Houston, wir haben …

… überhaupt kein Problem! Denn: Problem erkannt, Problem gelöst. Die Lüftung im Zimmer hat – obwohl ausgeschaltet – einen Lärm gemacht, wie ein U-Bahn-Schacht. Aber glücklicherweise hat der Innenarchitekt sich des Problems in Form passgenauer Möbelstücke angenommen. Also habe ich die erste Nacht in Houston geschlafen, wie ein kleiner Ölmillionär. Also, bis 4 Uhr halt. Aber war okay!

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Weitere Erkenntnis des ersten Tages: Die Sonne geht hier in Texas aktuell so um 19:30 unter, um 19:35 ist es dann stockdunkel. Scheint doch ganz schön im Süden zu liegen. Während ich diese Absätze tippe, haben sie draußen übrigens von stockdunkel wieder auf hell umgeschaltet. Zeit auch für die wichtigste Mahlzeit des Tages – mengenmäßig vielleicht auch die einzige…

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If you ever go to Houston…

If you ever go to Houston
Better walk right
Keep your hands in your pockets
And your gun-belt tight
You’ll be asking for trouble
If you’re lookin‘ for a fight
If you ever go to Houston
Boy, you better walk right

Bob Dylan

Die Hände hatte ich wohl in meinen Taschen, aber auf den Pistolengürtel konnte ich verzichten. Durch die tiefen Häuserschluchten Downtowns zieht ein unglaublicher Wind, und die Sonne erreicht am Morgen nur wenige Straßenzüge, denn die Wolkenkratzer werfen noch lange Schatten.

Viel kann ich nicht berichten über Downtown Houston. Zu wenig Zeit, und die falsche Tageshälfte, in der ich unterwegs bin. Es gibt einige nette Parkanlagen, Kunst am Bau, interessante Architektur, viele Restaurants – aber für Touristen eigentlich nichts anzusehen. Am Vormittag bestehen Städte wie Houston nur aus Verkehr und Baulärm, und Fußgänger auf den Straßen sind Mangelware. Trotzdem lustig zu wissen, dass ich heute vormittag definitiv der einzige Tourist in dieser Metropole war. Ich bin zum Kaffee verabredet, was sich als recht nett herausstellt, nach Mittag gönne ich mir noch ein kleines Sonnenbad auf einer der Holzterrassen auf dem Discovery Green (einer neu gestalteten Parkanlage am Rande des Zentrums). Dann muss ich Houston auch schon wieder verlassen – es ruft die Arbeit (okay, auch das Asics Outlet hat unterwegs noch kurz gerufen – vielleicht hab ich Bob Dylan da irgendwie falsch verstanden – you better walk right).

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Unterwegs nach College Station

Auf die Rechnung vom Mietwagenvermieter bin ich gespannt. Nach College Station sind es zwei Stunden Fahrt, egal ob von Houston, Dallas oder Austin. „In the Middle of Nowhere“ trifft hier also ziemlich exakt zu. In Houston führt der Freeway viele Spuren breit über und unter zahlreichen Rampen, Autobahnauf- und abfahrten und Viadukten vorbei. Ohne Navigation wäre ich hier verloren. Auch mit Navigation fühle ich mich etwas verloren. An einigen Baustellen wird die Straße noch ein oder zwei Etagen höher verlegt, und es ist schwer auszumachen, welche der Abfahrten der Navi nun meint, zeitweise kennt er die Streckenführung noch gar nicht. So gelingt es mir selbstverständlich, nachdem ich aus der Stadt gerade heraus bin, versehentlich auf eine privat betriebene Bezahlautobahn (einen Tollway) zu geraten, den es im Navigationsgerät einfach noch gar nicht gibt. Und der Tollway führt – ganz genau – wieder zurück in die Stadt. Zum Glück gibt es nach einigen Meilen auf der frisch eröffneten Strecke eine Abfahrt. Hier drehe ich um, bin aber vorher natürlich schon unter den Geräten vorbeigefahren, die die Maut unerbittlich erheben, indem sie ein in der Windschutzscheibe klebendes Toll Tag per Funk erfassen. Laut Mietvertrag habe ich durch diesen kleinen Umweg – natürlich zusätzlich zur Maut – eine Gebühr von 5$ ausgelöst, die der Vermieter dann aber für den gesamten Mietzeitraum gleich täglich (!) erhebt. Na vielen Dank.

Aber gut, hilft jetzt nix – wieder zurück auf den Freeway, und diesmal nehme ich die richtige Spur.

Amüsant übrigens, wie dieser frisch gebaute Tollway noch aussieht. Rechts und links der Fahrspur liegt fünf Zentimeter hoch Schutt und Kies auf der Fahrbahn, auch die allgegenwärtigen geplatzten Reifen liegen hier schon rum. Zuhause ist seit einem Jahr Tempo 80 auf unserer Umgehung, wegen „neuem Fahrbahnbelag“. Ich lach mich tot. Und würde man einem Ami erzählen, dass bei uns geplatzte Reifen im Radio durchgesagt werden – er würde das schlichtweg nicht verstehen.

Unterwegs überhole ich einige Schwertransporte, die neue Betonteile zum Höherlegen weiterer Autobahnen anliefern. Was zuhause unter massivem Polizeieinsatz nur zwischen drei und vier Uhr nachts – und selbstverständlich nur bei Schritttempo – möglich wäre, rollt hier einfach mitten durch den Berufsverkehr. Abgesichert durch ein paar mitfahrende Begleitfahrzeuge – stinknormale Pkw mit einem gelb-schwarzen Bettlaken über der Kofferraumhaube. So einfach geht das. Später überholt mich gar ein ca. 30 Meter langes Propellerblatt auf einem Tieflader – bei Tempo 80 mph – also guten 120 km/h. Sportlich.

Landschaftlich ist die Fahrt hübsch, aber eintönig. Links der Straße Farmland, grüne Wiesen und Rindviecher. Rechts der Straße ebenso. Ganz leicht hügelig, sodass man nicht weit in die Ferne blicken kann. Irgendwann erheben sich dann imposant die Türme der Studentenstadt College Station aus dem Nichts – es sind deren Wassertürme. Das College wurde schon im 19. Jahrhundert gegründet, an einem Ort, an dem es vorher nur eine namenlose Bahnstation gab. Da man verpasste, dem Ort einen Namen zu geben, übernahmen das die Schaffner, die als nächste Station eben „College Station“ ansagten. Heute leben hier über 50.000 Studenten und jeder Kettenladen des Landes hat eine Filiale an der Zufahrt zum Campus aufgemacht. Der Zug hält schon lang nicht mehr, dafür unterhält die Uni ihren eigenen Flughafen mit täglicher Anbindung an Dallas und Houston. Ansonsten wäre noch die George Bush Bibliothek mit angehängtem George Bush Museum hervorzuheben – der ganze Stolz der Universität. Sie liegt gleich hinter dem George Bush Field, am Ende des George Bush Parkway. Leicht zu finden. Wenn man denn hin will.

Howdy – Welcome to Aggieland

„Aggiland“ ist der Spitzname der Uni, die eigentlich Texas A&M heißt. Der Name deutet noch die anfänglichen Kernfächer Agriculture & Mechanics an. Sie ist die viertgrößte Universität der USA, die größte Texas und echt weit ab vom Schuss. Die Studenten sind die „Aggies“ und man grüßt sich ausschließlich – schon etwas selbstironisch – mit dem offiziellen Campusgruß „Howdy“. An der Betonung erkennen Eingeweihte, ob es sich um einen echten Aggie handelt, oder ob es nur ein Besucher ist. Jeder Aggie grüßt jeden Aggie auf dem Campus mit einem Lächeln und einem „Howdy“. Vorträge und Vorlesungen beginnt der Professor mit einem „Howdy“ und alle Studenten antworten ihm mit einem „Howdy“. Zur Verabschiedung sagt man dann nicht „Goodbye“, sondern „Gig’em“ und hält einen Daumen hoch.

Die Aggies leben den Aggie Spirit. Die Lieblingsfarbe der Aggies ist maroon, und so gibt es auch alles möglich zu kaufen in maroon im uni-eigenen Giftshop.

In Ihrer Hymne singen die Aggies:

We are the Aggies – the Aggies are we
True to each other as Aggies can be
We’ve got to FIGHT boys
We’ve got to fight!
We’ve got to fight for Maroon and White

Und später heißt es dann:

T-E-X-A-S A-G-G-I-E
Fight! Fight! Fight-fight-fight!
Fight! Maroon! White-White-White!
A-G-G-I-E
Texas! Texas! A-M-C!
Gig ‚em, Aggies, 1-2-3
Farmers fight! Farmers fight!
Fight! Fight!
Farmers, farmers fight!
A! Whoop!

Wobei die vorherigen Zeilen geschrien werden (engl. to yell). Dazu werden eigens sogenannte Yell Leader, also Vorschreier, auserwählt, die den Ruf vorbrüllen, der dann von den Aggies nachgebrüllt wird.

Ich lass das jetzt einfach mal unkommentiert…

Aber einen hab ich noch: Im Rahmen der Midnight Yell Practice finden sich die Aggies immer um Mitternacht vor Football-Spielen in ihrem Stadion ein, um das Repertoire ihrer Kampfschreie abzustimmen! Die Aggies haben nämlich keine Cheerleader, sondern ihre Yell Leader, die mittels Handzeichen die Menge dirigieren und so unisono ihr Team anfeuern – oder einfach nur den Gegner anschreien. Bei der Midnight Yell Practice wird dann auch noch kurz das Licht runtergedreht, und jeder Aggie küsst sein Date! Das ist jedoch nur gewissenhafte Übung fürs Spiel, denn auch dann küsst nach jedem Punkt seines Teams jeder Aggie sein Date.

Es gibt Geschichten, die kann man nicht erfinden. So wächst sie auf, die zukünftige Elite dieses Landes.

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Höllenhunde, Mondgestein und toter Fisch

Okay. Howdy!

Ich muss sagen, ein bisschen sind sie mir doch an’s Herz gewachsen, die Aggies. Die drei Tage in College Station sind schneller vergangen als erwartet. Leider hat das Wetter umgeschlagen und es regnet heftig, während ich nach Houston zurückfahre. Wenn es in Texas regnet, dann richtig. Everything’s bigger and better in Texas heißt es ja auch… Im Falle des Regens trifft natürlich nur das bigger zu.

Die Fahrt verläuft sonst ereignislos. Natürlich ist unterwegs mal eben die Interstate an einer Baustelle gesperrt: All vehicles have to exit. Nach der Abfahrt keinerlei Hinweisschild, wie’s weiter geht, und so lande ich prompt zum zweiten Mal auf dem schon auf der Hinfahrt inspizierten nagelneuen Tollway Richtung Süden. Wie gehabt: Durchfahrt durchs toll gateca-shing – Wenden an der zweiten Ausfahrt und nochmals Durchfahrt durchs toll gate – ca-shing. Wenn die Texaner wüssten, wie sehr ich innerhalb einer Woche zum Ausbau deren Mautstraßen beitrage!

Im Dunkeln erreiche ich den NASA Parkway im Süden Houstons. Um zehn schlafe ich über meinem Buch ein. Hatte ich wohl etwas Schlaf nachzuholen…

Der Sonntag startet mit einigen soliden Wolkenbrüchen. Später soll es trockener werden, dafür Sturm geben. Prima! Ich werfe mein Wanderprogramm über den Haufen und werde stattdessen heute Kultur machen. Allem voran Frühstückskultur. Starten wir den Tag mit ein paar Vitaminen…

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Dann Kunst: In Houston ist Rodeo-Wochenende und im Fernsehen übertragen sie live eine Versteigerung naiver Gegenwartskunst zugunsten eines guten Zwecks. Dieses bewegende Gemälde …

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… wird von dem kleinen Dicken ganz links …

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für schlappe zweiundneunzigtausend Dollar ersteigert!

Weiterhin führt mich mein Kulturprogramm nun wetterbedingt in die nächstgelegene, glücklicherweise überdachte Mall. Endlich finde ich Gelegenheit, mir mal neue Turnschuhe zu gönnen.

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Kein Kulturtag kommt ohne einen Ausflug zu einer Antiquitätenbörse aus.

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Joe und Terry leben in Seabrook inmitten eines riesigen Haufens Gerümpel.

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Doch draußen in der Garage röstet Joe sieben verschiedene Kaffeesorten. Alles unter Aufsicht des kleinen Höllenhundes „Skipper“, der bei meiner Ankunft noch schläft. Zuerst darf ich drei verschiedene Kaffeesorten verkosten. Aus einer echten Tasse, das ist schonmal ein gutes Zeichen. Ich lasse mir einen Cappuccino zubereiten und setze mich mitten ins zugestellte Wohnzimmer. Meinen Cappuccino bekomme ich im Pappbecher.

Ich soll unbedingt nach Galveston rausfahren, den Golf von Mexiko besuchen und die Riesenmuscheln vor den Muschelläden ansehen. Aus irgendeinem Grund wird mir ein großes Muschelinteresse unterstellt. Nach etwas Diskussion einigen sich die beiden aber, dass die Riesenmuscheln seit Hurrican Ike 2008 gar nicht mehr da sind. Dafür erfahre ich, dass draußen auf der dem Festland vorgelagerten Halbinsel bei der furchtbaren Sturmflut von 1900 über 10.000 Menschen ums Leben kamen. Die toten Körper fuhr man dann mit Kuttern raus auf die See, und nach wenigen Tagen wurden sie wieder an den Stränden angeschwemmt. Wie gesagt, ich soll mir das unbedingt ansehen. Und vielleicht sind die Muscheln ja doch noch da.

Letztlich bekomme ich noch eine kurze Führung durch die NASA-Abteilung dieses kleinen Museums. Neben allerlei Werkzeugen und Apollo-Abzeichen ist hier besonders das echte Mondgestein hervorzuheben. Wie die Steine hier in den Laden gelangt sind, ist nicht ganz nachzuvollziehen, jedoch hat Joe schon mehrere Wissenschaftler der NASA angeschrieben – doch bisher wollte noch keiner die verloren gegangenen Schätze bei ihm abholen. Das Preisschild („priceless“) hat er aus juristischen Gründen angebracht: Der Verkauf von Mondgestein ist natürlich streng verboten.

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Letztlich wacht „Skipper“ doch noch auf, weitere Kundschaft kommt in den Laden, ich bezahle meinen Kaffee und ziehe von Dannen.

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Ein paar Blocks weiter fällt mir auf, dass hier die Bewohner (zumindest der clevere Teil von ihnen) ihre Häuser auf Stelzen bauen, einige beginnen sogar erst im zweiten Stock.

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Ich fahre etwas an der Küste entlang und bemerke reges Treiben an einigen auf Stelzen stehenden Lagerhäusern. Der Aufschrift nach soll hier heute Crawfish live auftreten. Wow, Crawfish! Kenn ich nicht. Aus der Nähe betrachtet wird klar, dass es doch nur Fischgeschäfte sind, die lebendige Schalentiere anbieten.

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Aber auch das Fischangebot macht was her. Interessant auch: Hier bringt man einfach seinen größten Kochtopf mit und lässt sich den mit Riesengarnelen vollfüllen, die dann zuhause gleich auf dem Herd landen.

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Ich fahre noch eine Meile nach Norden und mache einen kurzen Spaziergang in einem Vogelschutzgebiet. Damit beschließe ich mein heutiges Kulturprogramm.

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Kommen wir endlich …

… zum eigentlichen Grund meiner Reise: dem großen BBQ-Test!

Auf zu Pappas Bar-B-Q.

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Die schrankgroßen Smoker werden jeden Morgen um 5:30 Uhr angeworfen.

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Auf meiner Ribs Mixer Plate gesellen sich: ein Beef Rib, zwei Pork Ribs und weitere drei Baby Back Ribs. Dazu Cole Slaw und fingerdicke Fries.

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Woah.

Mission Control, was steht an?

Howdy. Heute habe ich einen Termin bei der NASA. Astronautenbewerbung abgeben und so. Naja. Vom Besucherzentrum am Johnston Space Center habe ich nicht viel Positives gehört – also habe ich mich stattdessen rechtzeitig für die Level 9 Tour angemeldet: Jeden Tag gibt es für exakt 12 Personen eine ganztägige Führung hinein ins Herz der NASA.

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Mit Betriebsausweisen ausgestattet trifft sich die Gruppe mit David, unserem Guide für diesen Tag. Der Astronaut über unseren Köpfen ist entweder ganz schön weit von der ISS abgetrieben, oder die ISS im Hintergrund ist in Wirklichkeit nur ein verkleinertes Modell. Auf jeden Fall verspricht uns David, dass wir heute garantiert echte Astronauten sehen werden, und auch die Mission Control der ISS steht auf unserem Programm.

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Zunächst fahren wir eine Viertelstunde über das weitläufige Gelände der NASA. So weitläufig, dass hier sogar Rinderherden gehalten werden, respekteinflößende Longhorns, und auch Rehe laufen uns an mehreren Kreuzungen in ganzen Rudeln über den Weg.

Wir erreichen zuerst das Neutral Buoyancy Laboratory. Hier gibt es einen riesigen Pool, in dem verschiedene Bauteile der ISS versenkt sind, um in der simulierten Schwerelosigkeit Außeneinsätze, Montage- und Reparaturarbeiten zu trainieren. Die Astronauten schlüpfen dazu in ihre Weltraumanzüge und an ihren Beinen werden gut austarierte Gewichte befestigt, sodass sich Auftrieb und Erdanziehung in etwa aufheben. Da ein Außeneinsatz im Weltraum sieben Stunden dauert, bleibt der Astronaut auch hier im Pool sieben Stunden und wird dabei von mindestens vier Tauchern überwacht – denn sollte ihm etwas passieren, wäre er mit dem Anzug nicht in der Lage, sich selbst irgendwie zu helfen.

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Direkt unter uns sehen wir den Astronauten beim Training im Wasser. Ein Taucher filmt die Arbeit fortlaufend, um später eventuelle Fehler zu diskutieren. Davon profitieren auch wir und können so genau verfolgen, wie schwierig es ist, sich in der simulierten Schwerelosigkeit zu bewegen.

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Weiter geht’s in eine riesige Halle, in der allerlei originalgroße Modelle der verschiedenen ISS-Module, des Space Shuttles, der Sojus-Kapseln und auch noch einiger Kuriositäten versammelt sind. Tatsächlich wird an einigen Stellen gearbeitet, es wird mittels Rauchgenerator ein Brand in der ISS geprobt und am großen Simulator werden Ankoppel-Manöver geübt.

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Da wir eine neugierige Truppe sind, verspricht uns David, dass wir (groooße Ausnahme…) in den einzigen voll funktionsfähigen Space Shuttle Simulator hineinklettern und einmal auf dem Platz des Commanders sitzen dürfen. In dem Simulator ist die komplette Bordelektronik des Shuttles verbaut und verkabelt, exakt wie im Original-Shuttle. Im Grunde ist es ein komplett funktionierender Shuttle, nur eben ohne Hülle. Wir befinden uns hier im Ladedeck:

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Vorne im Mitteldeck wird es schon etwas enger, dann zwängen wir uns eine enge kleine Stiege hinauf ins Cockpit.

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Im Cockpit ist es schon für sechs Personen reichlich eng und man muss sich ziemlich verbiegen, um auf einen der Stühle zu klettern. Ich sitze auf dem Platz des Commanders (links), während rechts von mir der Pilot seinen Stammplatz hat. Auf exakt diesem Sitz saß vor mir tatsächlich jeder Commander wirklich aller Shuttle-Missionen und hat hier die Landung des Shuttles trainiert!

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Das Ganze war definitiv nichts für Klaustrophobiker und so kehren wir nach diesem Highlight erstmal in der NASA-Kantine ein. Gut möglich, dass mit uns auch Astronauten in der Schlange stehen, sagt David, allerdings tragen sie in der Kantine ihre Helme nicht…

Weiter geht’s zum nächsten Höhepunkt: Mission Control der International Space Station (ISS). Da die Crew gerade schläft und die Station sich in einem Funkschatten befindet, ist es im Kontrolzentrum aktuell recht ruhig. Der Flight Director in dieser Schicht heißt Ed und trägt letzte Verantwortung für die milliardenteuere ISS. Eine Reihe vor ihm sitzt der Operations Planner, der die Tagesplanung der aktuell drei Astronauten auf der ISS im Griff hat, und den Astronauten alle fünf Minuten durchgibt, was sie als Nächstes zu tun haben. Im Moment ist aber „Crew Sleep Time“, die Crew hat frei. Die Lieblingsbeschäftigung der Astronauten in ihrer Freizeit während ihrer sechsmonatigen Einsätze ist übrigens: Zur Erde runterschauen.

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An der Stirnseite des Kontrollraums sieht man auf einer großen Karte über welchem Kontinent sich die ISS gerade befindet. Sie rast 16 Mal am Tag um den Globus, während unseres Besuchs überquert sie ganz Asien. Auf weiteren großen Monitoren ist nur ein schwarzes Bild zu sehen. Auf der ISS ist aktuell Nacht. Aber bei 16 Sonnenauf- und untergängen innerhalb 24 Stunden kann es nicht lange dauern, bis die Sonne aufgeht. So sehen wir auf einem Monitor das Live-Bild von der ISS. Dort wird zuerst als dünne Sichel die erhellte Atmosphäre der Erde erkennbar. Und ganz plötzlich geht die Sonne auf!

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Nun wird auch die ISS angeleuchtet und auch auf den anderen Monitoren ist etwas zu sehen: Der Blick auf einige Module der Station.

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Schon bald ist der ganze Erdball in der Sonne und man sieht wie schnell sich die Erde unter der ISS hinwegdreht.

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Das war ganz schön aufregend – im Übrigen ist es gut, zu wissen, dass auch die ISS nicht ohne Glücksbringer auskommt.

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Wir fahren nun eine Etage nach oben, in die unter Denkmalschutz gestellte historische Mission Control der Apollo-Missionen. Von hier wurde die erst Landung auf dem Mond überwacht, genauso wie der dramatische Flug der Apollo 13.

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Vom Drehstuhl des Mission Director aus sieht man die, an den Wänden befestigten Plaketten aller erfolgreicher Missionen, so auch der Apollo 11 – Mission, die Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf den Mond und wieder zurück beförderte. David hat ein iPad mitgebracht und zeigt uns hier noch viele Fotos der damaligen Akteure aus seinem privaten Fotoalbum – er war selbst als Ingenieur an zahlreichen Apollo-Missionen beteiligt. Heute ist er pensioniert und führt zwei Mal in der Woche eine Gruppe durch die NASA, worüber wir uns natürlich sehr freuen.

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Das rote Telefon – ich frage nach – ist nicht original, sondern hier stand früher ein schwarzes Telefon, mit dem der Verbindungsoffizier der Streitkräfte im Falle einer missglückten Landung die Bergung der Astronauten anordnen konnte.

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Ein geschichtsträchtiger Ort.

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Mit den Highlights sind wir nun durch, und wir sehen uns noch die originalgroße Rakete an, mit der die Apollo-Kapsel seinerzeit zum Mond geschossen wurde.

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Am Ende sind die sechs Stunden vergangen wie im Flug, ich sehe mir noch einen kleinen Teil der Ausstellung im Space Center an (der Rest des Space Centers ist eher ein Kinderspielplatz).

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Nach so vielen Eindrücken schreit mein Körper jetzt aber echt nach Zucker. Ich fahre nochmal rüber nach Seabrook, dort habe ich gestern einen vielversprechenden (Sonntags geschlossenen) Laden verortet, der jetzt fällig ist: Seabrook Wafflehouse!

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Hier gibt es neben warmer Nachmittagssonne echte Belgische Waffeln. Ich entscheide mich für die Kreation „Black Gold“ und werde nicht enttäuscht.

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Ich bin ein First Timer.

So, kommen wir zum Abendprogramm. Der Besuch bei Pappas gestern war ja schon ganz nett, wenn auch die Ribs etwas saftiger hätten sein dürfen. Heute nehme ich mir vor:

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Hinter Rudy’s Bar-B-Q steht containerweise Holz zum Räuchern bereit, aus den vier Kaminen raucht es heftig. Schon das Aroma auf dem Parkplatz haut einen um.

Drinnen sehe ich mich erstmal um, und werde gleich als Neuling erkannt: Ich soll mich brav anstellen, dann sagen, dass ich ein First Timer bin, dann bekomme ich alles erklärt und darf mich erstmal durchs Angebot durchkosten. Na, das klingt doch prima.

Ich tue wie befohlen und die Jungs hinter der Theke schneiden mir ein paar Sampler aus den Fleischbrocken, die sie den Smokern hinter sich entnehmen. Als erstes soll ich den Truthahn probieren. Ja nun, danke, trockenen Truthahn kenne ich zu Genüge. Aber unfassbar: Das Fleisch trieft nur so vor Saft und schmeckt so unglaublich rauchig lecker, wow… Aber eigentlich bin ich gekommen, um heute Brisket zu probieren. Das dürften wohl Bruststücke vom Rindvieh sein. Die gibt es hier in drei Varianten, von mager bis durchwachsen. Ich probiere sie alle durch und lasse mir dann ein halbes Pfund vom Durchwachsenen abwiegen. Dazu packe ich noch ein paar Jalapeños und etwas Cole Slaw in mein Körbchen und suche mir einen Tisch. Dort gibt es zur Auswahl: Rudy’s Sissy Sauce und Rudy’s Barbecue Sauce, die beide unbeschreiblich lecker sind. Und das Fleisch ist zart wie sonstwas.

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Jetzt bin ich kein First Timer mehr, und satt bin ich auch. Und ich würde sagen: Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben echtes Bar-B-Q gegessen. Gig’em.

Alligatoren, Golf und Ende

Howdy. Letzter Tag. Ich stärke mich ein letztes Mal mit Joghurt, Beeren, Pancakes und Bacon. Heute möchte ich den Alligatoren am Brazos Bend einen Besuch abstatten; wenn sie mich erwischen wäre es doch schade, wenn ich keine anständige Mahlzeit hergäbe. Nach einstündiger Fahrt erreiche ich die Sumpflandschaft am Brazos River. Das Schild ist vielversprechend, aber ob man hier wirklich Alligatoren antrifft? Mit ganz viel Glück vielleicht.

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Am See haben sie gleich ein furchteinflößendes Schild aufgestellt. Aber Moment, wer liegt denn da?

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Ja Wahnsinn, gleich am Angelsteg sonnen sich schon zwei. Ganz schöne Kaliber, ich hab mir die kleiner vorgestellt.

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Beim Spaziergang um den See treffe ich noch auf so einige Exemplare. Die sind ganz gut getarnt und haben auch ziemlich die Ruhe weg. Tatsächlich zucke ich jedes Mal zusammen, wenn ich plötzlich merke, dass da ein Alligator direkt neben mir ist. Auf dem Weg halte ich mich lieber mittig. Ein Suchbild – Spot the alligator!

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Es gibt auch jede Menge Vögel von groß bis klein. Aber die Alligatoren können die natürlich nicht toppen.

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Wann muss man schon mal einen Schritt zurückgehen, um bei vollem Weitwinkel ein Tier komplett auf die Linse zu bekommen?

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Auch hübsche rote Vögel gibt’s, die sind aber ein bisschen scheu.

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Dieser Kollege hat wohl schon gegessen, oder er mag kein Geflügel.

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Die „Herons“ gibt es in schwarz, grau und weiß.

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Sie sind aber etwas schreckhaft.

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Es gibt hier Oak Trees und sogar Pekan-Bäume! Die riesigen alten Eichen werfen ihre Äste aus wie Lianen (oder wahrscheinlich ist das eher irgendein anderes Gewächs, das sich am Baum festhält).

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Schön ist’s, doch nach drei kurzen Wanderungen mache ich mich dann auf in Richtung Süden. Ich möchte den Golf von Mexiko ja zumindest mal kurz gesehen haben.

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Die Gegend unterwegs ist eintönig und ländlich. Doch irgendwann riecht es schon nach Meer, oder eher irgendwie chemisch. Tatsächlich fährt man über eine Brücke, und plötzlich ist man bei der BASF. Bis zum Horizont nur Raffinerien und Chemie-Krimskrams. Dann nochmal eine steile, hohe Brücke und ich bin in Surfside Beach. Hier, direkt vor dem Strand stehen hunderte kleine Holzhäuser auf Stelzen herum. Die meisten sind lustig bunt angestrichen, mussten sie nach Hurricane Ike vor sechs Jahren sicher größtenteils neu aufgebaut werden. Andere sind durchlöchert und aufgegeben.

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Und da ist er: der Golf von Mexiko. Weit draußen Tanker und Ölplattformen, und am Strand wird sogar gebadet, so warm ist es.

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Diese Bar hat ein lustiges Sonnendeck, also gehe ich hier was trinken. Eher ein Biker-Schuppen: es kostet schon etwas Überwindung, in den stockdunklen Laden mit all den Harleys davor reinzumarschieren. Aber mir wird gleich ganz freundlich der versteckte Zugang zur Terrasse gezeigt, und ich bekomme ohne zu fragen meine Cola mit Strohhalm. Kein Biker halt.

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Eine Stunde fahre ich über den Bluewater Highway nach Westen, vorbei an langen Stränden und immer wieder kleinen Orten mit hunderten aufgebockten Häusern. Die Häuser werden immer größer, bald sind es ganze Wohnanlagen, dann kommen Hotelbunker, dann ein Walmart Supercenter, dann bin ich wohl in Galveston angekommen. Hier geht es zu wie in Brighton Beach (ohne dass ich dort jemals gewesen wäre…). Grauenhaft. Ich gönne mir einen kühlenden Frappé und bummle noch etwas durch die Altstadt, die mit Kneipen unter hohen Balkons ein bisschen wie New Orleans aussieht (ohne dass ich jemals dort gewesen wäre).

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Ist aber schon echt ein bisschen runtergekommen hier.

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Das rechte Gebäude übrigens: Die Baumwollbörse.

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Letztlich mache ich Feierabend, fahre zurück zum Flughafen – aber unterwegs gönne ich mir noch ein Pfund Bar-B-Q bei Rudy’s. Bin ja jetzt kein First Timer mehr! Gig’em!