Neuengland 2019

Meinen Bericht könnt ihr hier lückenlos und chronologisch nachlesen:
Neuengland 2019 – Die ganze Reise

Das waren die Etappen:

Ein Sandwich in Sandwich, und eine letzte Geschichtsstunde in Plymouth

Ein letztes Mal packen wir heute unser Sach zusammen und verlassen Provincetown. Auf dem Weg vom äußersten Ende des Cape zurück zum „Festland“ stoppen wir noch für einen (sehr) kleinen Farmer’s Market in Wellfleet und machen einen weiteren obligatorischen Einkaufsstopp am Supermarkt. Für die Weiterfahrt entscheiden wir uns gegen den vielbefahrenen Highway und nehmen auf kleinen Nebenstrecken noch einmal das Cape und Neuengland „pur“ mit.

Schon fast am „Festland“ angelangt statten wir noch dem Boardwalk in Sandwich einen Besuch ab, der den Ort über das Marschland mit dem Strand verbindet. Hier sind die Namen aller Gönner, die zum Bau des neuen Steigs beigetragen haben, in den Planken verewigt.

Blöderweise fängt es nun gerade an zu regnen und so fahren wir noch einmal zurück zum Ortszentrum von Sandwich und essen – natürlich – ein Sandwich.

Dann geht es wieder weiter in Richtung Boston. Wir überqueren die alte Sagamore Bridge und kehren somit dem Cape endgültig den Rücken zu.

Einen letzten Halt auf dem Weg nach Bosten haben wir noch auf dem Plan: In Plymouth, dort wo die Pilgerväter einst von der Mayflower an Land gingen, hat man das erste Dorf der Siedler nachgebaut. In der Plimoth Plantation besucht man zuerst die Hütten der Natives, die hier ja bekanntlich schon etwas länger als die Siedler lebten.

Tatsächlich hatten die aus der Alten Welt mitgebrachten Krankheiten die ursprünglichen Bewohner der Neuen Welt schon derart dezimiert, dass die Siedler von der Mayflower ein verwaistes Dorf als Ausgangpunkt für Ihre Besiedlung nutzten. Und dieses Dorf wurde hier eben eins zu eins nachgebaut. Wir betreten das Gelände am alten Fort, das zugleich der Verteidigung und für Versammlungen diente.

Dann geht es den Weg hinunten, wo die Familien der Siedler ihre Häuser bewohnen, ihr Vieh halten und ihre Gärten und Felder bewirtschaften.

Schaut man in die Häuschen hinein, dann trifft man dort die Bewohner, die fest in ihrer historischen Rolle bleiben und denen man nach Belieben Löcher in den Bauch fragen kann. Über die Überfahrt auf der Mayflower, warum sie sich diesem Abenteuer überhaupt angeschlossen haben, die miserable Situation zuhause in England, die harten ersten Jahre hier in Neuengland, und, und, und…

Wir lassen uns erklären, was im Garten wächst …

… und hören zu, was die Hausfrau so zu erzählen bereit ist, wenn der Mann sie draußen auf dem Feld nicht hören kann.

Nach dieser letzten Geschichtsstunde müssen wir nun wirklich los, wollen wir ja das 20-Uhr-Schiff, äh, Flugzeug in die Alte Welt nehmen.

Auf dem Weg zum Flughafen wird uns noch einmal verdeutlicht, dass den ersten Siedlern noch einige andere folgten. Eine gute Stunde dauert es, bis wir den Stau im Ted Williams Tunnel überstanden haben.

Auch hat es während unseres Besuchs in der Plimoth Plantation langsam angefangen zu regnen und auf der Weiterfahrt dann zu schütten. So sind wir froh, dieses grässliche Neuengland-Spätherbst-Wetter nur einen einzigen Tag erwischt zu haben – stattdessen durften wir unseren Sommer hier um noch zwei Wochen verlängern! Huzzah!

Düüünen

Nachdem wir gestern den Strand unsicher gemacht haben, zieht es uns heute noch einmal hinaus in die Dünenlandschaft am „Outer Cape“.

Der Aufstieg auf die erste Düne ist etwas beschwerlich.

Das Meer am anderen Ende des Dünengürtels ist kaum zu erahnen.

Nach einigem Auf und Ab sehen wir schließlich die erste Strandhütte. Die historischen Dune Shacks stehen heute unter Schutz der Nationalparkbehörde, werden aber zumeist noch bewohnt. Die Hütten sind hier draußen aber auch das einzige Indiz für Zivilisation.

Schraubt man das Teleobjektiv wieder ein, erkennt man leider …

… dass das Meer immernoch ganz schön weit weg ist.

Wir geben aber nicht auf und klettern weiter von Düne zu Düne.

Zwischendurch verlieren wir zwar den Weg etwas …

… finden ihn aber bald wieder.

Jetzt haben wir es bald geschafft!

Nur noch ein Hügel!

Und da ist er: Der Atlantik. Wild und ungestüm… Ein erstes Absuchen der Brandung: Sind vielleicht Seehunde zu sehen?

Ein Blick zurück: Direkt unter dem Turm in Ptown wohnen wir.

Und ob da Seehunde sind!

Es wirkt gar, als würden sie in einheitlichem Abstand eine Kette bilden.

Schließlich kann sich auch der Fotograf von den Seehunden lösen, und wir treten den Rückweg an.

Die Enttäuschung nach der Wanderung: Das BBQ-Restaurant am Highway Richtung Marconi Beach hat heute zu.

Dann müssen wir eben weiterfahren. In Chatham ist Farmer’s Market und da gibt es auch etwas Leckeres für uns.

Wir drehen noch eine Runde durch Downtown Chatham, wo man sich schon auf die Kürbis-Saison vorbereitet.

Mit ein wenig schwerem Herzen nehmen wir zur Kenntnis, dass auch hier der Sommer wohl vorbei ist – und wir uns morgen wieder auf den Heimweg machen müssen.

Straaaaand

Für uns ist es höchste Zeit, mal wieder die Füße in den Sand zu bekommen.

Am Race Town Beach steht die alte Seeretter-Station. Hier pfeifft nur heute ein recht frischer Wind.

Etwas entfernt steht der gleichnamige Leuchtturm, das Race Point Lighthouse.

Wir gehen nur mal kurz an den Strand vor, bis die Füße zu kalt werden.

Cape Cod hat laaaaange Strände. Auf der Atlantikseite sind es 64 Kilometer – am Stück.

Weil es uns am Race Point Beach zu zugig ist, fahren wir weiter zum Herring Cove Beach. Hier ist der Strand nicht allzu breit, aber dafür schützen uns die Dünen vor dem Wind.

Wir machen einen laaaangen Spaziergang und schauen uns an, was die Flut so angespült hat.

An unserem Umkehrpunkt suchen wir uns ein Stück Treibholz zum Hinsetzen und entdecken den Panzer von einer Art Urzeitkrebs.

Nebenan beobachten wir die Seemöwen beim Fischen. Diese hier hat sich gerade einen Krebs geangelt.

Zurück am Parkplatz entlasten wir unsere müden Füße und sind froh, den Kopf mal wieder im Schatten zu haben.

P-town

Das letzte Ziel unserer Reise liegt nun auf Cape Cod, der langgezogenen Halbinsel im Atlantik.

Nur zwei kurze Stopps haben wir gemacht auf dem Weg von Newport hinaus aufs Cape: Um Mangos zu kaufen, und um bei unserem Lieblingseisladen ein paar Kugeln Toasted Coconut zu essen.

Schließlich erreichen wir dann am späten Nachmittag unsere letzte Unterkunft für diese Reise, in Provincetown, dem am äußersten Ende von Cape Cod gelegenen Städtchen. Nachdem wir das kleine Häuschen, das wir uns hier gemietet haben, schnell gefunden haben, gibt es beim Bezug erstmal richtig was zu lachen. Aber dazu später mehr.

Wir werfen uns erstmal ins trubelige Nachtleben von P-town, wie die Bewohner ihren Heimatort liebevoll abkürzen.

Am nächsten Morgen sehen wir uns dann alles noch einmal bei Tageslicht an. Ein hübsches Örtchen.

Hafen, Strand, alles da.

Und bunt …

… ist P-town sowieso. Gut 80% der Bevölkerung ist „gay“, und am Wochenende sind es noch ein paar mehr. Gestern abend ging es auf der Commercial Street jedenfalls hoch her. Jetzt am Tag ist es schon etwas ruhiger, aber trotzdem viel los – und viel zu gucken.

Wir kehrem dem Trubel aber erst einmal den Rücken zu und machen einen Ausflug an die National Sea Shore, denn fast die gesamte Atlantikküste auf Cape Cod steht unter Schutz der Nationalparkverwaltung. Das wiederum bedeutet: Unberührte, kilometerweite Strände, Dünen und Sümpfe zum Herumlaufen.

Zuerst schauen wir am Marconi Beach vorbei, wo einst die „Marconi Station“ stand, von der aus im Januar 1903 der erste interkontinentale Funkspruch von Theodore Roosevelt and King Edward VII von England übertragen wurde.

Hinter dem Strand führt ein schöner Boardwalk durch einen Sumpf.

Weiter geht’s zum Nauset Beach, wo wir zunächst mal die Hai-Warnungen aufmerksam durchlesen. Es wird davon abgeraten, mit Seehunden zu schwimmen, denn die Haie jagen die Seehunde, und da will man nicht im Weg sein.

Sollte es aber doch zum Rendezvous mit einem Hai gekommen sein, sind hier in roten Plastikkoffern sog. Heavy Bleeding Kits deponiert, um die Blutung der vom Hai verursachten Amputationen zu stillen.

Nun, ich sag mal, ich hatte jetzt eh nicht vor, reinzugehen.

Seehunde als Haifischfutter wären jedenfalls schon mal da.

Das Nauset Lighthouse ist ein hübscher, noch in Betrieb befindlicher Leuchtturm, der allerdings wegen der Küstenerosion schon zwei Mal versetzt werden musste.

Ähnlich erging es den Three Sisters, den ursprünglichen drei Leuchtfeuern, die einst vorne an der Küste standen. Heute lägen sie gut 200m weit im Wasser, hätte man sie nicht versetzt.

Nach weiteren Spaziergängen fahren wir zurück nach Provincetown und gehen einen leckeren Cappucchino trinken.

Und zurück in unserem kleinen Häuschen müssen wir wieder lachen – so wie eigentlich jedesmal, wenn wir rein oder raus gehen. Der Grund? Der Eingang ins Haus …

… führt durch’s Örtchen.

Unsere Überraschung beim ersten Öffnen der Türe war entsprechend groß. Mittlerweile sorgt es bei jedem Kommen und Gehen für große Heiterkeit. In P-town ist eben alles etwas … anders.

Abschied von Newport

Nach einem feinen Frühstück checken wir wieder aus unserem goldigen Inn aus und laufen noch einmal runter an den Hafen.

In Neuengland könnte man den ganzen Tag damit verbringen, sich die typischen alten Backstein- und Holzhäuser anzusehen. Diese Bank sieht doch exakt so aus, wie man sich eine Bank bei Donald Duck vorstellt.

Dieser Laden gibt offen zu, rund „200 Jahre der Zeit hinterher“ zu hinken.

Lobster gibt es praktisch an jeder Ecke.

Besonders schön ist es in Newport an der Bowen’s Wharf, wo die Ausflugssegler zu kurzen Törns ab- und anlegen. Da ist im und am Wasser ständig was los.

Bei Coffee Grinder gegenüber trinken wir einen Cappuccino in der Morgensonne.

Nebenan wird der Fang verarbeitet.

Und auch wenn die meisten Villen in Newport groß bis riesig sind: Man kann auch ganz klein anfangen.

Wir essen noch einen Lachs-Bagel im nahegelegenen Coffee Shop und starten dann unsere Weiterreise nach Cape Cod.

Zu Gast im Gilded Age

Newport ist ein exklusives Pflaster, war es schon immer. Schon früh siedelte sich hier an, wer Rand und Namen hatte.

Familien wie die Astors oder die Vanderbilts, die Eisenbahn-Tycoone der Jahrhundertwende, bauten sich hier nette „Cottages“, in denen sie die Sommer verbrachten. Diese Cottages sahen dann so aus:

„The Breakers“ nannten die Vanderbilts ihr neues Sommerhaus in Newport. So wie mehrere dieser „Newport Mansions“ genannten Villen kann man auch als Nicht-Milliardär „The Breakers“ heute besichtigen. Machen wir.

Das ist Herr Vanderbilt. Es ist die klassische Geschichte vom Amerikanischen Traum: Er begann als Laufbursche bei einer Bank und stieg auf zu einem der wohlhabendsten Männer Amerikas.

Im „The Breakers“ zogen die Vanderbilts alle Register. Das Haus wurde in nur zwei Jahren erbaut. Das Billardzimmer wurde mit italienischem Marmor und Mosaiken ausgestattet.

Die zurückhaltend dekorierte Eingangshalle.

Auf dem Kapitell, das ja auf den ersten Blick Jahrhunderte alt sein könnte, erkennt man neben dem linken Engel eine Andeutung auf den Ursprung des Vanderbiltschen Reichtums: eine Lokomotive.

Im Gartensalon sind die Wände mit Platin ausgekleidet – auch damals schon eines der teuersten Edelmetalle der Welt.

Das Interessante hier ist, dass man sich in einem französischen Königsschloss wähnt, aber tatsächlich wurde dies alles hier eben erst um 1890 gebaut. Hier haben sich Menschen, die mit der Moderne reich wurden, Anwesen geschaffen, die sich an längst vergangenen Zeiten orientieren.

Diese Epoche nennt man hier das „Gilded Age“. Also die Auf-dicke-Hose-mach-Zeit.

Auch im Musikzimmer haben sich die Architekten ausgetobt.

Der blaue Salon.

Und das Badezimmer des Hausherrn. Besonders hier wird deutlich, dass wir uns in einer „modernen“ Villa befinden. Es gibt eine relativ normale Toilette, fließendes kaltes und warmes Wasser. Die Badewanne hat vier Wasserhähne, sodass man zwischen Süßwasser und Salzwasser wählen konnte. Die Badewanne aus massivem Marmor musste mindestens vier Mal befüllt werden, bevor sie einigermaßen die Temperatur hielt.

Während Mr. Vanderbilt mit „Business machen“ beschäftigt war, lag das Haus mit seinen bis zu 100 Angestellten in Mrs. Vanderbilts Verantwortung. Mrs Vanderbilts Schlafzimmer:

Natürlich wurde auch technisch von allem der neueste Schrei eingebaut. So waren die Mansions die ersten Haushalte mit elektrischem Strom. Es gab Klingelanlagen, um den Butler zu rufen. Und auch das Telefon hielt bald Einzug.

Nun darf man sich aber nicht vorstellen, dass Mrs. Vanderbilt hier mal eben nach nebenan zu Mrs. Astor durchgeklingelt hätte. Nein, wenn man die Nachbarn zum Tee einlud, dann ließ man natürlich Einladungskärtchen drucken, schrieb vielleicht von Hand einen netten Gruß darunter, und der Butler schickte den Boten hinüber. Das Telefon wurde somit eher vom Personal genutzt, als von den Herrschaften selbst.

Später wusste Mrs. Vanderbilt nicht Recht, was sie mit ihrem Leben so anstellen sollte. Dann träumte sie, dass sie Ton geknetet hätte und befand dies als Weisung, Bildhauerin zu werden. Sie wurde später Kunstmäzenin und gründete ein renommiertes Museum in New York.

Von der Terrasse gibt’s natürlich einen schönen Blick aufs Meer.

Die Küche.

Die Gartenanlagen sind auch sehr schön.

Ein herrschaftliches Häschen.

Nach dem Besuch bei den Vanderbilts sehen wir uns noch die Parkanlagen anderer Villen an: Château sur Mer …

… und „The Elms“.

Mit diesen Fotos ziehen sich die Herrschaften nun zum Ruhen zurück. Gute Nacht.

Mystic Seaport

In Mystic haben wir endlich wieder das Meer erreicht. Und was liegt da näher, als das Mystic Seaport Museum zu besuchen.

Zuerst sehen wir uns die Sammlung alter Gallionsfiguren an.

Dann informieren wir uns über die Geschichte des Walfangs und gehen an Bord des alten Walfängers „Charles W. Morgan“.

Ich heuere als Steuermann an.

Unter Deck ist es ganz schön eng und nur selten kann man aufrecht stehen. Ins Deck einkalfaterte Glasprismen lassen Licht nach unten durch.

Während die Crew in engen kastenförmigen Kojen schläft, ließ der Kapitän für seine Frau ein Bett wie eine Schaukel aufhängen, sodass sie immer gerade lag. Dennoch verließ Madame das Schiff schon vor dem Ende seiner ersten Fahrt, da sie einfach ständig seekrank war.

Die Charles W. Morgan ging auf 37 Reisen. Eine 38. Reise kam dann in diesem Jahrhundert nach ihrer Restaurierung hinzu.

Im Museumsdorf sind alle möglichen alten Läden und alte Werkstätten vertreten. In der Schmiede wird geschmiedet.

In der Druckerei wird gedruckt.

Auf der Reeperbahn werden Taue hergestellt.

In der Segelmacherei werden die Segel genäht.

In der Sonnerei wird sich gesonnt.

In einem weiteren Teil des Museums werden historische Schiffe restauriert. Seit einigen Jahren liegt hier die Mayflower II auf Reede. Die Mayflower II wurde unter Teddy Roosevelt gebaut. Sie ist ein Nachbau der Mayflower, dem Segler, mit dem die ersten Siedler Neuenglands, die Pilgrims, zuerst auf Cape Cod landeten und dann weiter nach Plimouth in Massachusetts fuhren. Dort ließen sie sich schließlich nieder.

Die Replik wurde in den 1950ern in England gebaut und dann von einer mutigen Mannschaft über den Atlantik gesegelt. Seitdem liegt sie als Museumsschiff in Plymouth vor Anker. Da die Landung der Pilgerväter sich 2020 zum 400sten Mal jährt, wird die Mayflower II hier in Mystic zur Zeit überholt.

Auf der Werft ist das rege Treiben der Zimmerleute zu verfolgen.

Zufällig laufen wir noch an der Kapelle vorbei, wo gerade Shanties gesungen (und erklärt) werden.

Das Museum war wirklich klasse. Und in einem Freilichtmuseum verbringt man bei diesem schönen Wetter ja auch gerne etwas mehr Zeit.

Nun ist aber Zeit für die Brotzeit. Im Kofferraum breiten wir aus: Hummus, Tomaten, Oliven-Tapenade und Pickles. Besseren Lunch gibt’s nicht.

Bis zu unserer nächsten Station in Newport, Rhode Island, liegt nur eine knappe Stunde Fahrt.

Wir checken in unserem „Inn“ ein. Ich fotografiere ja eher selten unsere Zimmer, aber hier haben sie sich wirklich Mühe gegeben. Das Zimmer in einem viktorianischen Holzhaus ist klein, aber sehr gemütlich. Das Frühstück ist das leckerste, das wir in den USA je hatten.

Auch ein Wohnzimmer zum Teilen mit den anderen Gästen gibt es.

Aber kaum angekommen, brechen wir auch zum Stadtbummel auf. Das Toasted Coconut-Eis bei Kilwin’s – darauf haben wir uns schon die ganze Woche gefreut.

Wenig später ziehen Wolken auf und es beginnt zu regnen. Kurz nach dem Abendesssen ist der Spuk aber schon wieder vorbei und wir bereiten uns auf einen weiteren schönen Tag vor.

Zwischenstopp am Gillette Castle

Wir haben Massachusetts nun verlassen und fahren nun ein Stück durch Connecticut.

Einen Halt machen wir am Gillette Castle.

Hier hat sich um 1915 ein Schauspieler namens William Gillette – an Theatern bekannt geworden als Darsteller des Sherlock Holmes – ein Schlösschen gebaut.

Aber nicht einfach irgendwie, er hat es im Stil „amerikanische Märchen-Burgruine“ erstellen lassen.

Selbst an die Katzen dachte der Bauherr.

Das Schloss überblickt den Connecticut River, als säße es hoch über dem Rhein.

Wir starteten ja heute morgen aus den höher gelegenen Berkshires, wo es etwas frischer war. Hier unten im Tal des Connecticut River ist es dagegen sommerlich warm.

Besonders stolz war Gillette auf die drei Meilen lange Schmalspureisenbahn mit Brücken und Bahnhöfen und Übergängen und sogar einem Tunnel auf seinem Grundstück. Ein ganz schön großes Spielzeug. Die Gleise wurden später leider abgebaut und die Strecken in Spazierwege umgewandelt.

Die überdimensionale Spielzeugeisenbahn wurde seinerzeit gar von Albert Einstein und Charlie Chaplin bestaunt.

Das war ein lustiger Halt auf unserem Weg zurück ans Meer. Weiter geht’s. Uns fehlt schon langsam die salzige Luft…

Die Berkshires – Ein wenig Indian Summer

Die Berkshires, so wird die leicht hügelige Landschaft hier im äußersten Westen Massachusetts‘ genannt.

Im Sommer ist hier der Teufel los. Die Philharmoniker aus Boston schlagen hier ihr Sommerquartier auf, und auf den grünen Wiesen von Tanglewood wird ein Open Air Konzert nach dem anderen gegeben.

Die Berkshires sind auch die erste signifikante Erhebung östlich der Great Plains. Der Appalachian Trail durchstreift hier das Land. Aufgrund der Höhe hat hier in den Berkshires bereits der Herbst begonnen, die ersten Bäume haben schon die Blätter verloren, andere leuchten in bunten Farben. Der ganz große „Indian Summer“ wird auch hier erst in ein paar Wochen losgehen, aber den ein oder anderen Vorgeschmack gibt es schon.

Jetzt im Spätsommer kehrt wieder Ruhe in die Berkshires ein. Die großen Massen der Sommergäste aus New York und Boston sind wieder abgereist.

Am William College hat das neue Schuljahr längst wieder begonnen. Wer hier auf’s College gehen darf, der muss es sich bestimmt auch leisten können.

Bevor wir die Berkshires verlassen, fahren wir noch über Lennox zu Olivia’s Overlook.

Olivia’s Overlook ist ein Ausgangspunkt für diverse Wanderungen über Ländereien der „Landkeeper“. Die Landkeeper sind eine Stiftung, welche Ländereien aufkauft, um die Natur hier vor der Bebauung und Zerstörung zu bewahren, und sie stattdessen der Öffentlichkeit zugänglich macht. Wo der Staat nichts tut, müssen in den USA die wohlhabenden Stifter eingreifen.

Wir informieren uns kurz über die aktuellen Gegebenheiten. Da Schwarzbären bis letzte Woche bejagt werden durften, sollten wir auf der sicheren Seite sein.

Der Trail geht immer durch den lichten Laubwald. Von Laubfärbung ist hier noch nichts zu sehen.

Wir erreichen einen weiteren Aussichtspunkt, den die Sonne schön aufgeheizt hat, während man im Schatten heute morgen noch die Jacke braucht.

Der dritte Aussichtspunkt liegt im Schatten, hier wäre eine Bank zum Rasten, ist uns aber zu frisch.

Auf der Anhöhe angekommen wird auch das Laub farbiger.

Noch einmal den Blick ins Tal und die Wärme mitnehmen …

… dann fahren wir weiter. In Lennox gehen wir noch kurz einen Kaffee trinken und laufen an einigen der zahllosen Gallerien vorbei.

Aus der Ferne erspähen wir sogar einen Buntspecht.

Damit lassen wir die Berkshires hinter uns. Die sanften Hügel, die hübschen Anwesen – immer mit akurat gemähtem Rasen vor der Türe – hier hätten wir auch gerne eine ganze Woche verbracht. Aber wo eigentlich nicht?