Key West

Als wir gestern Abend hungrig in Key West ankamen, mussten wir uns erstmal ein wenig an diesen Ort gewöhnen. In der Haupt-Flanierstraße, der Duval Street, liegt schon ein bisschen Ballermann in der Luft. Zum allgegenwärtigen Gestank vorgeblich kubanischer Zigarren kommen noch die Abgase der Biker Gangs, die, Fehlzündungen provozierend durch die Straßen knattern.

Obwohl diesem Fleckchen Erde eine gewisse, gemütliche Grundstimmung zugeschrieben wird, werden wir auf dem Gehsteig ununterbrochen von hektischen Leuten überholt, die alle auf der Flucht zu seien scheinen. Wo die wirklich hinwollen, das werden aber erst morgen herausfinden.

Wir hatten dann aber doch noch einen schönen Ort zum Essen gefunden, eine Art kleinen Biergarten mit Livemusik. Und, obwohl unsere Unterkunft direkt an einer gut befahrenen Ortsstraße liegt, haben wir danach blendend, tief und fest geschlafen, weil das kleine Häuschen, das uns zugeteilt wurde, gut geschützt und von der Straße abgewandt liegt. Frühstück gab es heute morgen dann sehr schön am Pool im Freien – einen Frühstücksraum braucht man in Key West offenbar nicht.

Heute wollen wir nun also die Stadt erkunden, und hoffen, dass sie uns doch noch gefällt.

Schon beim ersten Spaziergang durch die Nebenstraßen sieht alles viel hübscher aus: Wunderschöne, teils winzige Holzhäuser mit Balkonen und Terrassen – und alles im Schatten eines tropischen Grüns.

Zuerst machen wir uns auf zum Southernmost Point, dem südlichsten Punkt von Festland-USA. Schon der Weg ans Südende der Duval Street gefällt uns viel besser als der Ballermann von gestern Abend. Am Southernmost Point finden wir auf dem Gehsteig eine Menschenschlange vor, die geduldig darauf wartet, sich einzeln mit dem Riesenpoller abzulichten. Was skurril ist, denn es ist schließlich nur ein Poller mit der Aufschrift „Southernmost Point Continental U.S.A – 90 Miles to Cuba“ und einem hässlichen Zaun dahinter. Wir verzichten auf das Anstehen und fotografieren die Tonne einfach so.

Dass Kuba so nah ist, ist natürlich schon faszinierend.

Interessant ist auch, dass an diesem offenbar so wichtigen Ort keine Stars and Stripes-Flagge weht, wo diese doch sonst überall dazugehört. Dafür steht oben auf der Tonne „The Conch Republic“ drauf, was folgenden Hintergrund hat: Die Keys mit ihren unendlich vielen Inseln, Buchten und Stränden sind eine schwierig zu kontrollierende Außengrenze der USA. In den Achtzigern dachte man, man könnte dem Schmuggel besser Herr werden, wenn man eine Kontrollstation auf dem Highway, am Übergang von den Keys zum Festland, errichtet – schließlich muss dort jeglicher motorisierter Verkehr durch, wie durch ein Nadelöhr.

Die Bewohner der Keys (und insbesondere die der 30.000 Einwohner umfassenden Stadt Key West) fanden das gar nicht lustig, wollten sie nicht jedes Mal ihren Kofferraum durchleuchtet bekommen, wenn sie aufs Festland fahren. Also meinten sie: Wenn die USA die Bewohner der Keys praktisch wie Ausländer behandeln, dann könnten sie ja auch gleich aus den U.S.A. austreten. So wurde die Conch Republic gegründet, ein eigener Staat – natürlich ohne jede offizielle Anerkennung. Aber es gab ein schönes Medienecho, und die geplanten Kontrollstellen wurden schließlich nie gebaut. Noch heute kann man beim Bürgermeister von Key West für $100 einen Pass der Conch Republik erwerben – der aber praktisch nur für den Bilderrahmen gut ist.

Vom Bürgermeister von Key West gibt es übrigens noch eine weitere nette Geschichte: Key West war immer ein wichtiger strategischer Stützpunkt der Navy – schließlich sitzt der kommunistische Feind ja direkt vor der Türe (und auch die Handelswege in den Golf von Mexiko gilt es zu verteidigen). Nun sieht man Kuba zum Glück in diesen Jahrhundert immer weniger als Bedrohung – so sollte der Navy-Stützpunkt in Key West vor einigen Jahren personell reduziert werden. Die Navy ist hier aber ein wichtiger Arbeitgeber. Also surfte (!) der Bürgermeister die 90 Meilen nach Kuba rüber, um zu demonstrieren, wie nah der „Feind“ noch immer ist – und die Navy blieb.

Soviel der angelesenen Anekdoten.

Zurück zu den schönen Villen auf Key West …

… und zu deren Verkabelung. Auch wenn das Kabelwirrwar dem anderer amerikanischer Kleinstädte in Nichts nachsteht, sind hier zumindest die Pfeiler aus Beton, und die Ampeln werden – wie häufig in Florida – wirbelsturmsicher aufgehängt.

Das macht es jedoch etwas schwierig, die schönen Häuser mal ohne Kabel davor zu fotografieren.

Nach unserem Spaziergang zum Südende machen wir jetzt ein Päuschen im Garten unserer Unterkunft.

Dann marschieren wir wieder los und erkunden weitere Seitenstraßen mit noch mehr blühenden Gärten.

Ganz wenige Häuser warten noch darauf, wieder aufgeweckt zu werden. Aber gut möglich, dass es hier spukt. Nachts nehmen wir dann lieber eine andere Straße.

Schon besser, hier könnte man einziehen:

Auf Umwegen erreichen wir schließlich den Mallory Square am Nordende der Duval Street. Hier machen jeden Tag ein bis zwei Kreuzfahrtriesen fest und laden tausende Touristen auf der Insel ab. Das ist schon mal Teil Eins des Mysteriums, warum am Nachmittag immer alle hektisch die Duval Street rauf rennen: die müssen wieder an Bord zurück. Entsprechend nimmt auch die Dichte an T-Shirt-Läden zum Mallory Square hin immer stärker zu. Aber der Blick aufs Meer ist dennoch einwandfrei!

Eine besondere Spezialität der Keys scheint zu sein, dass praktisch überall wild lebende Gockel herumlaufen. Selbst auf Supermarktparkplätzen muss man Acht geben, dass man keinen überfährt.

Während draußen die Segler kreuzen …

… laufen wir wieder inseleinwärts. Vor dem Museum wird geküsst …

… und hinter dem Museum spenden monströse Würgefeigen Schatten.

Hier beginnt mit der Meile Null auch der Highway No. 1. Den Zusatz „North“ hätte man sich hier eigentlich sparen können, denn in Richtung „South“ geht es von hier ja nicht mehr weiter…

Kurz hinter der Meile Null parkt ein skurril dekorierter Truck: Ein Lebenswerk.

Aber nun hält uns nichts mehr: Wir haben vom vielen Laufen neben Plattfüßen einen Riesenhunger bekommen und peilen das Banana Café an, bei dem wir heute morgen schon leckere Crêpes auf den Tellern erspäht haben.

Der Weg zu den Crêpes hat sich letztlich voll ausgezahlt!

Auch am Abend gehen wir noch einmal lecker essen, denn für morgen haben wir einen kleinen Ausflug geplant, bei dem sich zu üppige Nahrungsaufnahme unter Tags nicht empfiehlt – mehr in Kürze!

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