach geboren, führt sie ihr Instinkt nach Jahren wieder hierher. Nun würde der kleine Bach aber umkippen, lägen wirklich all diese künstlich aufgezogenen Lachse ihre Eier ins Flussbett ab.

Außerdem sollen die Fische ja ihre Eier wieder in die Fischzucht tragen. Also wird im Herbst vor dem Bach ein Wehr hochgezogen, das verhindert, dass  die Fische den Fluss nach oben schwimmen können. Stattdessen geht daneben eine Fischtreppe ab, die direkt in der Fischzucht endet. Dabei entsteht aber ein solcher Fischstau, dass hier im flachen Wasser der Bach vor lauter Lachsen zu kochen scheint. Teilweise ist kaum mehr Wasser zu sehen, so dicht schwimmen sie.

Und das wäre natürlich ein super Fischbuffet für den Bären. Aber wie es immer so ist: Sind wir da, ist kein Bär da.

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Haben die Lachse ihre Eier gelegt – ob nun in der Fischzucht, oder auch ganz natürlich in einem Bachlauf, segnen sie bald das Zeitliche und werden wieder hinabgespült. So ist der Meeresboden bei Ebbe nun komplett mit totem Fisch übersäht. Der tote Fisch ist wiederum Nahrung für viele andere Lebewesen – die Lachse sterben also nicht umsonst, sondern sind ein wichtiges Rad im Ökosystem.

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Etwas eigenartig ist es aber schon, wenn man vor lauter toter Fische kaum auftreten kann.

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Die Lachseier sind es natürlich auch, worauf der Bär am meisten scharf ist. Nur eben nicht hier, und nicht heute.

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Wir gehen jetzt erstmal was essen. Beim Roadside Potatohead gibt es das beste Lachssandwich. Und Abendsonne. Nur das Vordach ist lückenhaft, einen Teil hat der Sturm mitgenommen.

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Nach dem Abendessen versuchen wir unser Glück an gleicher Stelle noch einmal. Vielleicht hat ein Bär ja Lust auf etwas Abendbrot? Leider nein. Ach ja: Habe ich schon erwähnt, wie hunderttausend verwesende Fische stinken? Man nimmt doch allerhand auf sich, nur um etwas Wildlife zu sehen.

Also wieder kein Bär. Geben wir uns also mit einem Sonnenuntergang zufrieden. Mittlerweile geht die Sonne schon um 21:00 Uhr unter – also eine halbe Stunde früher, als noch vor einer Woche.

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Auf dem Rückweg zum Hotel entdecken wir dann: Einen Schwarzbären. Ein junger Kerl, gut möglich, dass die Mutter nicht weit war. Frisst in einem Garten die Beeren von den Sträuchern. Obwohl ihn der Verkehr auf der Straße nicht beeindruckt, erschrickt er sich doch, als wir anhalten, und so gibt es leider kein Foto vom Schwarzbären…

Fazit des Tages: Toter Fisch stinkt. Der Bär ist lieber Beeren als Fisch. Vor Fährfahrten immer Terminbestätigung einholen.

Eisberg voraus!

Valdez liegt am Ende eines tiefen Fjords im Prince William Sound. Eigentlich eine geschützte Lage. Trotzdem wurde der Ort in den letzten 50 Jahren schon von zwei großen Katastrophen heimgesucht. Zuerst das Karfreitagsbeben 1964, das stärkste je aufgezeichnete Erdbeben Nordamerikas, das zweitstärkste der Welt. An den Docks hatte gerade ein großes Frachtschiff festgemacht. Der Koch der SS Chena warf den herbeigeeilten Kindern und Erwachsenen Bonbons und Früchte zu. Dann kam das Beben. Dann der Tsunami. Der Boden unter dem Ort hatte nachgegeben und war ins Meer gerutscht, der Ort drei Meter abgesackt. Daher die Flutwelle. Zuerst verschwanden die Docks, also praktisch der ganze Hafen im Nichts und riss 30 Menschen mit sich. Dann wurde das Schiff zehn Meter angehoben, landete im Trockenen. Die nächste Welle packte den Frachter wieder und warf ihn zurück ins Meer. Schiff und Besatzung überstanden den Tsunami, der Ort Valdez nicht. Man baute einen neuen Ort, einige Meilen weiter westlich.

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Dann der März 1989, an dem kurz vor Mitternacht die Exxon Valdez nach dem Verlassen des Hafens auf Grund lief und die bisher größte Ölkatastrophe Nordamerikas hervorrief. In Valdez endet die Trans Alaska Pipeline, die das Öl von der Beringsee einmal durch den ganzen Staat transportiert. Im großen Ölhafen von Valdez werden die Tanker beladen. Auf dem Weg hinaus auf den Ozean passiert die Schifffahrtsroute den Columbia Glacier, der in dieser Nacht viele Eisberge hinaus in den Prince William Sound schob. Soweit ganz normal, man änderte den Kurs, um das Eis zu umfahren. Aber der Kapitän war betrunken, und sein Steuermann hatte für die Fahrt in diesem Gebiet gar keine Zulassung. Also wurde der Kurs falsch gesetzt – als man es bemerkte, war es schon zu spät. Die Exxon Valdez lief auf Grund und drei der vier Tanks wurden aufgerissen.

Jetzt musste sich beweisen, was an den großmundigen Versicherungen der Konzerne dran war, auf solche Unglücke vorbereitet zu sein. Nichts war dran. Das Material zum Eindämmen des ausgelaufenen Öls war entweder nur auf dem Papier vorhanden, oder nicht einsatzfähig, oder erst Tage und Wochen später vor Ort. Drei Tage blieb das Wetter gut, Exxon schickte 20 Mann zum Reinigen des nahe gelegenen Strandes. Dann kam der Sturm und verteilte das Öl über die gesamte Südküste Alaskas. Die Jahre danach waren Zehntausende damit beschäftigt, die Strände zu säubern – jeder Stein wurde einzeln mit Seifenlauge abgeschrubbt – auch wenn sich später zeigte, dass das Reinigen eher nur noch mehr Schaden angerichtet hat. Die Natur hat sich viel besser selbst gereinigt, auch wenn das 25 Jahre gedauert hat. Dem verendeten Meeresgetier hat das natürlich wenig geholfen.

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Wir wollen uns mal selbst ein Bild davon machen, ob sich das Meer vor Valdez erholt hat. Den Seeottern geht es jedenfalls ganz gut.

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Der Weiskopfseeadler dreht mir auf dem Foto leider den Rücken zu. Er wollte wohl inkognito bleiben.

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Unser Ziel für heute ist der Columbia Glacier, jenem Bösewicht, der beim Unglück der Exxon Valdez die vielen Eisberge in Richtung der Schifffahrtslinie losgeschickt hatte. Uns kommen auch schon die ersten Eisberge entgegen. Im Gegensatz zum letzten Bootstrip ist es heute ganz schön zapfig. Als wir in die Bucht vor dem Gletscher eingebogen sind, fiel das Thermometer urplötzlich von 10 auf 4 Grad. Der Gletscher ist so weit ausgedehnt und so massiv, dass er diese kalte Luft die ganze Bucht hinunterschickt, sein Atem reicht 20 Meilen weit.

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Auf einer Eisscholle treiben ein paar Seeotter dahin.

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Neugierig schauen sie zu uns herüber.

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Dann taucht der Columbia Glacier letztlich auf. Was ganz nah aussieht ist tatsächlich noch weit entfernt. Die Gletscherzunge ist einige Meilen breit und wir sind auch noch mehrere Meilen von der Abbruchkante entfernt.

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Ohne jeden Anhaltspunkt verschätzt man sich total bei Größe und Entfernung. Diese Eiswand ist 80 Meter hoch!

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Wir tasten uns ganz langsam durch das Eis immer näher an den Gletscher heran. Den Bug richtet unser Captain immer auf den Gletscherrand aus, sodass wir im Falle eines größeren Eisabbruchs die Flutwelle nicht längs abbekommen. Die Geräuschkulisse ist faszinierend. Das im Wasser dahintreibende Eis pritzelt und knackt beim Schmelzen. Bei jedem Abbruch, was alle paar Minuten passiert, ein dunkles Donnern. Dazu dauernd das Klonksen des Eises, wenn es an die Bordwand schlägt, während wir uns langsam weiter vorarbeiten.

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Für große, wie für kleine Eisberge gilt: Über der Wasseroberfläche befinden sich nur etwa 10% des Volumens. Die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs.

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Mit ausreichendem Sicherheitsabstand bleiben wir nun stehen und der Captain stellt den Motor ab. Was aussieht wie hundert Meter ist doch eine gute Meile (1,6km). Leise treiben wir durchs Eis. Außer uns ist kein anderes Boot hier.

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Wir fixieren die Eiswand. Bei jedem Anzeichen eines Abbruchs gehen die Objektive hoch.

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Bricht Eis ab, dann braucht der Schall gut fünf Sekunden bis zu uns. Das tiefe Donnern ist nicht zu überhören. Aber reagiert man erst auf das Geräusch, sieht man vom fallenden Eis höchstens noch die Wasserfontaine. Aber auch die hat es in sich. Nochmal zur Erinnerung: Die Eiswand ist bis zu 80 Meter hoch.

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An einigen Stellen kommt das Blau des Eises besonders toll raus.

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Irgendwann müssen wir uns dann doch von dem Anblick losreißen. Der Captain (tatsächlich eine „Sie“) wendet das Boot und langsam machen wir wieder auf den Rückweg durch all das Eis.

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Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem glasig blauen, statt weißen Eisberg vorbei. Der dürfte erst vor wenigen Minuten umgekippt sein. Was vorher unten im Wasser war, ist jetzt oben in der Luft.

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Ein Stück weiter beobachten wir einen Buckelwal beim Abtauchen (wieder kein Foto…) und letztlich fahren wir noch am obligatorischen Seelöwenfelsen vorbei.

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Zurück im Hafen von Valdez gehen wir noch unglaublich lecker Fisch essen und fallen dann von der vielen frischen (und kalten) Luft ermüdet ins Bett. Ungefähr so:

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Top of the World

Valdez war also an der denkbar ungünstigsten Stelle in der gesamten Bucht entstanden. Mitten im Delta des Valdez Glaciers, also auf einem riesigen Kieshaufen direkt am Meer. Beim großen Erdbeben rutschte der ganze Kies dann ab und löste einen Tsunami aus. Aber es war halt der kürzeste Weg vom Schiff aufs Land weiter zum Gletscher. Und den Gletscher hinauf zogen damals die Goldjäger auf dem Weg zum Klondike River – als dort der Goldrausch ausbrach. Dahin möchten wir jetzt auch, wir ziehen aber keine Schlitten den Gletscher hinauf, sondern nehmen die Straße.

Am Worthington Glacier oben in den Bergen, den wir vorgestern auf der Herfahrt noch bei strahlend blauem Himmel fotografiert hatten, machen wir bei leichten Schneeschauern und eiskaltem Wind eine kurze Wanderung hinauf zur Gletscherzunge. Der Gletscher ist – wie fast alle Gletscher – stark auf dem Rückzug und legt dabei den Schutt seiner Moräne, aber auch massive Felsen frei. Anekdote am Rande: Für die amerikanischen Gäste wurde gestern auf dem Schiff auch erklärt, dass wenn sich ein Gletscher „zurückzieht“, dieser nicht den Berg wieder hochfließt. Kein Kommentar.

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Wir fahren dann landeinwärts, lassen die Berge und den Schneefall hinter uns.

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Wir folgen dem Richardson Highway und der Trans Alaska Pipeline nach Norden, biegen dann auf den Tok Cutoff ab, der bei Tok auf den Alaska Highway trifft. Der „Ort“ besteht aus zwei Tankstellen, einer Hand voll Unterkünften und Restaurants, einer Schule, einer Krankenstation, ein paar Autowerkstätten und einem Flugfeld. All das verteilt auf 2-3 Kilometer rund um die Kreuzung.

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Nachdem Simone bereits *im* Gespräch (!) neben mir eingeschlafen ist, stärken wir uns noch mit einem Kaffee. Der „kleine“ Caffè Latte besteht aus etwa einem Kaffeebecher Espresso und nochmal soviel Milch und hält definitiv wach.

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In Tok beziehen wir ein superkuscheliges Cabin mitten im Wald. Die Stille hier kann ich gar nicht beschreiben – denn bei null Grad draußen mussten wir das Heizgerät die ganze Nacht durchlaufen lassen, welches etwa alle fünf Minuten mit einem Aufheulen startet, dann aber wenigstens richtig einheizt. Da übernachtet man einsam in der Wildnis – und braucht Ohrstöpsel.

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Am nächsten Morgen treffen wir als Erstes auf eine Moose-Mama mit ihrem Kleinen.

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Die Beiden fressen sich nochmal richtig satt bevor der Schnee kommt. Fun Fact am Rande: Das Moose hat vier Mägen, um den Mix an Flechten, Moosen und Algen zu verdauen, den es am Liebsten isst.

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Fast unscheinbar biegt kurz hinter Tok der Taylor Highway vom Alaska Highway ab. Verpasst man die Abzweigung und vergisst umzudrehen, kommt die nächste Möglichkeit zum Abbiegen erst nach 600 Meilen.

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Langsam kommen wir in höhere Lagen – hier hat es heute morgen ein wenig geschneit.

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Unten ist Indian Summer, oben liegt der erste Schnee. Wir halten Ausschau nach Caribous, denn hier zieht um diese Zeit die größte Caribou-Herde Nordamerikas durch. Am Beginn der Straße war angeschrieben, dass seit gestern die Jagdsaison auf Caribous eröffnet ist, je Jäger der Abschuss eines Bullen erlaubt ist. Entsprechend viele Jäger sind hier unterwegs. Auf großen Anhängern an Ihren Trucks ziehen sie kleine Allradfahrzeuge mit, auf denen sie dann ins unwegsame Dickicht starten. Wir würden die Caribou jedoch lieber sehen, als erschießen.

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Auf den ersten Meilen war der Taylor Highway noch asphaltiert, dann geht er über in eine Schotter- bzw. Permafrost-Piste, die aber gut zu fahren ist. Zum Glück, denn auf dieser Piste werden wir nun noch vier bis fünf Stunden unterwegs sein.

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Einziger Ort auf dem Weg nach Dawson ist Chicken. Der Ort sollte ursprünglich Ptarmigan heißen, also Schneehuhn. Allerdings waren sich die Arbeiter beim Aufstellen des Ortsschilds nicht ganz sicher, wie man Ptarmigan schreibt, und haben den Ort doch einfach Chicken genannt.

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„Ort“ ist natürlich wieder ein Euphemismus, aber hier leben doch im Sommer ein paar Dutzend Menschen. Beim Chickenstock Music Festival ist dann die Hölle los, die Bühne steht noch, aber das Festival war wohl eher im Sommer.

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Der Saloon ist sehenswert, und im Chicken Creek Café decken wir uns mit frisch gebackenem Apple Pie und Keksen ein.

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Der Saloon.

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Hinter Chicken wird der Taylor Highway etwas ruppiger, aber die Fahrbahn ist trocken – bei Schlamm wird das hier schnell unpassierbar. Irgendwann gabelt sich die Straße, wir biegen ab auf den Top of the World Highway in Richtung Kanada. Und es ist verrückt: Hier haben die Amerikaner die letzten Meilen bis zur Grenze funkelnagelneu und perfekt geteert. Mitten im Nirgendwo, ein Stück 1a Straße, das von beiden Seiten nur über eine Schotterpiste erreichbar ist. Der Gedanke liegt nahe, dass man den Kanadiern einfach mal zeigen wollte, wie ein anständiger Highway aussieht.

Am Welcome to Alaska – Schild checken wir quasi aus, denn wir verlassen Alaska ja jetzt ersteinmal. Es ist hier oben schon recht frisch, das Schild als Windschutz sehr willkommen.

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Noch eine Meile und wir erreichen die kanadische Grenze. Es ist der nördlichste Grenzübergang Nordamerikas, geöffnet Mitte Mai bis Mitte September von 8 bis 20 Uhr. Wir sind das einzige Auto weit und breit und die Grenzpolizistin zieht sich erstmal die Jacke über bevor sie zu uns ans Auto rauskommt und die Genehmigung zur Einreise erteilt. Wir fragen uns, was man angestellt haben muss, um an diesen Außenposten – zwei Stunden Fahrt bis zum nächsten Tausend-Seelen-Ort – versetzt zu werden. Oder zu dürfen? Wer weiß?

Hinter der Grenze gilt es erstmal allerlei einzustellen: Die Uhren eine Stunde vor, den Tacho von Meilen auf Kilometer, das Bordthermometer von Fahrenheit auf Celsius. Endlich wissen wir, dass es draußen offenbar 1 Grad plus hat.

Auch das Yukon Territory erwartet uns mit einem schönen Willkommensschild – nur das N liegt schon am Boden. Der Wind ist eisig, ich springe nach dem Foto sofort wieder zurück ins Auto … und …

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… erspähe oben am Berg eine Gruppe von gut zwanzig Caribous!

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Wenigstens die Nachzügler bekomme ich noch aufs Bild. Die Caribous sind in vollem Galopp unterwegs. Ein großartiger Anblick! Hoffentlich laufen sie nicht den Jägern in die Arme…

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Wir halten Aussicht, ob noch weitere Tiere folgen, aber da kommt leider nichts mehr nach.

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Der Top of the World Highway macht auf der kanadischen Seite wieder seinem Namen alle Ehre: Die Straße verläuft weitestgehend von Bergrücken zu Bergrücken, sodass man permanenten Ausblick in alle Himmelsrichtungen hat. Durch den Schnee ist die Piste hier etwas feucht, aber immer noch gut zu fahren – nur das Auto schaut jetzt nicht mehr ganz so aus, als hätten wir nur die vom Vermieter erlaubten befestigten Straßen gewählt…

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Langsam nähern wir uns unserem Ziel.

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Und da sind wir: Unter uns liegt die Goldgräber-Metropole Dawson City. Gut zu sehen, wir hier der dunkelbraune Klondike River in den eher hellbraunen Yukon fließt. Wir sind da!

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Wir können sogar schon unser Hotel erspähen. In dem gelben Haus ganz am rechten Bildrand, hinter dem rechten oberen Fenster, sitze ich gerade auf dem Bett und tippe (und hoffe auf Nordlichter, aber das nur am Rande).

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Jetzt gilt es nur noch, den Yukon zu überqueren. Die Fähre ist Teil des Highway und holt uns gratis ab. Es gibt kein Fährterminal oder so, als Rampe wird einfach mit dem Bulldozer Kies in den Fluss geschoben. Bei jeder Flut, vor allem im Frühjahr, wird der Fluss das alles mitnehmen und die Rampen müssen neu modelliert werden.

Die Fähre macht auch nicht fest, sondern hält einfach mit Motorkraft gegen den Strom, während wir drauf fahren. In wenigen Wochen wird der Yukon schon so viel Eis mitbringen, dass die Fähre dann aus dem Wasser gehoben und sicher geparkt wird. Ist der Fluss dann sicher zugefroren, so wird im Winter an dieser Stelle eine Eisbrücke errichtet, sprich: Das Eis wird zum Queren – auch für schwere Trucks – freigegeben.

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Die Ankunft in Dawson City ist wie eine Rückkehr in die Zivilisation. Aber Moment. In welchem Jahrhundert sind wir hier angekommen? Mehr dazu morgen… Wir gehen jetzt erstmal einen Kaffee trinken.

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Dawson City

Man nannte die Stadt auch das „Paris des Nordens“, denn die energiehungrige Goldsuche brachte schon die Elektrizität nach Dawson, Yukon, als andere Orte noch nicht einmal davon gehört hatten. Dawson war die Goldrausch-Boomtown schlechthin. 1898 lebten hier nur eine Hand voll Ureinwohner, als das erste Gold am Klondike River gefunden wurde. Nachdem diese Nachricht sich in Seattle und San Francisco verbreitet hatte, wollten nicht weniger als eine Million Menschen sich auf den Weg zur Goldsuche machen. Zu Zeiten der großen Wirtschaftskrise kein Wunder. Rund 100.000 machten sich dann tatsächlich auf den Weg. Davon erreichten nur die Hälfte ihr Ziel. Der Rest gab auf oder überlebte die Strapazen der Reise nicht. Für die meisten, die es geschafft hatten, war die Enttäuschung dennoch groß: Die Claims am Klondike waren längst abgesteckt. Viele kamen an – und drehten gleich wieder um. Aber 30.000 blieben.

Nach dem Goldrausch fiel die Einwohnerzahl rapide, aber Dawson wurde nie zur Geisterstadt. Heute leben hier rund 2.000 Menschen, das Durchschnittsalter liegt gar bei 30.

Bis auf die Front Street ist keine Straße im Ort asphaltiert. Dafür gibt es hölzerne Bürgersteige. Bei Trockenheit werden die Straßen gewässert – das reduziert den Staub, dafür wird’s matschig. Nach Regen müssen die Straßen mit schwerem Gerät wieder glatt gezogen werden.

Dawson ist staubig und ursprünglich. In unserem Hotel werden am Eingang die Schuhe ausgezogen, es stehen Schlappen für die Gäste bereit. Bei dem Sand und Matsch draußen eine gute Idee.

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An den Autos erkennt man, wer woher kommt. Sauber: Kam aus Whitehorse auf dem geteerten Klondike Highway. Hinten komplett braun, Kennzeichen nicht mehr lesbar bzw. Farbe des Kennzeichens auch nicht mehr zu erkennen: Kam über den Top of the World Highway aus Anchorage oder Fairbanks. Komplett eingematscht, Farbe des Fahrzeugs nicht mehr erkennbar: Ist den Dempster Highway bis über den Polarkreis hinausgefahren, oder lebt hier.

Die SS Keno, ein Schaufelraddampfer, der sicher viele Male die lange Reise von Whitehorse nach Dawson, immer auf dem Yukon River, zurückgelegt hat, hat nun endgültig vor der Front Street festgemacht. Das Foto habe ich um 16 Uhr 59 aufgenommen. Um 11 Uhr und um 17 Uhr pfeift die SS Keno mit ihrer gewaltigen Dampfpfeife. Das jedoch wussten wir nicht. Ich sage nur: Ich hab‘ lang schon nicht mehr so laut geschrien. Und keiner hat’s gehört. Die restliche Müdigkeit von der Fahrt war jedenfalls vertrieben. Morgen 17 Uhr weiß ich Bescheid.

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Dawson ist auf Permafrost gebaut, was auch ein Grund dafür ist, dass die Straßen nicht asphaltiert sind (und die Front Street extra mit besonders hellem Asphalt gedeckt wurde). Denn der Permafrost neigt zum Auftauen und das tut der Stadt gar nicht gut. Die ersten Jahre standen diese Häuser wie eine Eins auf dem Permafrost. Dann wurde man bequem und begann, die Gebäude zu beheizen. Das taute den Boden auf und die Häuser sanken langsam ein. Denn, taut der Boden auf, dann taut das darin eisförmig gespeicherte Wasser und der Boden verliert an Volumen – die Stadt versinkt.

Nachdem man dieses Problem erkannte, begann man, alle Häuser auf Sockeln zu bauen, unter denen die kalte Luft zirkulieren kann.

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Viele der alten Gebäude gehören nun der kanadischen Nationalparkverwaltung und sind teilweise zugänglich. In anderen sind Läden, Restaurants und Hotels eingezogen. Trotzdem wirkt die Stadt richtig authentisch – als wäre die Zeit hier einfach stehen geblieben.

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Auch so kann man im Yukon leben.

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Die vielen Gebäude und Kirchen im Ort lassen erahnen, wie Dawson einst florierte.

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Im Postamt haben wohl einige ihre Postfächer lange nicht mehr geleert. Die Post hatte seinerzeit einen höheren Bargelddurchsatz als irgendeine andere Filiale, selbst mehr als in den großen Städten. Die Goldsucher zahlten hier ihr Vermögen ein.

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Wir besuchen einen alten Friedhof…

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… und die Blockhütte des berüüühmten Dichters Robert Service (Bildungslücke meinerseits, sorry).

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Wir besuchen auch die alte Zeitungsredaktion und -druckerei. Bevor es in Dawson eine eigene Zeitung gab, nahm man die Zeitungsseiten, die verwendet worden waren um Speck einzuschlagen, der über tausende Meilen hierher transportiert wurde, und las sie laut auf der Straße vor. Der Durst nach Nachrichten aus der Heimat war damals so groß, dass man bereit war, 25 Ct. zu bezahlen, um dabei zuhören zu dürfen!

Zum Essen gehen wir zu Kondike Kate’s, einer Institution in Dawson. Kräftig essen, denn morgen geht’s auf die Goldfelder!

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Gold! Gold! Gold!

Mit dieser Headline hatte der Seattle Chronicle den Run zum Klondike ausgelöst. Die ersten Goldsucher waren mit den Taschen voll Gold zurückgekehrt und nun wollten alle ihr Glück versuchen. Einige haben bis heute nicht aufgegeben. Neben ein paar größeren Minen gibt es an Alaskas Goldadern noch viele hundert Einzelkämpfer. Schon auf unserer Fahrt Richtung Dawson, am 40 Mile River haben wir die ersten Goldsucher gesehen. Die Grundausstattung: Ein Bagger, ein Bulldozer, ein Gerät zum Einsaugen des Flusssandes. Alle Claims sind nach wie vor vergeben und aktiv. Einfach mal am Fluss ein wenig Goldschürfen – keine gute Idee. „Claim Jumping“ wird hart bestraft.

Es ist unglaublich, welche Infrastruktur 1898 in kürzester Zeit aufgebaut wurde, um die Goldsuche möglich zu machen. Kein Wunder, dass am Ende vor allem jene reich wurden, die den Prospektoren Transportdienste, Unterkunft, Waren und Werkzeuge verkauften. Im Grunde ist das heute auch noch so.

Nachdem die ersten Goldsucher noch mit Schaufel und Pfanne arbeiteten, kamen dann Investoren, die für teures Geld große Gerätschaften, sogenannte Dredges bauen ließen und mit diesen – ähnlich einem Braunkohlebagger – die Flussbette lückenlos durchwühlten. Die Größte davon – die Dredge No. 4 – ist heute ein National Monument, das wir nun besichtigen wollen.

Zwar waren die Claims zu dieser Zeit alle schon abgesteckt, und für die Dredge benötigte man eine ganze Menge Claims, natürlich alle nebeneinander. Aber da die Dredges kaum ein Körnchen Gold zurückließen, garantierten sie auch hohe Erträge. Das wiederum garantierte hohe Abgaben, und so war man gerne bereit den Betreibern der Dredges die entsprechenden Rechte zu verschaffen.

Außerdem schafften die Dredges längerfristig verlässliche Arbeitsplätze – während die Gold Miner von heute auf morgen zum nächsten Gold Rush weiterzogen, blieb eine Dredge für Jahre am gleichen Ort. Auch das sahen die Offiziellen in Dawson gern, denn die Stadt hatte gerade begonnen Fuß zu fassen – und man wusste von anderen Orten, wie schnell diese wieder zu Geisterstädten verwaisen können.

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Das Baumaterial für die Dredge wurde komplett aus dem Süden herbeigeschafft. Benötigt wurden massive Balken, die aus den dünnen Bäumen hier im Norden nicht geschlagen werden konnten. Einige Zahnräder in der Dredge waren zu groß, um sie durch den Eisenbahntunnel über den White Pass, also über die kürzeste Route, zu befördern. Sie wurden daher einmal um halb Alaska herum- und den ganzen Yukon heraufgeschifft.

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Die Dredge schaufelt vorne unentwegt Kies und Sand und Steine rein, die dann durch eine riesige, sich drehende Trommel von mehreren Metern Durchmesser hinunterrutschen. Das schwere Gold fällt durch die Löcher, wird dann über weitere Gitter gespült, bis es endlich in Kokosmatten hängenbleibt. Der ganze Rest wird hinten wieder ausgespien.

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Das macht natürlich ganz schön Lärm. Die Dredge war über 50 Meilen weit zu hören. Wer auf der Dredge arbeitete. wurde in der Regel taub. Auf der Dredge selbst arbeiteten übrigens nur vier Mann. Weitere 400 waren drum herum mit dem Betrieb einer Dredge beschäftigt.

Bevor die Dredge loslegen konnte, musste der Boden vorbereitet werden, so wurde – anfangs mit Feuern, später mit heißem Dampf – zuerst der Permafrost-Boden aufgetaut und abgetragen, bis man zum Kies darunter vorstoßen konnte. Allein diese Vorbereitung dauerte bis zu drei Jahre.

Die Dredge No. 4 wurde gar elektrisch betrieben, dazu baute man Dämme und Kraftwerke oben am Fluss. Dawson City kam so zu dem Namen „Paris des Nordens“, denn die Stadt hatte schon elektrischen Strom, als andere noch nicht mal davon gelesen hatten.

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Die Dredge durchpflügt also die Landschaft und gräbt sie dabei einmal komplett um. Die Dredge No. 4 liegt am Bonanza River, einem Zufluss des Klondike. Alle Flüsse hier wurden also schon ein Mal komplett, viele Meter tief umgegraben. Und werden heute von professionellen Goldsuchern ein zweites Mal umgegraben, denn die Dredge könnte ja etwas ausgelassen haben.

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Auf fremden Claims zu schürfen ist also keine gute Idee. Aber einen Claim hat die Klondike Visitors Association, quasi das „Fremdenverkehrsamt“ von Dawson, gekauft. Hier dürften Besucher bis zu drei Tage Gold suchen – jedoch nur mit Schaufeln und Goldpfannen. Sonst ist alles erlaubt – nur die Straße darf nicht abgetragen oder untergraben werden.

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Der Boden sieht hier aus wie Schweizer Käse, jeder hat mal irgendwo ein Loch gegraben. Ich bediene mich mangels Spaten an einem schönen, großen, frischen Loch.

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Aaah! Ob da Gold dabei ist?

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Mit dem Dreck in der Hand geht es dann an den Fluss. Hätte ich jetzt eine Goldpfanne dabei, so wie diese japanische Reisegruppe, könnte ich sofort loslegen und schnell reich werden! Aber bei fünf Grad Wassertemperatur hab‘ ich mir die Klunker dann lieber doch im Museum angeschaut…

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Am Abend gönnen wir uns einen leckeren Burger bei Kondike Kate’s.

Letztlich zieht es uns dahin, wo alle Goldsucher nach beschwerlicher Arbeit Ihren Tageslohn hintragen: Ins Casino.

Bei Diamond Tooth Gertie’s stehen nicht nur Spieltische, hier tritt auch jeden Abend Gertie mit ihren Girls auf.

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Die Show war klasse, aber nach dem harten Goldschürfen müssen die beiden Goldsucher jetzt in die Falle.

Quer durchs Yukon

Wir verlassen Dawson – auch wenn wir gerne noch länger geblieben wären – auf dem Klondike Highway Richtung Süden. Da nur Wenige den langen Weg hinauf nach Dawson in Kauf nehmen, ist der Highway entsprechend leer und wir fixieren immer das Unterholz rechts und links der Straße, in der Hoffnung auf Moose oder Bären. Aber wahrscheinlich hätten wir uns irgendwo ankündigen müssen – sie haben heute offenbar vergessen, die Moose rauszuschicken. Das ist das einzige Moose, das wir unterwegs erspähen konnten – leider steckt es in einer alten Karre fest:

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Die Fahrt ist laaaang. Im ersten Teil geht es noch schön kurvig durchs gelb-orangene Laub, dann ziemlich geradeaus. Immerhin bieten uns ein paar kilometerlange Baustellen etwas Abwechslung…

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Unterwegs ein Stopp an den Ruinen eines alten Roadhouses. Früher gab es die alle 20-50 Kilometer, um die Reisenden nach jeder Tagesetappe zu beherbergen und zu versorgen.

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Endlich erreichen wir Whitehorse. Hier lebt etwa die Hälfte von Yukon’s gesamter Einwohnerschaft: Rund 25.000 Menschen. Viel ist das ja nicht. Wir fahren als Erstes mal Autowaschen – nie hätte ich gedacht, dass ich jemals freiwillig ein Mietauto waschen würde, aber die Schlammkruste war einfach zu dick.

Lange Fahrt – großer Hunger: Wir kehren ein bei Klondike Rib & Salmon. Best Ribs in Town, das sag ich Euch!

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Am nächsten Morgen besichtigen wir noch die SS Klondike, die hier für immer vor Anker liegt.

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Und wir wandern vom Miles Canyon – einer Engstelle mit entsprechenden Stromschnellen am oberen Yukon – nach Canyon City. In Canyon City wurden früher die Boote entladen, die Ladung wurde auf einer Pferdetram über den Berg gezogen. Nur zertifizierte Lotsen durften die Boote dann durch den Canyon fahren, hinter dem sie wieder beladen wurden. Von Canyon City ist heute nichts mehr zu sehen, die Natur hat sich alles zurückgeholt.

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Letztlich brechen wir auf in Richtung Skagway.

Über den White Pass nach Skagway

Nach unserer Wanderung in der Morgensonne starten wir bei fabelhaftem Wetter die Fahrt über den White Pass hinunter nach Skagway. Unser erster Halt gilt dem Emerald Lake mit seiner tollen Farbe.

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Kurz danach durchstreifen wir die Carcross Desert – eine 260 ha große Mini-Wüste. Auch soetwas gibt es hier.

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In Carcross haben die Natives ihre Shops bunt bemalt und hier gibt es den besten Kaffee seit 2000 Meilen!

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Weiter geht’s durch traumhafte Täler mit Blick auf verschneite und vergletscherte Berge.

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Wohin man blickt, man sieht das Laub mal in leuchtendem Grün, dann in strahlendem Gelb.

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Letztlich erreichen wir das Hochplateau am Pass. Hier ist auch die kanadisch-amerikanische Grenze. Alaska-N-1126

Der Grenzübergang selbst befindet sich erst einige Meilen nach der Grenze, sodass die Grenzer es nicht ganz so weit nach Hause haben. Der Officer ist freundlich, lacht sogar über Scherze, holt dann aber noch einen Kollegen herbei und schließt mit ernstem Blick und einem „One moment, please“ erstmal die Türe. Lange debattieren die beiden und uns wird schon etwas mulmig. Dabei haben wir doch brav unsere Tomaten und Bananen deklariert… Letztlich geht die Türe wieder auf und wir erhalten unsere Pässe zurück und dürfen weiterfahren. Puh.

Hinter der Grenze heißt es wieder: Uhr eine Stunde zurück stellen, Tacho von Kilometer auf Meilen. Doch es ist ohnehin nicht mehr weit bis in den Ort, egal ob Kilometer oder Meilen.

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Unten in Skagway tobt das Leben. Vier dicke Schiffe liegen im Hafen und einige tausend Kreuzfahrer strömen durch den Ort.

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Skagway war der erste Anlaufpunkt all jener Goldsucher, die zuerst mit dem Schiff die Inside Passage genommen haben und dann hier an Land gegangen sind. Es gibt viele hübsche, gut erhaltene Häuser aus dieser Zeit. Die meisten Läden darin leben nun davon, die Kreuzfahrtgäste zu mästen und danach mit neuen XXL-T-Shirts auszustatten. Bei vielen Kreuzfahrttouristen scheint überdies das Budget noch teure Schmuckkäufe herzugeben: Jeder zweite Laden ist ein Juwelier. Nun ja.

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Wir finden viel Besseres als Juwelen: Dough Boys, auch bekannt als Elephantenohren!

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Im mit Treibholz verkleideten ehemaligen Clubhaus der Arktischen Brüderschaft ist heute das Visitor Center untergebracht.

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Nachdem wir alles kreuz und quer durchbummelt haben, gehen wir in den Motorboothafen zur Skagway Fish Company. In Whitehorse war es gestern noch fünf Grad kalt. Hätte ich da gesagt, dass wir heute Abend draußen essen würden, Simone hätte mich für verrückt erklärt. Aber in Skagway ist das Thermometer heute auf glatte 20 Grad geklettert und wir genießen in der Abendsonne …

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… leckeren Lachs und Monstergarnelen.

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Beim Abendspaziergang ist der Ort dann praktisch ausgestorben. Die Schifffahrer sind wieder auf ihren Pötten, die nacheinander den Hafen verlassen. Über Nacht bleibt hier kein Schiff und kaum ein Mensch. Nur im Red Onion Saloon ist noch was los, aber wir sind zu k.o. für heute. Letztlich sind wir die beiden vorhergehenden Nächte jeweils um 1 Uhr nachts kurz aufgestanden, um nach Nordlichtern zu sehen – doch immer war der Himmel bewölkt. Also, ab in die Falle. Sollen wir wirklich wieder den Wecker auf 1 Uhr stellen?

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Aurora Borealis

Wir sind uns einig: Noch eine Nacht schlagen wir uns nicht um die Ohren. Die Chance auf Nordlichter wäre aktuell relativ hoch, aber all die Tage war der Himmel nachts bedeckt. Heute wäre es etwas klarer, aber sieht man aus dem engen Talkessel hier überhaupt etwas?

Kurz vor elf Uhr, wir sind noch wach, hören wir draußen eine Menge Betrunkener rumgrölen. Muss das jetzt sein? Sicherheitshalber schaue ich mal kurz aus dem Fenster und sehe sofort den grünlichen Schleier am Himmel! Nordlichter!!

Also ganz flott die dicksten Sachen über den Schlafanzug ziehen, die auf die Schnelle zu finden sind, und ab nach draußen!

Am Nordhimmel sehen wir sie tanzen! Normalerweise sind die Nordlichter grün, aber wenn sie sehr intensiv sind, dann werden sie rötlich, lila, blau.

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Meine Fotos sind etwas mäßig, da ich nicht wirklich vorbereitet war und einfach aus der Hand knipsen musste. Nachdem die heftigen Lichter richtig über dem Himmel tanzten, pausieren sie erstmal, aber immer ist ein leichter grüner Schatten zu sehen, der sich laufend leicht verändert.

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Dann geht wieder das ganz große Schauspiel los.

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Es ist unfassbar beeindruckend und unter den zwei Dutzend Hotelgästen, die auch herausgelaufen sind, herrscht eine Stimmung wie an Sylvester.

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Noch ein paar von meinen verwackelten Bildern:

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Glücklich fallen wir ins Bett und schlafen sofort ein.

Skagway

Heute lassen wir uns erstmal in einem einstündigen Stadtspaziergang mit dem Ranger in die Geschichte Skagways einweihen. Denn der ganze Ort ist praktisch ein National Monument, einige Häuser sind einfach so zu besichtigen, in anderen sind Geschäfte drin.

Skagway wurde besiedelt von einem vorausschauenden Deutschen: Captain Moore aus Emden. Der Captain hielt diesen Ort am Ende eines langen Fjords perfekt für einen Hafen. Dahinter bot der White Pass einen realistischen Weg über die Berge. Captain Moore ahnte, dass es nach all den Goldfunden unten in Kalifornien irgendwann auch hier oben einen Goldrausch geben würde und sein Plan war, den Hafen, den Weg über den Pass und den Ort Skagway so auszubauen, dass alles bereit war, für den Gold Rush. Eine spannende Wette, und gewissermaßen ging sie tatsächlich auf, gewissermaßen aber auch nicht.

Der Captain erwarb also all das Land in Skagway, baute den Hafen aus und begann den Weg über den White Pass – also einen Pferde-Trail – anzulegen. Tatsächlich fand man das Gold am Klondike und die Scharen machten sich auf den Weg ‚gen Norden. Skagway wurde über Nacht zur Zeltstadt. Es war Captain Moores Stunde: Sein Hafen war bereit, sein Ort, sein Weg über die Berge. Aber die Angekommenen ignorierten ihn einfach. Besiedelten einfach Captain Moores land, schlugen Zelte auf, benutzten Hafen und Pass ohne Moore irgendwelche Abgaben zu bezahlen.

Während die Rockie Mounted Police zu dieser Zeit im kanadischen Yukon zuverlässig für Recht und Ordnung sorgte, war Alaska ein gesetzloser Raum. Okay, die amerikanischen Gesetze galten schon, aber keiner war da, der sie durchsetzen würde.

Jahre später erstritt der enteignete Moore dann vor Gericht einen Schadenersatz, allerdings ließ sich nur ein Bruchteil davon noch eintreiben. Denn die Gesetzesbrecher waren alle schon lang weitergezogen und nicht mehr aufzuspüren.

Vor Captain Moores Blockhaus endet unsere Walking Tour.

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Den Gold Rush Cemetery im Wald hinter dem Ort müssen wir natürlich auch noch besuchen. Hier liegt Jefferson „Soapy“ Smith in einem einfachen Grab. „Soapy“ war ein Ganove, der lange den Ort terrorisierte. Praktisch der Erfinder des Enkeltricks, neppte er z.B. die Goldsucher mit gefälschten Telegrammen aus der Heimat, sodass diese Geld an die Familie überwiesen, das tatsächlich dort nie ankam.

In einem Pistolenduell am Morgen des 8. Juli 1898 erschoss ein Frank Reid den Ganoven Smith und wird seither als Erlöser der Stadt gefeiert. Jedoch erlag auch Reid nach zwölf Tagen seiner Verletzung von dem Duell.

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Einige namenlose Gräber gibt es auch, so das eines Mannes, der mit mehreren Kilo Dynamit und einer Pistole in die Bank gestürmt kam, beim Ziehen der Waffe aber einen Schuss auslöste, der wiederum das Dynamit auslöste. Da blieb nicht viel übrig, um den Gangster zu identifizieren.

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Das größte Grab hatte Frank Reid, der Erlöser der Stadt, erhalten.

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Auch einige unehrenhafte Damen aus dem Red Onion Saloon liegen auf dem Friedhof begraben. Etwas am Rand – die Beerdigung war spärlich – aber viele weinten um sie…

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Das Gewerbe scheint immer noch zu florieren. Oder, naja, die Touristen bevorzugen Can-Can-Shows im Stundentakt, für die hier geworben wird. Die Abendveranstaltungen finden in Skagway um 10 Uhr 30 statt, denn abends sind die Kreuzfahrer ja schon wieder auf und davon.

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Wir checken nun auch ein für unsere „Kreuzfahrt“. Auf der MS Malaspina überqueren wir das Chilkoot Inlet nach Haines. Diesmal lässt uns die Fähre glücklicherweise nicht im Stich.

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Bärenhunger

Nach der einstündigen Fährfahrt nach Haines lassen wir den Ort erstmal links liegen und fahren direkt an den Chilkoot River, denn hier sollen auch öfters Bären zum Fischen hinkommen, und wir sind wahrlich bärenhungrig!

Auf der Brücke über den Fluss treffen wir ein sehr nettes holländisches Paar, das gleich seine gesamte Erfahrung aus drei Tagen Wildbeobachtung am Chilkoot River mit uns teilt. So wissen wir, wo die Chancen gut sein dürften, Bären zu sehen.

Von der Brücke aus beobachten wir erstmal Seehunde beim Fischen. Es sind locker zehn Stück. Konzentriert stehen sie in der Strömung und schnappen sich einen Fisch nach dem Anderen.

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Ebenso erspähen wir einen Weißkopfseeadler, der über der Szenerie wacht.

Die Holländer fahren weiter, wir folgen ihnen mal unauffällig. Und keine hundert Meter flussaufwärts …

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… fischt am gegenüberliegenden Ufer ein mächtiger Braunbär!

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Der Bär verschwindet schon bald im Wald.

Wir sind schonmal unglaublich happy, ihn gesehen zu haben, so kurz, wie er nur da war.

Außerdem ist es doch ideal: Der Bär am anderen Ufer, wir in sicherer Entfernung und das Auto gleich hinter uns.

Wir fahren erstmal weiter bis zum Chilkoot Lake, dort gibt es weitere Weißkopfseeadler zu beobachten, und Fische, die einen halben Meter hoch aus dem Wasser springen – vielleicht um sich Fliegen einzuverleiben.

Wir machen uns wieder auf den Rückweg, am Fluss entlang.

Hinter einer Kurve sehen wir dann dieses Bild:

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Es ist tatsächlich eine Bärenmama mit ihrem Kleinen!

Mama fischt, Junior darf mitessen.

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Die Bären sind um diese Jahreszeit noch echte Feinschmecker. Es gibt Lachse im Überfluss. Die Bärin zieht ausschließlich weibliche Lachse aus dem Fluss und gegessen wird nur der Rogen. Der Rest bleibt für die Krähen. In ein paar Wochen werden die Bären dann nicht mehr so wählerisch sein.

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Und weil es noch besser geht als Bärenmama mit einem Kleinen, kommt noch ein zweites Junges hinzu. Der zweite Kleine ist schon etwas selbstständiger – entfernt sich weiter von der Mutter und fischt auch schon allein. Die kleinen Braunbären sind noch richtig schwarz, haben dafür weiße Flecken an den Schultern.

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Was für ein Erlebnis!

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Lange schauen wir den Bären noch zu, es ist wunderschön.

Dann übermannt auch uns ein Bärenhunger. Wir fahren nach Haines ins urige Fireweed Restaurant, in dem es dank Pizzaofen schön warm ist. Die Pizza schmeckt bärig.

Von Haines nach Haines Junction

Heute machen wir erstmal Halt am Besucherzentrum der Bald Eagle Preserve in Haines. Hier gibt es allerlei ausgestopfte und nicht ausgestopfte Dickschädel zu bewundern.

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Aber das eigentliche Highlight sind die beiden Weißkopfseeadler, die hier aufgepäppelt werden. Einer hatte einen Unfall mit einem Truck. Wir lernen: Wer Apfelbutzen aus dem Fenster wirft, kann schnell einen Bald Eagle auf dem Gewissen haben. Denn die Vögel kommen dann nah an den Highway, um das Weggeworfene zu fressen und laufen Gefahr, unter die Räder zu kommen. Der andere hat aufgrund der Spannweite seiner Flügel einen Kurzschluss zwischen zwei Hochspannungsleitungen produziert, was ihm nicht so gut bekam.

Aus der Nähe lässt sich der Adler natürlich viel besser fotografieren, als in der Natur. Auch wenn ich mein erstes Foto etwas verwackelt habe – in genau dem Moment fingen nämlich beide wie irre an zu schreien, und der Adlerschrei ist nicht von schlechten Eltern. Hier hat er sich schon wieder gefangen:

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Es geht weiter Richtung Norden. Wir reisen wieder aus den USA aus und nach Kanada ein. Uhr vorstellen, Tacho umstellen.

Beim 33 Mile Roadhouse stoppen wir, um eine Kaffee zu holen. Es ist ein uriges altes Blockhaus mit Skihüttenatmosphäre.

Erst zehn Meilen später fällt mir auf, dass ich ins 33 Mile Roadhouse hineingegangen war, um Kaffee zu holen – herausgekommen bin ich aber mit zwei Stück Kuchen. Und ohne Kaffee…

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Die weitere Strecke ist trotz mäßigem Wetter faszinierend. Ich nenne sie die „Fahrt durch die Highlands“.

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Die Herbstfarben sind einfach überall. Selbst bei leichtem Nieselregen hat man beim Blick auf das Laub oft den Eindruck, die Sonne scheint. Ich weiß, in Alaska muss man sich das Wetter auch mal schönreden…

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Da Bewegung gut tut und der Regen aufgehört hat, starten wir zu einer kleinen Wanderung im Kluane National Park. Der Nationalpark ist halb so groß wie die ganze Schweiz. Für Tageswanderer gibt es nur ein paar kleine Touren, ansonsten ist man mehrtägig unterwegs oder lässt sich mit dem Flugzeug auf einem der Gletscher absetzen. Das haben wir nun wahrlich nicht vor, also halten wir uns an die kurzen Routen.

Unser Ziel ist ein sogenannter Rock Glacier. Das ist kein Gletscher, sondern ein Schotterfeld, das von einem Gletscher erzeugt wurde – und auch jetzt noch den Berg hinabfließt wie ein Gletscher. Nur halt noch eine Nummer langsamer. Zuerst geht es auf Boardwalks über ein Hochmoor.

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Vom Rock Glacier aus haben wir einen schönen Blick hinab ins Tal und auf die Seen dort unten.

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Der Weg ist etwas anstrengend, da die Steine oft recht wackelig sind und man quasi einen Haufen aus spitzen Steinen hinaufstakst.

Oben angekommen haben kluge Wanderer aus den Felsbrocken schon Sonnenstühle gebaut.

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Wir genießen den Ausblick bevor wir uns wieder an den Abstieg machen.

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Bis nach Haines Junction ist es jetzt nicht mehr weit, hier mündet der Haines Highway in den Alaska Highway. An der Kreuzung ist ein kleiner „Ort“ entstanden. Zum Essen gehen gibt es hier zwei Alternativen: Frostie’s hat sich auf alles spezialisiert, was man auftauen kann. Im Raven Hotel soll es hingegen ausgezeichnete Küche geben. Der Koch soll aus Vancouver kommen – mondän!

Wir reservieren also einen Tisch im Raven. Mit ach und krach klappt das, wenn auch erst etwas später als erhofft. Das kleine Hotel hat vielleicht acht Zimmer. Die Rezeptionistin schickt uns erstmal auf die Wartecouch und will oben im Restaurant nachfragen, ob unser Tisch schon bereit ist. Nach einigen Minuten verkündet sie, man sei jetzt bereit uns zu empfangen und zeigt uns den Weg ins Restaurant im ersten Stock. Dann folgt sie uns – es stellt sich heraus, das sie nun auch unsere Bedienung ist. Das Restaurant hat etwa zehn Tische, von denen drei besetzt sind. Die Präsentation der Speisekarte zieht sich etwas – es werden nicht etwa noch die Specials des Tages zusätzlich aufgezählt, sondern was alles heute aus ist.

Allerdings klingt der Rest auf der Speisekarte trotzdem lecker. Und unser Essen ist letztlich ausgezeichnet, sicher eines der besten Essen auf der ganzen Reise! Sogar zu einem Nachtisch lassen wir uns hinreißen…

Wir erhalten dann die Rechnung mit den Hinweis, wir möchten bitte unten im Erdgeschoss zahlen. Wir gehen hinunter, dort wartet auch schon unsere Bedienung – nun wieder als Rezeptionistin auf uns und wir dürfen zahlen…

Es ist irgendwie lustig – als würde hier mitten in der Wildnis jemand versuchen, Zivilisation zu spielen… Aber lecker war’s!

Zurück nach Tok

Am Morgen regnet es in Tok ein wenig, wir lassen den Tag gemütlich angehen. Dafür frühstücken wir ausgiebig – unser Zimmer hat eine kleine Küche und die Vermieterin hat uns das Frühstück inklusive Eiern zum Selberbraten in den Kühlschrank gestellt.

Heute steht uns leider eine laaaange Rückfahrt in den Norden bevor. Davor möchten wir uns zumindest ein wenig die Beine vertreten. Nach dem Frühstück marschieren wir also ein Stück am Dezedash River entlang auf einem netten Wanderweg, der durch die Flussauen führt. Nachdem wir mehrere frische Bärenspuren sehen – u.a. hat er im Moos gewühlt, einen morschen Baum ungestoßen und einen riesigen Scheißhaufen hinterlassen – kommen wir noch an eine Stelle mit deutlichen frischen Fußspuren, bei denen vor allem das Kratzen der Krallen zu erkennen ist. An dem Punkt entscheiden wir uns dann zur Umkehr. Bären gucken immer gerne. Vom Bären gefressen werden nicht so.

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Sehen wir uns lieber die feuerroten Pflanzen am Fluss an.

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Und diese Lichtung am Ufer, die Kollege Biber freundlicherweise gerade für uns gerodet hat.

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Dann geht es los auf dem Alaska Highway – wie immer durch fantastisch bunten Laubwald.

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Einen kurzen Stopp legen wir beim Visitor Center des Kluane National Park ein, wo die Ranger freundlicherweise starke Ferngläser rausgestellt haben, sodass wir schneeweiße Dallschafe oben am Steilhang beobachten können. Man wird echt zum Tierkenner hier…

Zum Lunch haben wir uns in der Village Bakery ein paar tellergroße Scones mitgenommen.

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Der Highway ist zeitweise in einem recht erbärmlichen Zustand. Kurz vor der Grenze übersehen wir ein Schlagloch, das die Stossdämpfer bis zum Anschlag durchschlagen lässt. Aber unsere Karre ist mittlerweile schon ganz gut was gewöhnt.

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Letztlich erreichen wir die kanadisch-U.S.-amerikanische Grenze. Uhr eine Stunde zurück, Tacho auf Meilen. Man gewöhnt sich dran. Okay, in der Village Bakery habe ich heute morgen versehentlich mit der falschen Währung bezahlt. Die kennen das aber offenbar und haben mit einfach kommentarlos in kanadischen Dollar rausgegeben.

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Die Grenze verläuft entlang des 141. Längengrades und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in einer aufwändigen und bedingt sinnvollen Aktion auf einer Breite von 6 Metern gerodet. Der Grenzstreifen ist bei genauem Hinsehen bis zum Horizont erkennbar.

 

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Die Amis haben uns diesmal anstandsfrei wieder reingelassen, wir folgen dem Alaska Highway bis nach Tok.

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In der Ferne die Berge, links und rechts der Straße: Goldenes Laub wohin wir blicken.

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In Tok waren wir vor einer Woche schon einmal – hier liegt der Kreuzungspunkt der „Acht“, die wir fahren. Kurz hinter dem Ortsausgang hatten wir damals ein Moose mit seinem Kleinen gesehen. Wir suchen konzentriert den Straßenrand ab, vielleicht sind sie ja wieder hier. Ja, da sind die Beiden:

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Nachdem wir wieder unser superschönes Cabin im Wald bezogen haben, geht es wie gehabt zu Fast Eddy’s, dem einzigen signifikanten Restaurant in Tok. Letzte Woche mag mir hier ein kleiner Faux Pas passiert sein. Eigentlich wollte ich die nicht ganz schlanke Bedienung fragen, ob sie eher den Burger, oder die Ribs empfiehlt. Daraus wurde dann aber ein „Can you recommend your ribs?“, also habe ich sie letztlich gefragt, ob sie mir ihre Rippen empfehlen kann. Naja, sie hat drüber weg gelächelt… Ach so: Sowohl die Ribs, als auch der Burger waren ganz lecker!

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Nach Fairbanks mit Zwischenstopp am Nordpol

In den USA ist heute Labour Day, einer der wenigen Feiertage, die das Land so kennt. Das hat zwei Vorteile: Früh morgens ist kaum jemand unterwegs. Und alle Baustellen machen Pause – keine Flagger, keine Warterei auf das Pilot Car!

Wir legen Johnny Cash auf und donnern weiter ‚gen Norden.

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Wo Moosewarnschilder vor Moose warnen, ward selten ein Moose gesehen. Aber dieses hier ist wenigstens noch nicht zerschossen. Denn die gelegentlichen Schilder „No shooting from roadway“ werden auf dem Land nicht so ernst genommen.

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Ein anständiger Amerikaner hat immer seinen Hund dabei. Und amerikanische Hunde lieben eines: Fahrtwind! Kaum eine Ladefläche eines Pickup-Trucks, auf dem kein Hund sitzt und den Kopf in den Wind hält. Möglicherweise werden die Trucks gleich mit Hund verkauft? Steht „Fahren ohne Hund“ vielleicht gar unter Strafe?

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Unser erster Stopp gilt einem der meistfotografierten Punkte Alaskas: Dem offiziellen Ende des Alaska Highway. Der über 2000 Kilometer lange Highway wurde während des Zweiten Weltkriegs von Pionieren in Rekordzeit erbaut, um bereit zu sein, falls der Russe rüberkommt. Oder der Japaner. Beides trat nicht ein, und so wurde der Alaska Highway einige Jahre später für die Öffentlichkeit freigegeben.

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Bei blendendem Sonnenschein haben wir einen tollen Blick auf die stets verschneite Alaska Range.

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Einen zweiten Halt machen wir an einem alten Roadhouse am Richardson Highway.

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Der Tresor wurde wohl nicht mehr gebraucht.

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Hinter dem Roadhouse überquert die Trans Alaska Pipeline den Tanana River.

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So mancher ist hier schon liegengeblieben.

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Hier wird ausnahmsweise mal davor gewarnt, dass der sonst asphaltierte Highway gleich in Schotter übergeht. Oft sind die Schotterstücke in besserem Zustand, als die asphaltierten. Der Highway ist ja auf Permafrost gebaut, und damit hatte man in den Vierzigern leider noch nicht so viel Erfahrung. Fehlt ausreichende Isolation unter dem Fahrbahnbelag, dann schmilzt darunter bei Sonne der Permafrost und die Straße sackt ab.

Wir halten uns weiterhin nordwärts.

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Doch was ist das? Sind wir jetzt etwa schon zu weit nach Norden gefahren?

Nein, das Städtchen Northpole liegt vor den Toren Fairbanks und hatte sich vor einigen Jahrzehnten in Northpole umbenannt, in der Hoffnung, große Spielzeugfirmen würden sich ansiedeln. Daraus wurde nichts, aber es gibt dafür einen ganzjährig geöffneten Christmas-Store, in dem man sich mit dem leibhaftigen Santa Claus fotografieren lassen kann.

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Dieser Santa hingegen sieht aus wie ein Psycho und wurde aus gutem Grund hinter Gitter gesetzt.

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Tatsächlich schreiben jährlich hunderttausende Kinder an den Weihnachtsmann, der nach bewährtem CocaCola-Glauben am Nordpol wohnt, einen Rentier-getriebenen Schlitten fährt und sich 364 Tage im Jahr von seinen Elfen verwöhnen lässt.

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Zurück im September erreichen wir schließlich Fairbanks, die nördlichste Großstadt des Kontinents.

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Da die Stadt heute am Feiertag wie ausgestorben ist, besuchen wir den botanischen Garten der Universität von Fairbanks. Hier oben im Norden wachsen im Sommer Kohlköpfe monströser Größe – bis zu 48 Kilo schwer! Der Sommer ist kurz, aber die Tage bieten bis zu 21 Stunden Sonnenschein!

Jetzt im September verliert Fairbanks übrigens eine Stunde Tageslicht – pro Woche! Im Juni scheint die Sonne 21 Stunden lang, im Dezember nur noch für dreieinhalb Stunden.

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Aktuell ist es noch ganz angenehm: Nach dem Abendessen um neun Uhr können wir noch einen schönen halbstündigen Spaziergang am Chena River machen und erst danach setzt die Dämmerung ein. Gute Nacht!

Fairbanks

Tja, Fairbanks. Vielleicht lag es daran, dass die Hauptstraße gerade umgegraben wird, aber wir konnten uns mit der Stadt nicht recht anfreunden. Im Zentrum gibt es eigentlich nichts, außer ein paar hundert Meter hübschem Spazierweg am Fluss und einem sehr schön gestalteten Besucherzentrum. Immerhin haben wir einen spitzenmäßigen Coffee Shop gefunden, zu dem man aber drei Meilen mit dem Auto fahren musste.

In Ermangelung von Alternativen – und weil wir heute mal keine weiteren Strecken fahren wollten – klappern wir nach einem ernüchternden Rundgang durch Downtown also erstmal die Museen ab. Das Besucherzentrum, wie gesagt, ganz prima. Dann das Eismuseum: In Fairbanks findet im Winter ein überregionaler Ice Carving Contest statt, bei dem riesige, aufwändigste Skulpturen aus dem Eis gearbeitet werden. Im Eismuseum, das in einem alten Theater untergebracht ist, wird zuerst eine Diashow von dieser Veranstaltung vorgeführt. Soweit, so gut. Allerdings höchstens zehn Grad warm hier drin.

Dann geht das Licht an – ach, was sage ich – die Lichter gehen an (nämlich in allen bunten Farben) und in tiefgekühlten Glaskästen rund um das Theater werden ein halbes Dutzend verschmolzene Eisklötze sichtbar, die möglicherweise am Anfang der Saison mal Bären, Hunde und Elche dargestellt haben. Wir dürfen nun zwanzig Minuten lang in den Kühlschrank reingehen und überall unsere Köpfe durch die vorgesehen Löcher im bunt strahlenden Eis durchstecken und entsprechende Fotos machen. Nach fünf Minuten haben wir die Sache abgehakt und warten auf den nächsten Programmpunkt: Andy zeigt uns wie Eisskulpturen hergestellt werden.

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Kurz zusammengefasst: Andy nimmt Bohrmaschine, Andy macht zwei Minuten brumm brumm, Andy verbeugt sich, Andy ist fertig. Andy nimmt Trinkgeld entgegen. Was für ein Bullshit.

Gut, Eismuseum war nix außer kalt, wir gehen zum Auftauen in die Sonne. Am Creamers Field – einem Feld, das heute ein Vogelschutzgebiet ist – machen Kanadagänse Rast auf dem Weg in den Süden. Am Abend sieht man sie dann gruppenweise starten und im Formationsflug ihre Reise antreten.

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Dann entscheiden wir uns eine dreistündige Flusskreuzfahrt auf einem riesigen, vierstöckigen Schaufelraddampfer, der MS Discovery III, auf dem Chena River zu machen. Mindestens zwölf Touristenbusse wurden schon im Gift Shop abgeladen und warten aufs Boarding – wir lassen uns davon aber nicht abhalten, da müssen wir jetzt durch.

Die Fahrt ist perfekt gemachtes amerikanisches Entertainment – aber trotzdem ziemlich interessant. Gleich als ersten Programmpunkt startet und landet neben uns ein Wasserflugzeug, und der Pilot wird per Funk auf die Lautsprecher an Bord der MS Discovery durchgeschaltet. Da essen wir gerade unsere mitgebrachten Wraps, so schnell hat der Pilot schon wieder abgehoben und fliegt davon.

Wir schippern nun den Fluss entlang, vorbei an traumhaften Villen und kleinen Blockhäusern in allerbester Wohnlage.

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Einen Stopp machen wir bei den Schlittenhunden von Susan Butcher, der einzigen Frau, die vier mal das Iditarod Schlittenhunderennen gewonnen hat. Susan ist leider schon verstorben, aber ihr Mann David ist ebenfalls Musher, also Schlittenhundeführer, und zeigt uns vom Ufer aus seine Hunde. Bei dem wilden Gekläffe ist er kaum zu verstehen – die Hunde mit Gespann vor ihm sind schon wie verrückt am ziehen, und alle Hunde, die hinten im Kennel verblieben sind, machen einen genauso großen Lärm, weil sie eben auch gerne eine Runde rennen würden. Letztlich springt David auf das Wägelchen mit den dicken Reifen, dem Schlittenersatz für den Sommer, und das ganze Gespann saust wie ein Pfeil davon. Eine Weile später sind alle wieder da und die Hunde dürfen sofort zur Abkühlung in den Fluss.

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Dass Butcher’s Kennel direkt am Fluss liegt ist für uns auf dem Boot natürlich sehr praktisch, hat aber einen anderen Grund: Im Winter ist der Chena River ja zugefroren und so kann man mit dem Schlitten direkt auf dem Fluss zu Rundfahrten starten.

Nächster Halt unserer Kreuzfahrt ist ein rekonstruiertes Indianerdorf. Hier läuft ein Fischrad, das zur Zeit des Lachsauftriebs den Salmon im Akkord aus dem Fluss fischt. Nur die Nachfahren der Ureinwohner dürfen heute auf diese Weise fischen.

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Dann fahren wir an einer Gruppe Rentiere vorbei, die extra für uns in ein Gehege am Ufer gelassen werden. Wir lernen, dass Rentiere domestizierte Caribou sind!

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Am Zusammenfluss des Chena River mit dem Tanana River drehen wir schließlich um.

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Ashley führt uns jetzt vor, wie ihre Vorfahren – sie hat auch einen Namen auf eskimonisch, aber den konnte ich mir nicht merken – den Lachs filetierten und erst zum Trocknen an die Luft, dann im Smoke House zum Räuchern aufhängten.

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Wir werden danach zum Bummel in das Museumsdorf entlassen, wo Ashley uns noch eine reich geschmückte Eskimotracht vorführt.

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Pelze von Wolf, Kojote, Wolverine (Vielfraß, letztes Jahr in Kanada eines gesehen!), Rot- bis Polarfuchs und oben links vom Bieber, sowie rechts vom Hermelin bekommen wir erklärt.

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Auch ein paar Schlittenhunde wohnen hier. Choofa ist etwas müde.

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Und er hier wirkt etwas betrunken.

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Der Lachs in der Räucherkammer hält die Hunde über den Winter satt.

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Nach dem kurzen Besuch auf der Insel legt unser Dampfer wieder ab. Das war alles perfekt durchgetaktet – aber letztlich auch ziemlich interessant.

Mehr hat Fairbanks heute nicht mehr für uns zu bieten. Achso, doch: Wir haben ganz lecker Fisch gegessen in Lavelle’s Bistro… Danach noch ein Spaziergang am Fluss und ab ins Bett! Morgen wollen wir wieder früh los…

Grande Finale: Denali

Nun steht uns leider schon die letzte Station unserer Reise bevor: Der Denali National Park.

Gerade erst vor zwei Wochen hat Präsident Obama die Umbenennung des Mount McKinley zurück zu seinem ursprünglichen Namen, Mount Denali („Der Hohe“ in der Sprache der Ureinwohner), unterzeichnet. Vor langer Zeit benannte man den mit mehr als 6.100 Metern höchsten Berg Nordamerikas nach einem früheren Präsidenten „McKinley“. McKinley stammte aus Ohio, und der Congressman aus Ohio stemmte sich jahrzehntelang gegen die Umbenennung. McKinley selbst war übrigens nie in Alaska… Aber die Einwohner Alaskas bevorzugten schon immer den ursprünglichen Namen, auch der Nationalpark heißt schon immer Denali. Und jetzt müssen eben alle Landkarten umgeschrieben werden. Wir fahren also zum Denali.

Natürlich nicht ohne kurze Wartezeiten…

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Angekommen!

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Zuerst fahren wir ein Stück in den Park hinein. Die einzige Straße im Park geht tief in den Nationalpark rein, nah an den Fuß des Mount Denali heran. Allerdings dürfen nur die ersten 15 Meilen von Privatautos befahren werden – weiter geht es dann ausschließlich mit dem Bus. Wir fahren erstmal soweit wir dürfen, und machen eine kleine Wanderung . Sogar die Sonne kommt raus! Allerdings pfeift ein anständiger Wind.

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Ein Arctic Squirrel – auch bekannt als Bear Burrito. Die Bären buddeln, wenn’s sein muss, den ganzen Boden auf, um die Squirrels am Ende ihrer Bodenlöcher zu schnappen.

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Noch eine weitere kurze Wanderung, dann checken wir erstmal im Hotel ein.

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Nach dem Abendessen machen wir uns nochmal auf in den Park. Die Moose haben gerade Brunftzeit, da sollte doch was gehen.

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Und da sind sie auch schon! Zuerst hatten wir ein Moose ganz schön weit weg von der Straße gesehen. Hektische Inder mit langen Objektiven rannten dort aufgeregt die Straße rauf und runter, um das arme Moose zwischen die Bäume hindurch zu knipsen. Uns war das zu anstrengend, wir sind weiter zu einem Tümpel, den wir schon am Nachmittag als perfekten Moosesumpf identifiziert hatten. Und dort stehen sie dann im Halbdunkeln!

Nach und nach halten noch andere Autos, alle blicken runter zu dem Moose-Pärchen, als eine Frau ruft: „Look behind you!“ – und in dem Moment eine Moose-Kuh hinter uns auf die Straße tritt und gemächlich auf die andere Seite wechselt. Ein riesiges Tier, und die Bullen sind noch größer! Gleich dahinter folgte ein Junges der Mama. Für Fotos war es da leider schon zu dunkel.

Letztlich haben uns auch die hektischen Inder wieder gefunden und wir lassen die Moose in Frieden und fahren wieder zum Hotel – denn morgen müssen wir echt früh raus…

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Nachdem wir kurz nach fünf aufgestanden sind um rechtzeitig für unseren 7:30 Shuttle am Wilderness Access Center zu sein, begrüßt uns Jose in seinem grünen Bus, und wir starten auf die vierstündige Fahrt hinein in den Nationalpark.

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Die ersten zweieinhalb Stunden Fahrt sind relativ unspektakulär, auch wenn die Landschaft sehr schön anzusehen ist, und Jose uns fortwährend mit Informationen zum Nationalpark, zur Flora und Fauna versorgt.

Sobald jemand wilde Tiere erspäht, können die Passagiere „STOP!“ rufen und Jose hält an und stellt den Motor ab.

Wir sehen ein einzelnes Caribou, ein paar Schneehühner (das Ptarmigan ist der State Bird of Alaska, denn natürlich hat in den USA jeder Staat sein Staatsmotto, seine Staatsfarbe, sein Staatslied, sein Staatstier und auch seinen Staatsvogel) und ein Dallschaf, aber alles gaaaanz weit weg.

Dann entdeckt Jose einen riesigen Scheißhaufen auf der Straße – da kann der Bär nicht weit sein!

Und schon hinter der nächsten Kurve finden wir ihn: Unseren ersten Grizzly!

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Die Bären hier oben sind arme Kerle, sie wissen wohl gar nicht, dass es Paradiese gibt, in denen einem die Lachse einfach so in’s Maul springen. Die Flüsse und Bäche auf der Nordseite der Alaska Range sind einfach zu weit weg vom Meer, als dass sich hier der Lachs hin verirren könnte.

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Also fressen die Bären vor allem Beeren, Wurzeln und ab und zu mal einen Bear Burrito – ein Arctic Squirrel.

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Wir fahren erstmal weiter, und keine zwei Minuten später läuft uns schon der nächste Grizzly vor die Linse. Dieser hier ist keine zwanzig Meter vom Bus entfernt.

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Er scheint hier unter den Moosen etwas zu wittern. Also fängt er wie ein Irrer an zu graben…

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…und zeigt uns nur noch sein Hinterteil. Grizzlies sind riesige Tiere und haben einen monströsen Bärenarsch. Minutenlang sehen wir nur den Bärenpo.

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Unser Bär lässt sich von uns überhaupt nicht von seiner Arbeit abhalten. Nur ab und zu schaut er mal auf, mit seiner eingestaubten Schnauze. Dann buddelt er weiter. Mittlerweile hat er schon ein Loch ausgehoben, da hätten wir mit dem Spaten einen Vormittag dran gegraben. Ziemlich sicher, dass er gerade einen Squirrelbau ausnimmt.

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Schließlich erreichen wir das Eielson Visitor Center mitten im Nationalpark. Von hier hat man den besten Blick auf den Mount Denali – wenn er nicht hinter Wolken versteckt bleibt, so wie an zwei von drei Tagen im Jahr.

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Wir tragen uns nach der Ankunft gleich für eine geführte Wanderung mit dem Ranger ein, für die es nur 11 Plätze gibt. Die elf Plätze werden nicht mal ganz ausgenutzt, denn die Mehrzahl der Touristen scheint nach der vierstündigen Busfahrt nicht mal aus dem Bus auszusteigen, um nach einer halben Stunden Brotzeitaufenthalt wieder vier Stunden zurück zu fahren. Jeder wie er mag.

Wir lassen uns also von Ranger Julie zwei Stunden lang auf einen Bergrücken führen, während sie uns von Rast zu Rast die lange, umwegreiche Geschichte der Erstbesteigung des Mount Denali erzählt. Am besten gefällt uns der Teil über Dr. Cook, der mit einem großen Team monatelang versuchte, einen Weg auf den Sechstausender zu finden. Schließlich gab man auf, Cook blieb aber noch mit einem Pferdeführer am Berg. Er telegrafierte in die Heimat, dass er einen letzten Versuch wagen wollte, und präsentierte schon nach wenigen Tagen ein Beweisfoto vom Gipfelsturm.

Seine vorher abgereisten Teampartner waren aber etwas kritisch, ob Cooks Glaubwürdigkeit. Als Cook dann zwei Jahre später plötzlich angab, nun auch der erste Mensch am Nordpol gewesen zu sein – ein anderer Entdecker aber zur gleichen Zeit wirklich am Nordpol war, und von einem Dr. Cook keine Spur finden konnte, sah man sich das Beweisfoto nochmal genauer an. Es stellte sich heraus, dass das Foto auf einem nur 5.000 Fuß hohen Grat unterhalb des fast 20.000 Fuß hohen Denali aufgenommen war.

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Simone unterbricht die Rangerin kurz, um auf einen Bären hinzuweisen, der unten im Tal unterwegs ist. Wie groß man ihn selbst aus dieser Entfernung sehen kann! Das macht deutlich, was für ein Riese der Grizzly ist. Julie funkt kurz die Kollegen im Visitor Center an, denn der Bär bewegt sich flott darauf zu. Auch beeindruckend, wie schnell der Bär im Gelände unterwegs ist, obwohl er noch nicht mal rennt.

Über kleine Schneefelder und bei schneidend kaltem Wind steigen wir weiter nach oben – so können wir auch die Geschichte der Besteigung des Denali ganz gut nachvollziehen…

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Während Ranger Julie bis zum Ziel im kurzen Hemd lief, trage ich fünf Schichten und friere trotzdem. Dennoch erreichen wir die Anhöhe. Telegramm in die Heimat: Berg bezwungen. Stop. Südgipfel in Wolken. Stop. Nordgipfel jetzt frei. Stop.

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Tatsächlich hat sich der Denali im Laufe unserer Wanderung langsam freigelegt, sodass wir ihn beim Abstieg schon recht gut, und auf der Rückfahrt perfekt sehen können. Rechts der Nordgipfel, links der etwas höhere Südgipfel.

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Auf der Rückfahrt nehmen wir noch einen letzten Bären mit.

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Und ein paar Dallschafe.

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Und einige Caribou.

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Und kurz vor dem Parkausgang noch ein paar Moose.

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Das war ein schöner Abschluss! Wir winken den Moose noch ein letztes Mal zu.

Nun bleibt uns nur noch das Kofferpacken. Morgen geht es zurück nach Anchorage und dann in’s weitgehend bärenfreie Deutschland.

Ach ja, einen hab ich noch – für alle, die Into the Wild von Jon Krakauer gelesen, oder den tollen Film von Sean Penn gesehen haben. Ganz in der Nähe von hier, keine vierzig Meilen nördlich des Eielson Visitor Center, steht mitten in der Wildnis der grüne alte Bus, in dem der Aussteiger Chris McCandless von Jägern letztlich – wenige Tage nach seinem Tod – gefunden wurde.

McCandless hatte das Glück in der Einsamkeit der Wildnis gesucht, um letztlich zu erkennen:

Happiness is only real when shared.

So true.

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Alaska & Yukon 2015

Meinen Bericht unseres Alaska-Trips könnt ihr hier lückenlos und chronologisch nachlesen: Alaska 2015 – Die ganze Reise

Das waren die Etappen:

Insomnia
Auf zu den Gletschern!
In die Kenai Fjords
Die Fähre nach Valdez
Eisberg voraus!
Top of the World
Dawson City
Gold! Gold! Gold!
Quer durch’s Yukon
Über den White Pass nach Skagway
Aurora Borealis
Skagway
Bärenhunger
Von Haines nach Haines Junction
Zurück nach Tok
Nach Fairbanks mit Zwischenstop am Nordpol
Fairbanks
Grande Finale: Denali