Vancouver

Entzündete Gallenblasen, Pilotenstreiks und Vulkanausbrüche konnten uns nicht aufhalten: In Vancouver betreten wir erstmals kanadischen Boden. Und ein Morgen in Kanada kann natürlich nur mit einem beginnen: Walnut Pancakes mit kanadischem Ahornsirup.

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So viel Energie haben wir getankt, dass wir uns gleich ein paar Radl ausleihen um den Stanley Park am Rande Downtowns zu umrunden.

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Gleich zu Beginn wartet auf uns der schönste der vielen Stopps, die wir auf unserer Radltour einlegen, einer Sammlung von Totempfählen der Ureinwohner des Kontinents.

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Mit Hilfe der Erläuterungen zu den einzelnen Pfählen finden wir heraus, was da übereinander gestapelt dargestellt wurde. Gerne dabei sind: Adler, Schlange, Wal, Weiser Mann und Mann mit Kanu.

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Am besten gefallen uns die farbigen Pfähle, aber es geht auch ohne Anmalen:

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Auf dem Burrard Inlet herrscht ein reger Verkehr aus Fähren, Kreuzfahrtschiffen und Wasserflugzeugen.

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An der Neun-Uhr-Kanone sollte man sich um Neun Uhr besser nicht aufhalten.

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Dass die Kanone direkt aufs Kreuzfahrt-Terminal zielt, würde mir als Kreuzfahrer zu denken geben.

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Zwischen dem Second Beach und dem Third Beach machen wir einen weiteren Stopp bei John Shaver, der hier den lieben Tag lang nichts anderes macht, als Steine aufeinander zu balancieren. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde man im Leben nicht glauben, dass diese Steine ohne Tricks und doppelte Böden einfach aufeinanderstehen.

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Der Meister bei der Arbeit.

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Ein Stückchen weiter, am Second Beach halten wir an einem Marktstand, auf dem frische Erdbeeren aus dem Okanagan Valley verkauft werden. Frische Erdbeeren, zuckersüß, im September! Das Schälchen kostet 4$, drei für 13$. Der Rechenkunst können wir zwar nicht ganz folgen, lecker waren sie trotzdem. Noch kurz gefragt, ob die Erdbeeren denn organic (also bio) sind. Sind sie nicht, der Bauer guckt sie sich aber täglich sehr genau an. Außerdem sind zwischen den Pflanzen immer wieder Gräser gepflanzt, die den Staub von den Erdbeeren fern halten. Also sind sie doch quasi bio… Wie gesagt, egal, waren lecker!

Zurück in der City treffen wir einige recht lachhafte Gestalten.

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Einige.

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Auch beim Inukshuk schauen wir kurz vorbei – dem Maskottchen der Olympischen Winterspiele 2010.

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Jetzt ist aber genug geradelt. Die Frühstückskalorien haben wir längst verbrannt. Der Japadog ist eine Spezialität, die es nur in Vancouver gibt – die Fotos diverser Promis mit der japanischen Variante des Hot Dog beweisen es. Uns konnte der Japadog-Stand dann aber nicht ganz überzeugen, Seetang auf der Wurst hin oder her. Das Grüner-Tee-Eis – drei Kugeln im frittierten Brötchen – hätte uns eher interessiert, wäre die Sonne noch da.

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Sonne hin oder her marschieren wir noch hinüber nach Gastown, einem hübsch hergerichteten Viertel mit alten Backsteinbauten und dem einen oder anderen Souveniergeschäft. Das ganze Viertel wird mittels heißem Dampf mit Energie versorgt, da hat man in den Siebzigern auch gleich eine dampfbetriebene Uhr aufgestellt. Die Steam Clock zischt und pfeift und tutet zu jeder vollen Viertelstunde. Das macht sie auch jetzt um halb fünf recht zuverlässig – auch wenn das Ziffernblatt was völlig Anderes anzeigt.

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Am anderen Ende der Gastown erweisen wir dem Stadtgründer Gassy Jack noch die Ehre.

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Jetzt sind wir aber echt müde und machen uns auf den Heimweg. Unterwegs gibt’s noch eine kurze Stepptanz-Show.

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Wir haben uns den Lachs heute echt verdient (es ist gerade Salmon Festival, und wir essen uns gezielt durch die Lachskarten der umliegenden Restaurants durch).

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Und auch wenn die Stadt noch lange nicht schläft (schließlich ist heute Feiertag), wir gehen in die Heia.

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Granville Island Market

Nachdem der Wettergott es bisher recht gut mit uns meinte, ist heute eher Dauerregen angesagt. Kein Problem – wir haben ja gestern schon eine neue Regenjacke für Simone gekauft (die alte hängt wohl noch in der heimischen Garderobe). Mit den kleinen Wassertaxis der False Creek Ferries setzen wir über nach Granville Island.

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Solche Strapazen würden wir natürlich nicht auf uns nehmen, gäbe es auf Granville Island nichts zu essen! In der großen Markthalle auf den kleinen Halbinsel, unter der großen Brücke hinüber in die City, ist aber bestens für uns gesorgt.

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Hier gibt es Kulinarisches aus aller Welt. Ob frische italienische Pasta, französischer Käse oder Original German Bratwurst, alles ist dabei. Man beachte auf diesem Schild den Abschnitt zum Oktoberfest: „No need to go to Munich“. Man soll sich einfach das Bier von der Granville Island Brewery holen, Wurst und Sauerkraut gibt’s dann hier.

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Wir futtern uns durchs Angebot und nehmen dann das Wassertaxi zurück in die Stadt. Kurz bevor wir endgültig durchgeweicht sind, kehren wir noch auf einen Kaffee ein. Die Bäckerei in der Robson Street hat viel leckeres Gebäck, gut möglich, dass hier deutsche Konditoren die Finger im Spiel haben – die Robson Street wurde früher auch „Robsonstraße“ genannt, der vielen deutschen Läden wegen. Heute ist davon aber nicht mehr viel zu spüren, denn heute ist ein Drittel der Einwohner Vancouvers asiatischer Abstammung und somit reiht sich in der Robsonstraße ein asiatisches Restaurant an das andere. Aber so tolle Törtchen können die halt nicht…

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Und zur großen Überraschung kommt abends auch die Sonne noch einmal durch.

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Bloedel

Ein kurzer, aber kostspieliger Ausflug führte uns übrigens auch noch in den Queen Elizabeth Park, der mit 150m die höchste Erhebung innerhalb Vancouver darstellt. Wären die Bäume hier oben nicht so elendig hoch, hätte man einen tollen Blick auf Downtown. Dafür ist der Park sehr hübsch, und unter der großen Kuppel des Bloedel Conservatory finden wir bei 98% Luftfeuchtigkeit einen tropischen Regenwald mit Papageien und allerlei Kanarienvögeln vor. Den Eintritt von $5.50 pro Nase war der Rundgang durch diese schöne Anlage allemal wert. Nur das Ticket über $36.80 fürs Parken ohne Parkschein war etwas bloedel…

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Der Sonne entgegen

Kommt die Sonne nicht zu uns, müssen wir eben zur Sonne fahren.

Unsere letzte Nacht in Vancouver steht bevor, danach werden wir die Pazifikküste verlassen. Ein guter Anlass, noch etwas die Küste abzuklappern. Wir verlassen Vancouver über die Lions Gate Bridge und folgen dem Highway Richtung Norden. Eine gute Stunde Fahrt ist es bis Squamish, einem kleinen Holzfäller-Nest am Ende des südlichsten Fjords Nordamerikas. Die Niederschläge der letzten Tage haben die Berggipfel über dem tiefblauen Fjord leicht angezuckert und bereits auf halber Strecke reißt die Wolkendecke auf und wir freuen uns über strahlend blauen Himmel. Die Luft im Schatten ist noch ziemlich zapfig, und die auf 350 Meter langen Kaskaden herabfallenden Shannon Falls erwandern wir zügig – um warm zu bleiben. Aber in der Sonne ist es nach einem verregneten Tag wie gestern natürlich wunderschön.

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In Squamish angekommen parken wir gegenüber der Polizeistation der Royal Canadian Mounted Police, zu erkennen am Funkturm auf dem Dach.

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Wir spazieren die blumengeschmückte Main Street einmal auf und einmal ab – die hohen Gipfel im Hintergrund dürften schon zu Whistler, dem Austragungsort der Alpinwettbewerbe bei den Olympischen Spielen vor vier Jahren gehören.

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Squamish liegt genau am Ende des Fjords und obwohl als Holzfällerstadt bekannt, kam uns auf dem Weg hierher noch kein einziger Holzlaster entgegen. Vor Ort wird klar warum: Die aus den Bergen kommenden Laster werden in Sqamish entladen und die Stämme in den Fjord geworfen. Dazu stehen Maschinen wie diese bereit, die die gesamte (!) Ladung eines LKW auf einmal greifen und abladen können! Im Wasser werden die Baumstämme dann zu Flößen verbunden und von Schleppern zur Weiterverarbeitung nach Vancouver gezogen.

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So kann man hier übrigens auch reisen: Alten Schulbus kaufen. Alles was schwimmt obendrauf packen. Los.

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In der Marina von Squamish sieht man noch einmal, wie nahe Meer und Gletscher hier beieinanderliegen. In Vancouver ist es gar mild genug für Palmen auf der Uferpromenade!

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In einigen Dingen weicht der Kanadier vom Amerikaner kaum ab: Ver- und Gebotsschilder werden immer gerne aufgehängt.

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Wir fahren wieder zurück nach Süden, machen einen kurzen Stopp am Fährhafen in Horseshoe Bay (einer tatsächlich hufeisenförmigen Bucht). Hier holen wir zunächst die Wolkendecke wieder ein – schade, tschüß Sonne… Aber nur kurze Zeit und ein Salamisandwich später strahlt sie auch über der Horseshoe Bay. Wir entscheiden uns für eine kurze Wanderung im Lighthouse Park, zum Leuchtturm und zurück. Kleine Buchten am Weg sind gefüllt mit Treibholz und den Flößern verlorengegangenen Stämmen.

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Praktisch denkend wurde die Halbinsel hinter dem schon im 19. Jahrhundert errichteten Leuchtturm frühzeitig unter Schutz gestellt, damit das Leuchtfeuer immer einen dunklen Hintergrund hat. Nur für das dampfbetriebene Nebelhorn wurde hier seitdem etwas Holz gefällt. So wurde ein Kaltregenwald mit vielen Metern Durchmesser starken Zedern erhalten. Umgefallene Bäume bieten noch Jahrzehnte den Nährboden für die neue Vegetation. Alles ist von saftig grünen Moosen überzogen und Steilhänge sind mit riesigen Farnen bewachsen. Von der Spitze der Landzunge eröffnet sich dann der Blick hinüber auf Vancouver, dessen Hafeneinfahrt der Leuchtturm hier bewacht. In der Mitte liegt grün der Stanley Park (den wir schon mit dem Fahrrad umrundet haben), rechts davon Downtown, links die Lions Gate Bridge.

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Nachdem wir mittlerweile auch die letzten Wolken verjagen konnten, und uns mit einem leckeren Cappuccino und einem unterarmgroßen Mandelcroissant gestärkt hatten, fahren wir noch in den Süden Vancouvers, um in der späten Nachmittagssonne eine Runde am Kitsilano Beach zu drehen.

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Hier ist es so schön, dass wir gleich zum Abendessen bleiben und uns im „Boathouse“ ein lecker Fischchen braten lassen.

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Die Segler draußen wissen dabei wahrscheinlich gar nicht, wem Sie das schöne Wetter heute zu verdanken haben. Sind wir doch nur für sie nach Squamish gefahren, um die Sonne zu holen.

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Um acht Uhr müssen wir uns dann von der Sonne doch wieder verabschieden.

Und pünktlich zur Neun-Uhr-Kanone liegen wir erschöpft von viel frischer Luft und mit müden Augen auf unserem Bett.

Mal sehen, wo wir die Sonne dann morgen wieder einfangen müssen. Ich denke, wir fahren ihr mal ein Stückchen entgegen – auf in den Osten!

Harrison Hot Springs

Hat es sich doch gelohnt, dass wir gestern so schön aufgegessen haben: Der Himmel am Tag unserer Abreise aus Vancouver ist wolkenlos und diamanten funkeln uns die Glasfronten Downtown’s hinterher, als wir Stadt Richtung Osten verlassen. Wir folgen dem Fraser River flussaufwärts. Unser erster Stopp ist der historische Kilby Store, den die Familie Kilby noch bis 1977 aktiv betrieb und dann in ein kleines, originalgetreues Museum umwandelte.

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Der alte Store ist über eine auf Stelzen gesetzte Rampe erreichbar, denn der Fraser River kann hier schon mal über die Ufer treten und das ganze Farmland überschwemmen. Die alten Zapfsäulen stehen dann aber wohl trotzdem im Wasser.

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Der Laden ist gefüllt mit allem, was auf dem Dachboden der Kilbys so zu finden war: In erster Linie Ware, die sich nie so recht verkaufte, aber trotzdem nie weggeworfen wurde.

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Hier gab es früher jedenfalls so ziemlich alles zu kaufen, bis hin zur Eiscreme.

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Der Ladenbesitzer betrieb daneben noch die einzige Poststation im County, war Friedensrichter und Notar.

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Im Obergeschoss gab es ein paar Hotelbetten, im Untergeschoss eine Werkstatt.

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Ich nutze die Gelegenheit, hier mal meinen Schlafanzug durchzuwaschen.

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Und einen kleinen Spaziergang über die zugehörige Farm mit Hühnern, Truthähnen, Eseln, Schweinen, Kühen und Kaninchen machen wir ebenfalls noch.

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Dann fahren wir weiter – zunächst noch zu einer nahegelegenen Nussfarm zum Haselnüsse kaufen – und dann nach Harrison Hot Springs – unseren Etappenort für heute. Der, für seine Thermalquellen bekannte Ort liegt direkt am Südende des langgestreckten Harrison Lake.

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Es ist übrigens auch die Heimat des Sasquatch, auch genannt Big Foot, einem Verwandten des Yeti.

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Der Sasquatch rät uns zu einer Umrundung des Hicks Lake, der abgeschieden, aber mit Gletscherblick im Wald versteckt liegt.

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Erinnerungen an den Olympic National Park in Washington werden wach: An einigen Stellen ist der Wald verwunschen mit Farnen und Moosen überwuchert.

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So spenden hier selbst Baumstümpfe Leben: Aus diesem stattlichen Stumpf wachsen ganze drei neue Bäume hervor.

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Endlich zurück am Ausgangspunkt hängen wir in der warmen Abendsonne natürlich unsere Füße zum Abkühlen in den See.

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Während im Black Forest Restaurant Schnitzel mit Schwarzwaldsoße (?) sowie Sausage nebst Sauerkraut auf den Teller kommen …

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… entscheide ich mich doch für die in Tequila flambierten Garnelen mit Limettensoße …

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… und vergleiche vor dem Zubettgehen noch meine Schuhgröße mit der des Sasquatch.

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Flussaufwärts

Die nächsten Tage wollen wir uns elegant wie die Lachse (jedoch einen Monat vor den Lachsen, mehr dazu später) immer flussaufwärts den Rocky Mountains zu bewegen. Wir starten im kleinen Städtchen Hope, wo wir das Othello’sche Tunnelquartett durchwandern wollen.

Der Chefingenieur dieser Bahnstrecke war ein rechter Shakespear-Fan und so gibt es zwischen den Stationen Romeo und Julia die Station Othello, nach der die nahegelegenen Tunnel benannt sind.

Seinerzeit kostete der Bau einer Meile Bahnstrecke rund 30.000$, doch diese Strecke schlug mit dem fünffachen zu Buche, mussten doch jede Menge Tunnel durch den Berg getrieben, Brücken und Lawinenverbauungen errichtet werden. Kurz vor dem Städtchen Hope war noch eine enge Klamm zu bewältigen, hier kam die Meile gar auf 300.000$.

Doch lange währte der Erfolg nach Fertigstellung nicht. Die Strecke wurde so oft von Bergrutschen und Felsstürzen verschüttet, dass man sie schließlich aufgab. Darum können wir jetzt durch die Tunnels hindurchlaufen und die wilde Klamm begehen – jedoch aktuell nur bis zum zweiten Tunnel, denn das reißende Wasser hat den Brückenpfeiler nach Tunnel 2 sichtbar schon zur Hälfte durch, und somit geht es hier momentan nicht mehr weiter.

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Keiner hat uns gesagt, dass man für diese Wanderung besser Taschenlampen mitbringt, und so tappen wir dem ersten Tunnelende entgegen, während leises Wasserrauschen ab und an den Puls etwas höher schlagen lässt, weil man nie weiß, ob man nicht gleich eine Ladung Wasser in den Kragen bekommt.

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Zwischen den Tunnels geht es ganz schön steil nach oben.

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Nach diesem kleinen Abstecher starten wir nun entlang des Fraser River landeinwärts. Das Tal ist wenig besiedelt, nur ein oder zwei kleine Orte verteilen sich auf 200 km Strecke (und wenn ich klein sage, meine ich auch klein). Trotzdem ist ganz schön was los: Entlang dem Fraser schlängelt sich der Trans Canada Highway (TCH), Kanadas einzige durchgehende Ost-West-Straßenverbindung.

Dazu kommen beiderseits des Flusses je ein Bahngleis. Die Bahnstrecken gehören zwei konkurrierenden Bahngesellschaften und sind ebenfalls die einzigen Ost-West-Verbindungen auf dem Gleis. Heute hat man sich geeinigt, die Gleise gemeinsam zu nutzen, auf einer Seite des Fraser River Richtung Osten, auf der anderen Richtung Westen. Ab und zu überholen wir unterwegs lange (also laaaaaange) Güterzüge, oft gezogen von mehreren Lokomotiven.

Die Züge werden uns auf der Reise auf jeden Fall weiter begleiten, hängt doch die Besiedlung und der wirtschaftliche Aufschwung Kanadas eng mit dem Eisenbahnbau zusammen – und das Land wurde eben entlang der Pässe und Täler erschlossen, durch die sich als erstes auch die Eisenbahn schlängelte. Das hektische Bing-Bing-Bing-Bing-Bing der Bahnübergänge und das Wooooot-Woooooot der Züge ist hier ein Dauerton, an den man sich schnell gewöhnt. Und ein bisschen weg vom Bahndamm herrscht ja dann auch ganz schnell Ruhe.

Auch die Straße braucht ihre Pflege, und so gibt uns die eine oder andere Baustelle Gelegenheit die heute bis zu 30 Grad warme Luft ins Auto hereinzulassen.

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Einen Stopp legen wir an der alten Alexandra Bridge ein, hier wechselt die Straßenführung vom West- aufs Ostufer des Fraser. Auf die Pfeiler der schon achtzehnhundertirgendwas erbauten Brücke (über die damals noch Pferde trabten und Kutschen zogen) wurde in den 1920ern eine neue gesetzt. Damals musste man noch in Serpentinen von der höher gelegenen Straße zur Brücke runter und am anderen Ufer wieder rauf fahren. Heute überspannt eine moderne Brücke ein paar hundert Meter südlich auf Straßenhöhe das ganze Tal.

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Der Spaziergang auf der alten Straße hinunter ist sehr schön, und ganz einsam steht dann nach einer Linkskurve die alte Brücke vor einem – und darunter rauscht der Fraser River hindurch.

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Am anderen Ufer ist die alte Straße schon kaum mehr auszumachen. Die alte Alexandra Bridge führt direkt ins Grüne.

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Zurück auf dem TCH geht es weiter Ostwärts. Irgendwann erreichen wir den Zufluss des Thompson River in den schlammigen Fraser River. Ab hier folgen wir dem Thompson.

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Anstelle des Zuges düst plötzlich ein Pickup auf Eisenbahnachsen um die Ecke: Der Streckenwärter dürfte den Fahrplan gut kennen.

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Orts- und Straßennamen werden hier auch gerne mal in der Sprache der Ureinwohner ausgeschildert. Meistens liest es sich, als hätte man die Buchstaben einfach gewürfelt.

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An unserem Etappenziel in Kamloops trennen sich die Gleise der beiden Bahngesellschaften, die einen haben ihre Strecke im Norden bei Jasper, die anderen etwas südlicher bei Banff über die Rocky Mountains gelegt. Bei immer noch 29 Grad genießen wir den Abend und lassen uns beim Mexikaner wie mittlerweile gewohnt eine Guacamole am Tisch zubereiten. Mit vollem Bauch geht es dann in’s Bettchen.

Dieser Camaro kommt übrigens aus den Northwest Territories, dem einzigen Staat mit Autokennzeichen in Form eines Polarbären.

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In Kamloops ist Samstags Farmer’s Market, wo wir uns mit allerlei Obst und Tomaten und Kuchen und … also viel Leckerem eindecken, für die nächsten Tage.

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Zwei Bretter auf den Pickup geschraubt, Mais rein, Schirm drüber, fertig ist der Marktstand.

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Und auch die Mounties sind da und wachen über das Marktgeschehen.

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Wir fahren weiter flussaufwärts. An der Mündung des Adams River in den Shoeswap Lake kommen zum Salmon Run alle vier Jahre mehrere Millionen Lachse vorbei, sodass man hier gleich ein Festival veranstaltet und Beobachtungsplattformen errichtet hat. 2014 ist so ein Jahr (im Folgejahr kommt vielleicht noch eine Viertelmillion, im zweiten und dritten Jahr nur ein paar Nachzügler). Dann ist der Fluss hier schwarz vor Fischen. Leider aber erst im Oktober. Ein bisschen hatten wir schon gehofft, vielleicht ein paar besonders sportliche Frühankömmlinge erspähen zu können, aber nix. Müssen wir wohl im Oktober noch mal herkommen…

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Salmon Arm ist unser nächstes Zwischenziel, ein echt verschlafenes Nest am Shoeswap Lake.

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Aber Wetter ist gut. 🙂

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Zur Strafe fürs Nichterscheinen haben wir uns gestern Abend ein paar Fische in die Pfanne werfen lassen – lecker Lachsforellen.

Die überzählige Energie kann ich heute morgen gleich abarbeiten: Schwellenklopfen am Last Spike Monument. Es steht geschrieben:

Here was driven the Last Spike
completing Canadian Pacific Railway
from Ocean to Ocean
November 7, 1855

Genau hier waren dem Bautrupp aus dem Westen leider die Schienen ausgegangen, und so blieb denen nichts anderes übrig, als auf den Trupp aus dem Osten zu warten, bis dann feierlich der letzte Nagel eingeschlagen werden konnte. Die Komplettierung der Strecke war für Kanada ein riesen Meilenstein – endlich verband ein eisernes Band das ganze Land von Ost nach West.

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Unser Tagesziel ist Revelstoke am Columbia River. Letztes Jahr standen wir in Astoria in Oregon an der Mündung des Columbia River in den Pazifik. Jetzt sind wir nahe seiner Quellen.

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Diese Bank wurde wohl für den Sasquatch gebaut…

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Nach der Fahrt durch zwei Klimazonen hinauf auf den Mount Revelstoke machen wir hier eine paar kleine Rundwanderungen durch Wald und Hochmoor…

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… und blicken hinüber ins ewige Eis.

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Der Feuerwachturm auf dem Gipfel ist im Winter in der Regel bis zur Spitze eingeschneit.

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Schon schön.

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Wir beenden den Tag mit einem anständigen Steak, sehen dem Vollmond beim Aufgehen zu und warten gespannt darauf, wie sich nun das Wetter entwickeln mag. Die 29 Grad gestern waren ganz schön warm. Die 22 Grad heute waren angenehm. Übermorgen soll es schneien.

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Regen, Wald und Eisenbahn

Aufwachen in Revelstoke, Blick aus dem Fenster: Es ist trocken. Blick auf den Wetterbericht: Es wird nass werden.

Erste Station auf unserer Weiterfahrt: Ein Wanderweg durch großblättrige Riesenstinkkohlfelder. Der Skunk Cabbage Trail führt auf Holzbohlen durch den Sumpf und tatsächlich wächst hier eine Menge Riesenkohl mit Blättern, die bis zu einem Meter messen. Glücklicherweise stinkt er gar nicht (zumindest nicht aus der Ferne). Kaum haben wir das warme Auto verlassen, fängt es natürlich an zu regnen. Zurück am Parkplatz war der Regen ganz schön heftig – die Hosen zum ersten Mal für heute nass. Rein ins Auto und weiter. Sind ja nicht aus Zucker.

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Beim nächsten Trail warten wir erstmal eine Weile, bis der heftige Schauer vorüber ist, dann drehen wir die Runde durch hohe Hemlock-Tannen und Rotzedern (nein, nicht der Rotz-Eder, sondern die Rot-Zeder). Schöner Weg durch verwunschenen Urwald. Die Hose das zweite Mal nass. Aber wir sind ja nicht aus…

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Na gut. Wir geben erstmal auf. Fahren zurück nach Revelstoke und besuchen dort das Eisenbahnmuseum. Auf dieser Reise werden wir unversehens zu Eisenbahnfachleuten. Hose trocknet.

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In der Dampflok schiebt heute ein pensionierte Lokführer Schicht, der uns seinen früheren Arbeitsplatz zeigt und alle unsere Fragen beantwortet. Simone darf auch mal auf seinem Platz sitzen.

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Der Regen macht Pause und wir sehen uns noch die großen Schneepflüge an, mit denen die Strecke durch die Rockies freigehalten werden. Die haben wir auch vorher schon im nahen Eisenbahndepot parken sehen. Technisch hat sich da in den letzten 100 Jahren nicht viel verändert.

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So wurde also früher für die Besiedlung Kanadas geworben: mit schlüsselfertigen Farmen.

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Mittlerweile scheint gar die Sonne in Revelstoke und wir lassen uns im Café LaBaguette einen lecker Cappuccino machen und zwei Bagels belegen.

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Die hausgemachten Chocolate Truffels haben uns dann noch angelacht und angefleht, mit nach Westen genommen zu werden.

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Und da fahren wir jetzt auch hin, weiter nach Westen, durch den Glacier National Park.

Zwei weitere Wanderwege führen uns unter hohen Tannen und über glitschige Felsen, aber immerhin bleibt die Hose jetzt trocken.

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Ab und zu geben die Wolken auch mal den Blick auf die Eisfelder über uns frei.

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Der Blue Jay wird nicht umsonst auch „Picknick Bird“ genannt. Dieser hat gerade ein Stück Mandarine ergattert.

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Auf der Passhöhe des Rogers Pass gönnen uns die Wolken wieder im richtigen Moment den Blick auf die Bergwelt.

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Und im Visitor Center sehen wir uns am Modell an, wie ausgesetzt die Bahnstrecke über den Rogers Pass verläuft. Fast die Hälfte wurde mittels Verbauungen vor Lawinen geschützt.

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Was leider nicht immer ausreichte. Ein Mahnmal am Rogers Pass gedenkt Dutzenden Toten einer Lawine auf der Passhöhe, die einen ganzen Zug verschüttete. Ein Panorama zeigt die Rettungsarbeiten.

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Wir verlassen die Passhöhe in Richtung Golden, einem kleinen Ort zwischen dem Glacier und dem Yoho National Park, wo wir uns heute bei Lynn eingemietet haben, die einige Kilometer vom Ort entfernt ein traumhaftes Bed & Breakfast betreibt. Lynn ist Schottin, Ihr Mann Schweizer (und Zimmermann), was lag da näher, als in dieser wunderschönen Umgebung eine kleine Lodge zu bauen und schottische Hochlandrinder zu züchten. Wir fühlen uns jedenfalls sofort zuhause.

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Da wir auf dem Pass auch die Zeitgrenze von Pacific zu Mountain Time überschritten haben, sind wir der Heimat jetzt schon wieder eine Stunde näher. Die Stunde fehlt uns heute Abend aber irgendwie, also schnell aus den feuchten Klamotten raus, Abendessen und ins Bett.

Um den Emerald Lake

Um nochmal auf die Eisenbahn zurückzukommen… naja okay, heute mal keine Eisenbahn-Geschichten.

Unser Tag beginnt mit einem laaangen gemütlichen Frühstück in unserem B&B. Lynn hat den großen Tisch für uns und fünf weitere Gäste aus Belgien und Mexiko wunderbar eingedeckt und allerlei Frisches auf den Tisch gestellt. Dazu gibt’s noch French Toast und Bacon. So muss man einen Schlechtwettertag beginnen.

Laut Wetterbericht soll es heute wieder den ganzen Tag regnen, aber dem glauben wir ja eh nicht. Die Höchstwerte sollen doch immerhin 4 Grad erreichen. Wir entscheiden uns beide für ein fünfschichtiges Outfit, auch wenn es mir ein wenig Sorgen macht, damit schon mein ganzes Pulver verschossen zu haben. Noch eine Jacke für drüber hab ich nicht.

Also düsen wir los, immer weiter bergauf in die Rockies hinein. Im Glacier Park liegt hübsch versteckt (aber für Reisebusse voller Asiaten nicht versteckt genug) der wunderschöne Emerald Lake. Zwar bleibt uns der Blick auf die umliegenden Berge verwehrt, aber der See leuchtet uns dennoch grünbläulich an und fordert uns zu einer Umrundung heraus.

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Paddeln wäre uns heute ohnehin zu kühl, und die schöne Farbe des Sees offenbart sich auch erst aus etwas Höhe über dem Wasserspiegel. Die Asiaten wissen das ja leider nicht, hat ihnen wohl auch keiner gesagt, so fotografieren sie sich und den See nur vom Ufer aus, verpassen das Schönste und blockieren dann auch noch die ganze Kaffee-Bar, sodass uns ein Cappuccino im Pappbecher für $4.45 heute erspart bleibt. Im Gegenzug bekommen wir eben den freien Blick auf den See und können ihn in Ruhe in ein bis zwei Stunden umrunden. Und weil wir heute morgen  brav aufgegessen haben, gibt es – der Vorhersage zum Trotz – dann auch noch Sonne.

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Wir im Polar-Outfit …

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… und weitere frostresistente Blümchen:

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Die Lodge am See besteht aus vielen einzelnen Häuschen in Traumlage und ist sicher unerschwinglich. Hier findet heute (Schnapsdatum 9.9.) natürlich auch eine Trauung statt, selbstverständlich direkt am See. Ob die Braut Thermo-Unterwäsche trug, konnten wir nicht herausfinden.

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Andererseits ist es in der Sonne gleich muckelich warm geworden. Zur Brotzeit tragen wir uns die einzige Bank in die Sonne und legen sogar je 1-2 Jacken ab.

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Auf der Weiterfahrt kommen wir am kleinen Örtchen Field vorbei, wo gerade der Fußballrasen gemäht wird. Effiziente Gerätschaft mit drei parallel arbeitenden Mähköpfen. Bei so saftigem Grün würde ich mich allerdings auch nicht mit der Böschung abgeben.

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Wir fahren noch hinauf zu den Takakkaw Falls, nachdem wir uns bei der Rangerin versichert haben, dass es hier oben keine Bären geben dürfte. Das Tal ist an drei Seiten umringt von Gletschern, am Ausgang dröhnen zwei Campgrounds und der Highway. Da findet’s der Bär viel zu ungemütlich. Die über mehrere Kaskaden herabstürzenden Fällen sind in der Summe 340 Meter hoch, die höchste Kaskade über 200. Direkt über der Klippe liegt ein Eisfeld, das den Wasserfall speist. Zum Größenvergleich hier mal ein Ausschnitt, bitte im Bild danach wiederfinden:

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Mit einem anständigen Wasserfall kann man mich ja immer glücklich machen.

Um jetzt doch nochmal auf die Eisenbahn zurückzukommen: Die hatte man an dieser Stelle des Tals zuerst viel zu steil gebaut. Also hat man nochmal ein paar chinesische Arbeiter geholt (die unter schlimmsten Bedingungen die Bahnstrecken im Osten Kanadas gebaut haben – wer „Der Chinese“ gelesen oder gesehen hat, kennt die Geschichte) und zwei große kreisrunde Tunnel in den Berg geschlagen, wo der Zug hineinfährt, dann im Berg im Kreis fährt, und an fast der gleichen Stelle – nur 50 Meter höher – wieder rauskommt.

Beim oberen dieser beiden „Spiral Tunnels“ beobachten wir nun das Schauspiel: Der Zug fährt unten rein, kommt oben aus dem 1,3 Kilometer langen Tunnel wieder raus – und weil der Zug einige Kilometer (!) lang ist, hat der Lokführer jetzt Gelegenheit, seine eigenen Wagons nachzuzählen, denn das Zugende ist noch lange nicht in Sicht. Wir sind dann genau genommen irgendwann gegangen, dieser Zug war wirklich lang. Außerdem quälte er sich in ungefähr Schritttempo die Steigung empor.

Auch die Beladung mit jeweils zwei Containern übereinander sieht man übrigens in Europa auch eher selten.

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Tja, ups, hab ich doch noch eine Eisenbahngeschichte erzählt. Die letzte. Versprochen.

Oh September!

Wir sind ja vom Kanadischen Sommer nun schon einiges gewöhnt, nehmen die 15 Zentimeter Neuschnee von vergangener Nacht also locker. Schnee ist besser als Regen! Und mit Olis Original Tütenhandschuh™ ist auch das Auto flott ausgegraben.

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Dann kann es losgehen. Erster Halt ist wie immer das Visitor Center, wo wir uns beim Ranger über die aktuelle Bärenlage informieren.

Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, kurz im Denkmal für die Pioniere des Wintersports Platz zu nehmen.

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Einige Wanderwege sind aktuell ganz gesperrt, oder dürfen (wie hier) nur in Gruppen ab vier Leuten begangen werden, weil sich auf dieser Höhe zur Zeit die Bären mit Beeren die Bärenbäuche vollhauen. Nicht schlimm, da wollten wir eh nicht lang.

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Wir wollten nämlich nur zum Moraine Lake, auch wenn es hier oben heute morgen noch etwas düster ist. Tiefblau liegt er trotzdem vor uns.

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Ganz allein sind wir nicht. Den kurzen Aufstieg zum Aussichtspunkt haben wir uns mit so einigen anderen Kanadaliebhabern geteilt, aber nur ein paar Schritte weiter herrscht herrliche Stille.

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Wir beschließen, morgen ganz früh noch einmal hier herzukommen, wenn es vielleicht noch ein wenig ruhiger ist, und mit etwas Glück auch der Himmel blau ist, nicht nur der See.

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Für ein Erinnerungsbild ist aber noch Zeit.

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Zum Tea House am Lake Agnes

Vom Moraine Lake ist es nicht weit hinüber zum Lake Louise, der uns in einem einmaligen Eisgrau entgegen leuchtet.

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Nach etwas Weg durch den verschneiten Wald …

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… öffnet sich der Blick hinab auf den See. Und wieder wirkt dessen Farbe von oben noch intensiver, als vom Ufer aus.

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Ein paar Mutige sind auch heute schon mit Kanu unterwegs.

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Wir stapfen weiter …

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… bis wir den Mirror Lake am Fuße des Big Beehive („Großer Bienenstock“) erreichen. Warum die wohl so heißen?

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Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Lake Agnes.

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Das Tea House am Lake Agnes wird von Studenten bewirtschaftet, die das Nötigste zu Fuß hier hochtragen und während der Saison hier oben wohnen. Nur ein Mal im Jahr wird die kleine Hütte in 20-30 Flügen an einem einzigen Tag mit dem Hubschrauber versorgt. Wie von einem Tea House zu erwarten gibt es eine Auswahl von 140 Teesorten.

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Zum Glück finden wir einen Platz in der warmen Hütte. Das Apple Crumble zum Tee können wir empfehlen. Von der faden Suppe raten wir ab.

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Dieser dicke fette Chipmunk hat herausgefunden, wie man die Zuckerdosen öffnet.

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Das Wasser bezieht das Tea House aus dem See. Den Tee trägt man dann ins Outhouse oberhalb der Hütte.

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Das Wetter wird immer besser, ab und zu gibt es sogar ein paar wärmende Sonnenstrahlen.

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Wir verabschieden uns vom Lake Agnes …

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… und steigen durchs Winterwunderland …

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… am Mirror Lake unter dem Big Beehive …

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… am Ausblick auf den Lake Louise …

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… wieder hinab …

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… und machen für heute Feierabend. 🙂

Six Glaciers und Ten Peaks

Die Nacht war klar und erfrischend (-10°) und uns steht ein traumhafter Tag bevor! Haben wir uns das nicht verdient?

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Als Erstes fahren wir nochmal zum Moraine Lake, in dem sich fünf der „Ten Peaks“ spiegeln. Die Ten Peaks wurden von Ihrem „Entdecker“ ursprünglich durchnummeriert, aber in der Sprache der Ureinwohner. Später erst hat man sie dann mit Namen bekannter Persönlichkeiten bedacht. Am frühen Morgen ist am Moraine Lake noch nicht so viel Andrang, wie gestern. Und wir wollten ihn nochmal in voller Farbenpracht sehen. Allerdings haben wir nicht die Rechnung mit der Sonne und den Bergen gemacht, denn mindestens einer der zehn Peaks wirft noch einen gewaltigen Schatten auf den See. Da müssen wir wohl heute Abend noch ein drittes Mal hier rauffahren…

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Am Lake Louise ist schon etwas mehr Sonne angekommen. Trotzdem haben wir noch alle verfügbaren Jacken übereinander an, heute morgen. Unser Ziel sehen wir vom Ostufer der Sees am Ende des Tals: Zu dem Gletscher ganz da hinten, der den See mit dem tollen grünlichen Wasser versorgt, da wollen wir hin.

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Wer sitzt denn da am Wegrand und lässt sich von der Morgensonne wärmen?

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Nachdem wir den See umrundet haben geht es bergauf. Bis zu unserem Ziel sind es gute 6-7 Kilometer und nur etwa 450 Höhenmeter. So geht es angenehm bergauf und nachdem wir auch aus dem Schatten raus sind, bauen wir nach und nach Schicht für Schicht unseres Jackenvorrats ab.

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Der Victoria Glacier fließt hier um die Kurve und wir haben schon eine gute Höhe erreicht, …

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… um die kleinen Gletscher über uns zu bewundern …

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… und auf den Victoria Glacier herabzublicken.

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Alle paar Minuten hört man hier ein tiefes Grummeln, das sind die Geräusche des sich langsam bewegenden Gletschers und des einen oder anderen Eis-Abbruchs. Einen Gletscher so zu hören, das haben wir bisher noch nicht erlebt. Ist eindrucksvoll.

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Die Schutthügel links und rechts des Tals hat der Gletscher zusammengetragen, als er noch ein- bis zweitausend Meter länger war. Das dürfte erst 50 bis 100 Jahre her sein. Im Tal blicken wir auf den milchig trüben Lake Louise. Dahinter ist übrigens das Skigebiet von Lake Louise zu erkennen.

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Nach dem Blick aufs Gletschereis dürstet uns und das Plain of Six Glaciers Tea House kommt genau gelegen. Das Tea House wird von einem Trupp junger Leute bewirtschaftet, die den Sommer hier oben verbringen, wöchentlich die Lebensmittel zu Fuß nach oben tragen, und hier oben selbst ohne Elektrizität auskommen. Das Brot ist selbstgebacken, der Apple Pie natürlich auch! Und übrig bleibt hier nichts: Die Chipmunks laufen uns sorglos zwischen den Füßen umher, Elstern und Krähen versuchen ihr Glück an den leeren Tischen.

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Im Abstieg geht es wieder dem Lake Louise entgegen, in der Sonne ist es mittlerweile ganz gut auszuhalten. Es taut und kleine Bäche fließen die Bergflanken hinab, zeitweise ist der Wanderweg zum Bachbett geworden. An den Felswänden hingen morgens beim Aufstieg noch hunderte Eiszapfen, die sind mittlerweile alle heruntergefallen. Wir steigen vom Winter in den Frühling hinab. Äh, war nicht eigentlich Sommer?

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Suchbild! Die schneeweißen Mountain Goats sind nur ganz selten anzutreffen. Etwas hundert Meter über uns entdecken wir eine.

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Was heißt da eine? Eine ganze Herde! Nochmal Suchbild: Wie viele Mountain Goats sind es?

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Auflösung: Mindestens sieben.

Wir gönnen uns noch einen Blick zurück zu den Gletschern, unter denen wir vorhin noch standen.

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Und erreichen wieder den Lake Louise.

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Ganz egal wie sehr uns die Füße jetzt schon wehtun, wir fahren nochmal rauf zum Moraine Lake.

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Und der leuchtet uns jetzt auch in schönstem Blau entgegen.

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Die Busse sind für heute zwar schon alle weg, aber auf dem Aussichtspunkt über dem See ist trotzdem noch ein bisschen viel los. Und vier Grad sind offenbar nicht für jeden gleich kalt.

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Jetzt sind wir aber wirklich platt für heute.

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Auf dem Icefields Parkway nach Norden

Über das Wetter in Kanada haben wir nun bereits gelernt: Es kann heute so und morgen dann so sein… Gestern hatten wir ja einen Traumtag, wolkenlos. Heute sind alle Berge in Wolken. Was besonders schade ist, denn wir fahren auf dem Icefields Parkway nach Jasper. Und der Icefields Parkway heißt so, weil er an dutzenden Eisfeldern und Gletschern vorbei durch die Rocky Mountains führt. Dumm nur, wenn von den Mountains so gar nichts zu sehen ist.

Aber wir sind ja mittlerweile Kanada-erfahren und lassen uns von sowas den Tag nicht vermiesen. Den Marsch zum Ausblick über den Peyto Lake treten wir trotz widrigster Bedingungen an. Mit einem Blick auf den See rechnen wir eigentlich nicht, aber man darf ja hoffen. Am Parkplatz angekommen fängt es nun auch noch an heftig zu schneien. Schnell befinden wir uns im tiefsten Winter. September! SEPTEMBER! S-O-M-M-E-R!?! Na gut. Wir nehmen es mit Humor, versuchen einfach auf dem vereisten Weg nicht auszurutschen und genießen die Stille im verschneiten Wald. Vor Schnee heben sich wenigstens die Bären besser ab. Aber auch denen ist es heute offenbar zu ungemütlich draußen.

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Am Aussichtspunkt angekommen sehen wir wie erwartet nichts, nur vorne weiß (Nebel) und hinten weiß (Schnee). Ein lustiger Spaziergang war’s trotzdem. Und zurück am Parkplatz lugt natürlich wie aus Hohn – die Sonne durch die Wolken.

Die meisten Stopps entlang des Parkway lassen wir heute links liegen. Nach oben hin ist einfach nichts zu sehen. Ein kurzer Hike hinab zu einer Klamm ist da schon ergiebiger. Zehn, zwanzig Meter unter uns donnert das Wasser durch die enge, dunkle Schlucht.

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Alle Seen, Bäche und Flüsse hier oben werden von Gletschern gespeist und leuchten in den unterschiedlichsten Blautönen. Wir hoffen auf übermorgen, wenn wir die gleiche Strecke zurückfahren wollen, und vielleicht, vielleicht die Sonne scheint.

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Der Icefields Parkway erreicht an zwei Stellen eine Höhe etwas über 2.000 Meter. Am ersten Pass, dem Bow Summit standen wir zu Beginn der Fahrt im Schnee. Am zweiten Pass blickt man auf die Zunge des Athabasca Glacier, der nur einige hundert Meter von der Straße entfernt endet. Vor hundert Jahren noch wäre die Straße durch den Gletscher hindurchgegangen, seitdem hat er sich laufend zurückgezogen. Eine Stichstraße führt uns auf die Gletscherzunge zu, Markierungssteine zeigen auf dem Weg dorthin, bis wohin der Gletscher noch vor 60, 40, 20 Jahren ging. Von der 1992-Marke aus sind es noch einige hundert Meter bis zur heutigen Gletscherzunge. Diese legen wir bei eiskaltem Wind dick eingepackt zurück.

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Bis ganz ans Eis dürfen wir hier nicht heran, offenbar will man nicht ständig Touristen aus Gletscherspalten bergen. Aber der Blick an den Seitenhängen hinauf ist schon ganz beeindruckend.

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Und die Gletscherzunge trägt heute Zebra-Look.

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Gut durchgefroren erreichen wir nach dem Marsch ans ewige Eis wieder unser Auto und statten dem Icefield Centre noch einen kurzen Besuch ab. Leider ist das Besucherzentrum gerade im Umbau, und so müssen wir uns das Wissen aus unseren eigenen Büchern holen: Hoch über dem Athabasca Glacier liegt das Columbia Icefield, eines der größten Eisfelder südlich des Polarkreises, das sich über mehrere hundert Quadratkilometer erstreckt und bis zu 350 Meter dick ist!

Das Eisfeld nährt mehrere Gletscher, die wie Finger in alle Himmelsrichtungen die Täler hinabstreben. So fließt das Schmelzwasser des Columbia Icefield in drei verschiedene Meere: Über den Columbia River in den Pazifik, über den North Saskatchewan River und die Hudson Bay in den Atlantik und über den Athabasca River in das nördliche Polarmeer!

Soviel zum Erdkundeunterricht für heute, zur Belohnung hab ich mich mit Bär und Moose in Mountie-Uniform fotografieren lassen:

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Und angekommen in Jasper erfahren wir, dass wir dank Überbuchung auf die „Pyramid Suite“ der Lodge geupgradet wurden, die sich als voll ausgestattete Dreizimmerwohnung entpuppt, mit amerikanischem Monsterkühlschrank, Kamin (Feuerholz liegt bereit) und einem Badezimmer in der Größe wie sonst unser Zimmer gewesen wäre – einschließlich eines Riesenwhirlpools. Dreimal darf jetzt geraten werden, wie wir diesen eisigen Tag beendet haben…

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Wildlife

Ein neuer Tag, ein neues Wetter. Gestern waren wir kurz im tiefsten Winter. Heute nach Frühnebel wolkenlos und 18 Grad! Das gilt es natürlich auszunutzen – wir haben uns ein paar kleine Wanderungen vorgenommen.

Gleich am Ortsausgang ein von früheren Reisen bekanntes Bild: Wenn ohne jeden sichtbaren Grund links und rechts Autos mit Warnblinker am Straßenrand stehen, dann gibt es meist Tiere zu gucken. Eine ganze Herde Wapiti wird gerade von einem Ranger durch den Wald und weg vom Highway getrieben, von denen sehen wir nur noch die Hinterteile. Doch ein paar hundert Meter später – wieder Autos mit Warnblinker an der Straße – sitzt ein Grüppchen ganz entspannt im Wald direkt neben dem Highway.

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Ein verheißungsvoller Start für den Tag war das. Wir beginnen gut motiviert unsere erste Wanderung zum Maligne Canyon. Ein bis zu vierzig Meter tiefer Schlitz im Boden, der oben manchmal nur einen Meter breit ist, und in dem unten der Maligne River in Kaskaden zu Tal strömt. Von mehreren Brücken aus gibt es einen super Blick in den Canyon und auf Wasserfälle aller Größen. Hier an der Bridge No. 3:

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Der bestimmt 20 Meter hohe Wasserfall an der Bridge No. 1 war der Beste.

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Weiter geht’s talaufwärts zum Medicine Lake. Der Medicine Lake ist ein stattlicher See unterhalb des Maligne Lake, mit diesem verbunden über den Maligne River. Einziges Problem: Immer im Herbst lässt sich der See mal selber ab und verliert ganze 20 Meter Höhe, bis er fast komplett verschwunden ist. Der Grund: Obwohl der Medicine Lake meist über gar keinen oberflächlichen Abfluss verfügt, versickert sein Wasser durch viele Karsthöhlen und tritt erst 17 km entfernt wieder zu Tage. Und zum Sommerende hin ist der Zufluss so viel geringer als der Abfluss durch diese Spalten und Höhlen, dass der See einfach leer läuft.

Die Ureinwohner fanden das so unheimlich, dass sie sich sicher waren, dass hier Zauberei am Werk war, daher der Name Medicine Lake. Eine Zeit lang hat man versucht, das Abfließen des Sees zu verhindern (da ein leerer See den frühen Touristen nicht zugemutet werden sollte), indem man Matratzen und Zeitungen in die Abflüsse steckte. Bei einem See diesen Ausmaßes halte ich es für etwas naiv zu glauben, das könnte funktionieren… Hat es auch nicht. Dafür wurde die Gegend aufgrund des einmaligen Karst-Systems später von der UN zum Welterbe erklärt.

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In Geröll und kleinen Felsspalten fühlt sich übrigens unser hiesiges Lieblingstier sehr wohl: Der Peeka. Auf deutsch heißt der kleine Kerl „Pfeifhase“ wegen seines typischen Rufs: „peek“. Leider ist er recht scheu und unglaublich hektisch. In der Regel hab ich noch nicht mal die Kamera gezogen, dann ist er schon weg. Also, viel Spaß beim Suchen:

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Hier der Ausschnitt in der Vergrößerung. Leider hat der kleine Mann in der Perspektive die Ohren ziemlich angelegt – das typische am Peeka sind nämlich seine lustigen runden Ohren. Will man den Peeka entdecken, muss man übrigens nur auf seinen Ruf warten. Hat man ihn dann mal gehört, lässt er sich mit etwas Glück auch zwischen den Steinbrocken verorten.

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Wir fahren weiter entlang des Medicine Lake, bis wir schon wieder gestoppt werden. Diesmal sind es zwei Bighorn Sheep, die schöööön laaaangsam auf dem Mittelstrich die Straße entlangwandeln.

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Bei jedem Auto halten sie kurz an, schauen zum Fenster rein – nein, wir geben nichts – dann wird noch etwa an den Reifen geschleckt (Streusalzreste sind immer lecker. Bei mir kommt – leider – auch noch etwas überfahrenes Chipmunk dazu) und die Wegelagerer machen weiter zum nächsten Wagen.

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Eine unglaubliche Begegnung!

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Kurz vor dem Maligne Lake am Talende stoppen wir erneut, leider sind wir diesmal aber zu spät. Ein Moose war gerade zu sehen, erfahren wir, es ist aber schon weitergezogen. Moose haben wir schon auf früheren Reisen gesehen, allerdings immer nur Kühe, nie Männchen mit Geweih. Das wäre doch zu schön gewesen. Wir geben aber nicht auf.

Sehen wir uns einfach den riesigen Moose-Kopf an der Wand des Visitor Centers am Maligne Lake an.

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Nach einem schönen Picknick mit Blick auf den See (der 22 km lang ins Tal hineingeht, aber nur per Boot erkundet werden kann), machen wir hier noch eine kurze Wanderung – Warnschilder zeigen an, dass man die Moose in Ruhe lassen soll, wir sehen aber heute leider weiterhin keins.

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Das historische Bootshaus am See ist sehr fotogen. Wir wundern uns über einen Kanadier, der vom Ufer aus immer „other way around“ brüllt. Bis wir drei Asiaten sehen, die sich ein Ruderboot gemietet haben. Er rudert, die Damen lassen sich rudern. Klappt nur nicht so ganz. Der Chauffeur hat sich halt ins Boot gesetzt, wie beim Auto. So, dass man in Fahrrichtung schaut. Und da fällt das Rudern dann schwer…

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Nun denn, wir drehen unsere Runde und fahren zurück nach Jasper, immer die Umgebung im Blick, stets in der Hoffnung auf die eine oder andere Wildlife Sighting. Doch erst zurück am Highway werden wir noch einmal fündig. Das alte Spiel: Autos mit Warnblinker am Straßenrand? Hin! Fragen oder gucken, wohin alle gucken. Diesmal nach oben. Ein ganzes Rudel Gämsen sucht auf den Felsen über dem Highway nach Essbarem. Und bringt unten den Verkehr zum Erliegen.

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Mit den Gämsen hatten wir nun nicht mehr gerechnet. Das war jetzt schon zu viel des Guten. Und doch, keine hundert Meter weiter halten wir schon wieder an: Ein riesiger Wapiti-Hirsch (die hier „Elk“ genannt werden, und mit denen wir ja letztes Jahr schon innige Bekanntschaft schließen durften) zeigt sein Geweih und röhrt sich einen. Angeber.

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Also was Tiersichtungen angeht, war der Tag ein Erfolg. Und der Abend ist noch dazu so mild, man kann sogar mit nur zwei Jacken übereinander rausgehen! Was will man mehr, wir sind glücklich.

Auf dem Icefields Parkway nach Süden

Der zweite Versuch. Auf unserer Fahrt auf dem Icefields Parkway nach Jasper hatten wir ja Sicht gleich null, also setzen wir auf den heutigen Tag – die Rückfahrt nach Süden steht an. Wir stimmen uns erstmal mit ein paar Stopps an spiegelnden Seen entlang des eisblauen Athabasca River ein.

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An einer engen Klamm …

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… stürzen die Athabasca Falls zu Tale.

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Die Farbe des Flusses, der uns auf der ganzen Fahrt bis zur Passhöhe hinauf begleitet ist unglaublich.

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Wir fahren an Ausblicken auf Berge und Gletscher vorbei, die wir auf der Hinfahrt nicht mal erahnen konnten.

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Kurz vor der ersten Passhöhe …

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… erreichen wir den Athabasca Glacier, zu dessen Zunge wir bei unserem ersten Besuch schon hinmarschiert waren.

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Heute sieht man noch viele weitere Gletscher …

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… rund um den Athabasca.

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Dann nehmen wir uns die Wanderung hinauf zur Parker Ridge vor. Der Ranger sagte, „it’s really cool“ – und er hatte sowas von Recht. Zuerst geht es in Serpentinen einige hundert Höhenmeter an einer Flanke des Tals entlang des Icefields Parkway hinauf. Wir kommen ganz schön in’s Schwitzen. Aber auf dem Kamm angekommen weht ein eisiger Wind. Dafür eröffnet sich langsam, Schritt für Schritt, der Blick auf das Nachbartal, das nur von hier oben einzusehen ist.

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Was sehen nur die Wanderer vor uns, was wir von hier noch nicht sehen können?

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Es ist der Blick hinab auf die lange Zunge des Saskatchewan Glacier, dem größten, vom darüberliegenden Columbia Icefield gespeisten Gletscher.

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Mit jedem Schritt können wir tiefer ins Tal hinabschauen. Der See am Fuße des Gletschers funkelt in hellem, aber kalten Blau.

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Im Windschatten der Parker Ridge machen wir Brotzeit, genießen ganz lang die Aussicht und die totale Stille hier oben.

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Nach dem Abstieg fahren wir weiter Richtung Süden. Wir wollen noch einmal zum Peyto Lake hinauf, hier wurden wir ja vor zwei Tagen eingeschneit und vom Aussichtspunkt war nur Nebel zu sehen. Die Sicht ist heute natürlich perfekt, allerdings sind wir schon recht spät dran, und so liegt der milchig grün-blaue See schon im Schatten. Müssen wir wohl noch ein drittes Mal wiederkommen. Vielleicht nächstes Jahr?

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Macht alles nichts, genießen wir dafür die tief stehende Abendsonne.

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Am Ende dieser langen Etappe mit so vielen Stopps und Wanderungen ist es nun ganz schön spät geworden. Gerne würden wir in unserer Unterkunft in Banff anrufen und Bescheid geben, dass wir erst spät ankommen, aber an Handy-Empfang ist frühestens in 60 km zu rechnen. So fahren wir in der Abendsonne auf dem Icefields Parkway weiter gen‘ Süden, bis wir wieder Lake Louise erreichen. Dort haben wir endlich Empfang und bereiten unsere Gastgeber auf unsere späte Ankunft vor.

Auch unsere Mägen würden gerne bald ankommen (und auf die Dusche freuen wir uns natürlich ebenso). Also entscheiden wir uns, den Autobahn-ähnlich ausgebauten Trans Canada Highway (TCH) nach Banff zu nehmen, anstelle des parallel verlaufenden alten Highway. Auch wenn wir dort am Abend gute Chancen auf weitere Tier-Sichtungen gehabt hätten – irgendwann muss Feierabend sein. Doch mit den Tieren ist es so: Die trifft man am Ende immer dann, wenn man sie am Wenigsten erwartet hat. Und so steht hinter dem Wildzaun am TCH ein Moose! Ein Männchen mit riesigem Geweih! Ein r-i-e-s-e-n Tier! Und guckt in aller Ruhe dem Verkehr zu.

An Anhalten und Fotografieren war auf dieser Straße natürlich nicht zu denken, aber toll war das trotzdem. So nah hätten wir ihn woanders wahrscheinlich niemals gesehen.

Die Moose (also die nordamerikanische Variante vom nordeuropäischen Elch) sind übrigens eine der ganz raren Spezies. Sie haben’s leider auch wirklich nicht leicht: Während andere Waldbewohner (wie z.B. die Wapiti, die hier „Elk“ genannt werden) so ziemlich alles an Grünzeug fressen, sind die Moose rechte Feinschmecker. Und die Delikatessen, die die Moose am Liebsten mögen, gibt es leider nur recht selten. Dort, wo der Wald abgebrannt ist, und sich dann neu erholt, wachsen zum Beispiel einige Moose-Leckerchen. Nun löscht der blöde Mensch diese Waldbrände aber immer (und hier im Norden ist das Waldbrandrisiko nicht annähernd so hoch, wie in den USA). Und die vielen Elk fressen den Moose dann auch noch das Beste weg. Hinzu kommt, dass das Moose, fühlt es sich bedroht, einfach würdevoll und souverän stehen bleibt. Das beeindruckt Bären und andere Waldbewohner – das Moose ist ja meist größer als alle anderen. Leider versucht das Moose die gleiche Strategie bei herannahenden Autos und Zügen… Und das sind ein paar der Gründe, warum es nicht so viele Moose mehr gibt. 🙁

Banff

In Banff starten wir erstmal mit einem gaaaanz gemütlichen Wandertag. Als erstes ersteigen wir den Tunnel Mountain, den Hausberg über dem Ort. Im Tunnel Mountain gibt es übrigens keinerlei Tunnel, der heißt nur so, weil man früher mal überlegt hatte, hier die Eisenbahn durch einen Tunnel zu führen. Durch Banff fließt der grünlich schimmernde Bow River, dessen Ursprung am Bow Glacier wir gestern noch besucht hatten.

So liegt der Ort in einem kleinen Talkessel umgeben von Seen, Sümpfen und Bergen. Eine kleine Oase.

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Dann besuchen wir den Ursprung des Banff National Park, eine heiße (nach Schwefel stinkende) Quelle. Auf der Treppe zum oberen Quelltopf huscht etwas unter den Balken herum. Es ist ein Wolverine beim Beerenessen (Simone sagt, bei uns heißt er „Vielfraß“, sicher will sie mich veralbern). Katzengroß, schwarz glänzender Pelz, Riesenohren, fieses Gebiss und kräftige Klauen – mit dem wollen wir uns nicht anlegen.

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Nahe der Quellen drehen wir noch eine Runde auf der „Marsh Loop“. Der Wanderweg ist zugleich Reitweg. Oder sollte ich sagen, der Reitweg ist zugleich Wanderweg? Wir balancieren auf dünnen Streifen entlang der Matsche, die die Pferde aus diesem schönen Rundweg gemacht haben, genießen aber dafür den Ausblick auf den Bow River, dem der Weg lange folgt.

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Dann verjagen wir noch eine Wasserratte, die gleich aufs andere Ufer hinüberschwimmt.

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Mit so viel Wildlife hatten wir heute gar nicht gerechnet. Also begeben wir uns zum High Life in die Stadt.

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Ob wir den Abend vielleicht im Dancing Sasquatch beenden? Ich werde gleich mal Simone fragen…

Durch den Johnston Canyon zu den Ink Pots

Wir brechen auf zu unserer letzten größeren Wanderung im Banff National Park, naja, und es wird wohl leider auch die letzte Wanderung für diesen Urlaub sein – bald geht’s wieder heimwärts.

Auf dem Weg zum Johnston Canyon hatten die Straßenbauer eindeutig Mitleid mit diesem schönen Baum, und haben die Straße einfach mal drum herum geführt.

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Wir steigen durch den Johnston Canyon langsam aufwärts. Bis zu den Lower Falls noch zusammen mit einer Menge anderer Touristen. Die Lower Falls führen ganz anständig Wasser und donnern in einen Kessel hinunter, in den man durch einen natürlichen Tunnel hineinblicken kann, wenn man bereit ist, gebückt durch ein kleines Loch im Fels durchzusteigen. Dahinter ist auf einem kleinen Absatz Platz für vielleicht drei Leute – dem Wasserfall kommt man somit richtig nah – und nass wird man natürlich auch.

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Auf dem Weg entlang der Klamm gibt es noch eine ganze Reihe weiterer kleiner Fälle zu bewundern. Zwischen den Lower Falls und den Upper Falls werden es schon langsam weniger Mitbesucher. Die Flip-Flops-Träger haben großteils an den Lower Falls Kehrt gemacht.

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Den Squirrels geht es ob des Andrangs ganz gut im Johnston Canyon.

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Die Upper Falls sind etwa doppelt so hoch, wie die Lower Falls. Hier drehen 98% der Wanderer um, also nach den Flip-Flops-Trägern nun auch die Turnschuhträger. Die meisten zumindest.

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Wir marschieren noch gute 1 1/2 Stunden weiter. Umso weniger Wanderern wir unterwegs begegnen, desto häufiger klatschen wir wieder in die Hände, um den armen Bären unseren überraschenden Anblick zu ersparen. Letztlich erreichen wir ein hübsches Hochtal. Der Inukshuk ist auch schon da.

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Das Ziel unserer Wanderung: Die Ink Pots. Es sind fünf Quelltöpfe in verschiedenen Farben, schön anzusehen. Der Wasserfarbkasten des Sasquatch. Form und Farbe haben irgendwie mit der (eiskalten) Temperatur der Quellen zu tun, mit dem Sand und dem Geblubber unter dem Sand, und, naja, es war auf einer Tafel erklärt, ich hab’s leider weder kapiert, noch mir merken können.

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Einige Ink Pots sind grau-bräunlich, andere blau-grün.

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Alles in allem sehr hübsch, und den Aufstieg allenfalls wert!

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Rückzu erlauben wir uns noch einen Selfie am Upper Fall …

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… bevor wir schließlich wieder das Tal erreichen.

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Auf der Heimfahrt nach Banff machen wir noch einen kurzen Halt an den Vermilion Lakes.

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Hier herbstlt es schon ganz schön.

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Endlich können wir zum Abschluss des Tages unsere qualmenden Füße in den See hängen. In den gletscherwarmen See. Uuuuuuh!

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Die Abendsonne taut die Eisfüße aber wieder auf.

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Das war nun also im Groben unsere Berichterstattung aus Kanada! Schön, dass Ihr mitgelesen habt …

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… und alles Liebe!

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Kanada 2014

Meinen Bericht unseres Kanada-Trips könnt ihr hier lückenlos und chronologisch nachlesen: Canada 2014 – Die ganze Reise

Das waren die Etappen:

Vancouver
Granville Island Market
Bloedel
Der Sonne entgegen
Harrison Hot Springs
Flussaufwärts
Regen, Wald und Eisenbahn
Um den Emerald Lake
Oh September!
Zum Tea House am Lake Agnes
Six Glaciers und Ten Peaks
Auf dem Icefields Parkway nach Norden
Wildlife
Auf dem Icefields Parkway nach Süden
Banff
Durch den Johnston Canyon zu den Ink Pots