Hoh!

Heute fahren wir nach Hoh! Aber vorher schauen wir erst mal am Ozean vorbei. Und vorher vorher stärken wir uns mit einem Teller Apfel-Pancakes mit Lemon Butter, mmmmh!

Einen Zwischenstopp legen wir am Sol Duc River ein. Dort gibt es eine Stelle im Bachlauf, wo man angeblich die Lachse beobachten kann, wie sie den Fluss hinaufschwimmen. Die Lachse sind ja bekanntlich schlaue Kerlchen, die zwei bis sieben Jahre lang durch die Weltmeere ziehen, um dann ausgerechnet in den Bach zurückzukehren, in dem sie geboren wurden, um dort wieder für Nachwuchs zu sorgen. Und tatsächlich finden wir eine Stelle im Sol Duc River, eine kleine Stromschnelle, an der den Lachsen nichts anderes übrig bleibt, als einen knappen halben Meter hoch zu springen, um weiter stromaufwärts zu kommen. Wir hatten uns das zwar so vorgestellt wie im Fernsehen, dass es nur so vor Fischen wimmelt im Bach, aber in Wirklichkeit muss man schon ein paar Minuten warten, bis wieder einer vorbeikommt. Aber immerhin! Und die fantastische Regenwald-Kulisse rund um uns, macht das Warten auf den nächsten Lachs auch kurzweilig.

Nach etwas Fahrt durch die Wälder der Olympischen Halbinsel erreichen wir dann erstmals wirklich direkt den Pazifik. Die Strände hier tragen so schöne Namen wie First Beach, Second Beach und Third Beach. Am First Beach herrscht noch rauer Wind unter feucht-warmen Nebelschwaden. Wir verlegen das Picknick ins Auto, und nachdem ich den Müll weggetragen habe, ziehe ich verzweifelt am Türgriff um wieder in unseren weißen Toyota reinzukommen. Bis mir auffällt, dass Simone ja ein Auto weiter sitzt. Sorry, in der Tür vertan… Die schwüle Luft…

Wir steigen ab zum Second Beach. Zuerst geht der Weg durch besonders wilden Regenwald. Ohne Weg bräuchten wir hier sicher einen guten Tag, um zum Strand zu kommen. Mit Weg sind es 20 Minuten. Am Strand angekommen ziehen wir erstmal die Jacken aus – die Sonne kommt durch und augenblicklich wird aus feuchter Kälte eine schwüle Wärme. Die Strände im Nationalpark sind naturbelassen von Treibholz gesäumt, das silbern in der Sonne glänzt. Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang vorbei an Krebskarkassen, Bananenschnecken und allerlei eigenartigen angespülten Algen, setzen wir uns auf das angewärmte Treibholz und genießen die Stille. Gerne wären wir noch länger geblieben.

Doch auf den Abstieg zum Strand muss zwangläufig wieder ein Aufstieg folgen, und den nehmen wir nun in Angriff, um uns endlich auf den Weg nach Hoh zu machen, in den Hoh Rain Forest.

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Angekommen in Hoh stellen wir überrascht fest, wie angenehm warm es hier im Innern der Halbinsel an diesem Nachmittag ist. Eigentlich haben wir speziell für diese Ecke hier oben unsere ganzen Regensachen eingesteckt. Auf allen Fotos von dieser Gegend waren immer nur Nebel und Regen zu sehen. Und jetzt ist makelloser blauer Himmel über uns. Also auf in den Regenwald, der bei diesem Wetter erstmal gar nicht wirkt wie ein Regenwald.

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Die üblichen Warnhinweise vor wilden Tieren nehmen wir nur kurz zur Kenntnis – was wir später noch bereuen werden. Hier wird vor aggressiven Elk gewarnt. Elk sind übrigens Wapitihirsche, nicht zu verwechseln mit Moose, die wiederum eher den nordeuropäischen Elchen ähnlich sind. Rehe (deer), die wir mittlerweile unterwegs hinter jeder zweiten Garage die mühevoll gepflanzten Blumen knabbern sehen, zähle ich im Übrigen des Weiteren nicht mehr separat auf. Die sind einfach überall hier.

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Aber zurück zu den Hirschen. Es kommt wie es kommen musste, schon nach wenigen Metern auf unserem Wanderweg raschelt es im Gebüsch und es zeichnet sich ein großes Tier mit Geweih ab: Ein Elk, ein männliches. Nachdem wir schon Videos gesehen haben, auf denen diese Tiere unvermittelt Autos angegriffen haben, haben wir gehörigen Respekt und weichen erstmal vorsichtig zurück. Das Tier ist riesig! Vielleicht hätte ich mich auf dem Foto doch besser danebenstellen sollen, der Hirsch geht mir mindestens bis zu den Schultern. Nur wenige Meter vor uns überquert er den Wanderweg und bleibt dann im Gebüsch stehen. Wir geben anderen Wanderern Bescheid, gemeinsam warten wir erstmal ab. Ein älteres Paar aus Colorado bestätigt uns, dass dieses Exemplar ganz schön mächtig ist. Sie meinen, sie sehen zuhause häufig Elk, aber dieser sei schon stattlich. Da auch sie wissen, wie aggressiv diese Tiere sein können, kehren sie gemeinsam mit uns lieber um. Wir gehen den Weg (eine Schleife von zwei Meilen) nun lieber in der Gegenrichtung, aber nicht ganz ohne Nervosität. Bei jedem Knacken im Dickicht suchen wir die Büsche mit den Augen ab. Und am Ende des Weges werden wir ja doch wieder an dieser Stelle vorbeikommen.

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Nachdem sich unsere Adrenalinspiegel nun langsam wieder senken, können wir auch den Weg durch den von Moosen bewachsenen Regenwald genießen. Die Fotos geben diese Märchenlandschaft nur bedingt wieder. Mit langen Bärten haben die Moose hier in dieser immerfeuchten Gegend die Bäume oft komplett in Beschlag genommen. Am Waldboden wachsen Farne und weitere Moose. Der Wald um uns herum gehört zu den ältesten Wäldern Nordamerikas und einige der gewaltigen Zedern um uns herum sind so hoch, dass man bis zur Krone gar nicht hinaufblickt, so dicht und eng ist alles bewachsen.

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Wir sind während des ganzen Weges immer froh, zwischendurch einzelne Wanderer zu treffen. Letztlich kommen wir an eine Lichtung, an deren Rand im Dickicht mehrere Elchkühe auszumachen sind. Und im Hintergrund hört man das Rufen des Hirschen, diesen Ruf hatte er auch vorher schonmal ausgestoßen, als wir ihm ganz nah waren. Der will den Damen wohl an die Wäsche, aber da müssen wir nun wirklich nicht dabei sein. Wir machen uns zügig auf den Rückweg, plötzlich hören wir, dass da etwas großen ganz schön schnell durch das Gebüsch rennt. Das Knacken der wegbrechenden Äste kommt immer näher und wir suchen Schutz an einem dicken Pfahl des Geländers, das uns auf diesem Wegstück etwas Sicherheit vorgaukelt. Das Knacken hört auf, wir hören nichts mehr. Jetzt nichts wie zurück zum Auto.

Am Visitor Center angekommen, lesen wir die Warnung vor den Elk nun noch einmal genauer durch. Werden wir in Zukunft dann wohl immer so machen… Man soll sofort den Ranger informieren, steht da, aber der Ranger ist schon heimgegangen. Den Wanderern, die uns noch entgegen kommen wünschen wir viel Glück und verlassen den verwunschenen Wald. Das war Hoh.

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