Quer durchs Yukon

Wir verlassen Dawson – auch wenn wir gerne noch länger geblieben wären – auf dem Klondike Highway Richtung Süden. Da nur Wenige den langen Weg hinauf nach Dawson in Kauf nehmen, ist der Highway entsprechend leer und wir fixieren immer das Unterholz rechts und links der Straße, in der Hoffnung auf Moose oder Bären. Aber wahrscheinlich hätten wir uns irgendwo ankündigen müssen – sie haben heute offenbar vergessen, die Moose rauszuschicken. Das ist das einzige Moose, das wir unterwegs erspähen konnten – leider steckt es in einer alten Karre fest:

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Die Fahrt ist laaaang. Im ersten Teil geht es noch schön kurvig durchs gelb-orangene Laub, dann ziemlich geradeaus. Immerhin bieten uns ein paar kilometerlange Baustellen etwas Abwechslung…

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Unterwegs ein Stopp an den Ruinen eines alten Roadhouses. Früher gab es die alle 20-50 Kilometer, um die Reisenden nach jeder Tagesetappe zu beherbergen und zu versorgen.

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Endlich erreichen wir Whitehorse. Hier lebt etwa die Hälfte von Yukon’s gesamter Einwohnerschaft: Rund 25.000 Menschen. Viel ist das ja nicht. Wir fahren als Erstes mal Autowaschen – nie hätte ich gedacht, dass ich jemals freiwillig ein Mietauto waschen würde, aber die Schlammkruste war einfach zu dick.

Lange Fahrt – großer Hunger: Wir kehren ein bei Klondike Rib & Salmon. Best Ribs in Town, das sag ich Euch!

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Am nächsten Morgen besichtigen wir noch die SS Klondike, die hier für immer vor Anker liegt.

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Und wir wandern vom Miles Canyon – einer Engstelle mit entsprechenden Stromschnellen am oberen Yukon – nach Canyon City. In Canyon City wurden früher die Boote entladen, die Ladung wurde auf einer Pferdetram über den Berg gezogen. Nur zertifizierte Lotsen durften die Boote dann durch den Canyon fahren, hinter dem sie wieder beladen wurden. Von Canyon City ist heute nichts mehr zu sehen, die Natur hat sich alles zurückgeholt.

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Letztlich brechen wir auf in Richtung Skagway.

Gold! Gold! Gold!

Mit dieser Headline hatte der Seattle Chronicle den Run zum Klondike ausgelöst. Die ersten Goldsucher waren mit den Taschen voll Gold zurückgekehrt und nun wollten alle ihr Glück versuchen. Einige haben bis heute nicht aufgegeben. Neben ein paar größeren Minen gibt es an Alaskas Goldadern noch viele hundert Einzelkämpfer. Schon auf unserer Fahrt Richtung Dawson, am 40 Mile River haben wir die ersten Goldsucher gesehen. Die Grundausstattung: Ein Bagger, ein Bulldozer, ein Gerät zum Einsaugen des Flusssandes. Alle Claims sind nach wie vor vergeben und aktiv. Einfach mal am Fluss ein wenig Goldschürfen – keine gute Idee. „Claim Jumping“ wird hart bestraft.

Es ist unglaublich, welche Infrastruktur 1898 in kürzester Zeit aufgebaut wurde, um die Goldsuche möglich zu machen. Kein Wunder, dass am Ende vor allem jene reich wurden, die den Prospektoren Transportdienste, Unterkunft, Waren und Werkzeuge verkauften. Im Grunde ist das heute auch noch so.

Nachdem die ersten Goldsucher noch mit Schaufel und Pfanne arbeiteten, kamen dann Investoren, die für teures Geld große Gerätschaften, sogenannte Dredges bauen ließen und mit diesen – ähnlich einem Braunkohlebagger – die Flussbette lückenlos durchwühlten. Die Größte davon – die Dredge No. 4 – ist heute ein National Monument, das wir nun besichtigen wollen.

Zwar waren die Claims zu dieser Zeit alle schon abgesteckt, und für die Dredge benötigte man eine ganze Menge Claims, natürlich alle nebeneinander. Aber da die Dredges kaum ein Körnchen Gold zurückließen, garantierten sie auch hohe Erträge. Das wiederum garantierte hohe Abgaben, und so war man gerne bereit den Betreibern der Dredges die entsprechenden Rechte zu verschaffen.

Außerdem schafften die Dredges längerfristig verlässliche Arbeitsplätze – während die Gold Miner von heute auf morgen zum nächsten Gold Rush weiterzogen, blieb eine Dredge für Jahre am gleichen Ort. Auch das sahen die Offiziellen in Dawson gern, denn die Stadt hatte gerade begonnen Fuß zu fassen – und man wusste von anderen Orten, wie schnell diese wieder zu Geisterstädten verwaisen können.

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Das Baumaterial für die Dredge wurde komplett aus dem Süden herbeigeschafft. Benötigt wurden massive Balken, die aus den dünnen Bäumen hier im Norden nicht geschlagen werden konnten. Einige Zahnräder in der Dredge waren zu groß, um sie durch den Eisenbahntunnel über den White Pass, also über die kürzeste Route, zu befördern. Sie wurden daher einmal um halb Alaska herum- und den ganzen Yukon heraufgeschifft.

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Die Dredge schaufelt vorne unentwegt Kies und Sand und Steine rein, die dann durch eine riesige, sich drehende Trommel von mehreren Metern Durchmesser hinunterrutschen. Das schwere Gold fällt durch die Löcher, wird dann über weitere Gitter gespült, bis es endlich in Kokosmatten hängenbleibt. Der ganze Rest wird hinten wieder ausgespien.

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Das macht natürlich ganz schön Lärm. Die Dredge war über 50 Meilen weit zu hören. Wer auf der Dredge arbeitete. wurde in der Regel taub. Auf der Dredge selbst arbeiteten übrigens nur vier Mann. Weitere 400 waren drum herum mit dem Betrieb einer Dredge beschäftigt.

Bevor die Dredge loslegen konnte, musste der Boden vorbereitet werden, so wurde – anfangs mit Feuern, später mit heißem Dampf – zuerst der Permafrost-Boden aufgetaut und abgetragen, bis man zum Kies darunter vorstoßen konnte. Allein diese Vorbereitung dauerte bis zu drei Jahre.

Die Dredge No. 4 wurde gar elektrisch betrieben, dazu baute man Dämme und Kraftwerke oben am Fluss. Dawson City kam so zu dem Namen „Paris des Nordens“, denn die Stadt hatte schon elektrischen Strom, als andere noch nicht mal davon gelesen hatten.

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Die Dredge durchpflügt also die Landschaft und gräbt sie dabei einmal komplett um. Die Dredge No. 4 liegt am Bonanza River, einem Zufluss des Klondike. Alle Flüsse hier wurden also schon ein Mal komplett, viele Meter tief umgegraben. Und werden heute von professionellen Goldsuchern ein zweites Mal umgegraben, denn die Dredge könnte ja etwas ausgelassen haben.

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Auf fremden Claims zu schürfen ist also keine gute Idee. Aber einen Claim hat die Klondike Visitors Association, quasi das „Fremdenverkehrsamt“ von Dawson, gekauft. Hier dürften Besucher bis zu drei Tage Gold suchen – jedoch nur mit Schaufeln und Goldpfannen. Sonst ist alles erlaubt – nur die Straße darf nicht abgetragen oder untergraben werden.

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Der Boden sieht hier aus wie Schweizer Käse, jeder hat mal irgendwo ein Loch gegraben. Ich bediene mich mangels Spaten an einem schönen, großen, frischen Loch.

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Aaah! Ob da Gold dabei ist?

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Mit dem Dreck in der Hand geht es dann an den Fluss. Hätte ich jetzt eine Goldpfanne dabei, so wie diese japanische Reisegruppe, könnte ich sofort loslegen und schnell reich werden! Aber bei fünf Grad Wassertemperatur hab‘ ich mir die Klunker dann lieber doch im Museum angeschaut…

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Am Abend gönnen wir uns einen leckeren Burger bei Kondike Kate’s.

Letztlich zieht es uns dahin, wo alle Goldsucher nach beschwerlicher Arbeit Ihren Tageslohn hintragen: Ins Casino.

Bei Diamond Tooth Gertie’s stehen nicht nur Spieltische, hier tritt auch jeden Abend Gertie mit ihren Girls auf.

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Die Show war klasse, aber nach dem harten Goldschürfen müssen die beiden Goldsucher jetzt in die Falle.

Dawson City

Man nannte die Stadt auch das „Paris des Nordens“, denn die energiehungrige Goldsuche brachte schon die Elektrizität nach Dawson, Yukon, als andere Orte noch nicht einmal davon gehört hatten. Dawson war die Goldrausch-Boomtown schlechthin. 1898 lebten hier nur eine Hand voll Ureinwohner, als das erste Gold am Klondike River gefunden wurde. Nachdem diese Nachricht sich in Seattle und San Francisco verbreitet hatte, wollten nicht weniger als eine Million Menschen sich auf den Weg zur Goldsuche machen. Zu Zeiten der großen Wirtschaftskrise kein Wunder. Rund 100.000 machten sich dann tatsächlich auf den Weg. Davon erreichten nur die Hälfte ihr Ziel. Der Rest gab auf oder überlebte die Strapazen der Reise nicht. Für die meisten, die es geschafft hatten, war die Enttäuschung dennoch groß: Die Claims am Klondike waren längst abgesteckt. Viele kamen an – und drehten gleich wieder um. Aber 30.000 blieben.

Nach dem Goldrausch fiel die Einwohnerzahl rapide, aber Dawson wurde nie zur Geisterstadt. Heute leben hier rund 2.000 Menschen, das Durchschnittsalter liegt gar bei 30.

Bis auf die Front Street ist keine Straße im Ort asphaltiert. Dafür gibt es hölzerne Bürgersteige. Bei Trockenheit werden die Straßen gewässert – das reduziert den Staub, dafür wird’s matschig. Nach Regen müssen die Straßen mit schwerem Gerät wieder glatt gezogen werden.

Dawson ist staubig und ursprünglich. In unserem Hotel werden am Eingang die Schuhe ausgezogen, es stehen Schlappen für die Gäste bereit. Bei dem Sand und Matsch draußen eine gute Idee.

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An den Autos erkennt man, wer woher kommt. Sauber: Kam aus Whitehorse auf dem geteerten Klondike Highway. Hinten komplett braun, Kennzeichen nicht mehr lesbar bzw. Farbe des Kennzeichens auch nicht mehr zu erkennen: Kam über den Top of the World Highway aus Anchorage oder Fairbanks. Komplett eingematscht, Farbe des Fahrzeugs nicht mehr erkennbar: Ist den Dempster Highway bis über den Polarkreis hinausgefahren, oder lebt hier.

Die SS Keno, ein Schaufelraddampfer, der sicher viele Male die lange Reise von Whitehorse nach Dawson, immer auf dem Yukon River, zurückgelegt hat, hat nun endgültig vor der Front Street festgemacht. Das Foto habe ich um 16 Uhr 59 aufgenommen. Um 11 Uhr und um 17 Uhr pfeift die SS Keno mit ihrer gewaltigen Dampfpfeife. Das jedoch wussten wir nicht. Ich sage nur: Ich hab‘ lang schon nicht mehr so laut geschrien. Und keiner hat’s gehört. Die restliche Müdigkeit von der Fahrt war jedenfalls vertrieben. Morgen 17 Uhr weiß ich Bescheid.

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Dawson ist auf Permafrost gebaut, was auch ein Grund dafür ist, dass die Straßen nicht asphaltiert sind (und die Front Street extra mit besonders hellem Asphalt gedeckt wurde). Denn der Permafrost neigt zum Auftauen und das tut der Stadt gar nicht gut. Die ersten Jahre standen diese Häuser wie eine Eins auf dem Permafrost. Dann wurde man bequem und begann, die Gebäude zu beheizen. Das taute den Boden auf und die Häuser sanken langsam ein. Denn, taut der Boden auf, dann taut das darin eisförmig gespeicherte Wasser und der Boden verliert an Volumen – die Stadt versinkt.

Nachdem man dieses Problem erkannte, begann man, alle Häuser auf Sockeln zu bauen, unter denen die kalte Luft zirkulieren kann.

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Viele der alten Gebäude gehören nun der kanadischen Nationalparkverwaltung und sind teilweise zugänglich. In anderen sind Läden, Restaurants und Hotels eingezogen. Trotzdem wirkt die Stadt richtig authentisch – als wäre die Zeit hier einfach stehen geblieben.

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Auch so kann man im Yukon leben.

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Die vielen Gebäude und Kirchen im Ort lassen erahnen, wie Dawson einst florierte.

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Im Postamt haben wohl einige ihre Postfächer lange nicht mehr geleert. Die Post hatte seinerzeit einen höheren Bargelddurchsatz als irgendeine andere Filiale, selbst mehr als in den großen Städten. Die Goldsucher zahlten hier ihr Vermögen ein.

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Wir besuchen einen alten Friedhof…

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… und die Blockhütte des berüüühmten Dichters Robert Service (Bildungslücke meinerseits, sorry).

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Wir besuchen auch die alte Zeitungsredaktion und -druckerei. Bevor es in Dawson eine eigene Zeitung gab, nahm man die Zeitungsseiten, die verwendet worden waren um Speck einzuschlagen, der über tausende Meilen hierher transportiert wurde, und las sie laut auf der Straße vor. Der Durst nach Nachrichten aus der Heimat war damals so groß, dass man bereit war, 25 Ct. zu bezahlen, um dabei zuhören zu dürfen!

Zum Essen gehen wir zu Kondike Kate’s, einer Institution in Dawson. Kräftig essen, denn morgen geht’s auf die Goldfelder!

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Top of the World

Valdez war also an der denkbar ungünstigsten Stelle in der gesamten Bucht entstanden. Mitten im Delta des Valdez Glaciers, also auf einem riesigen Kieshaufen direkt am Meer. Beim großen Erdbeben rutschte der ganze Kies dann ab und löste einen Tsunami aus. Aber es war halt der kürzeste Weg vom Schiff aufs Land weiter zum Gletscher. Und den Gletscher hinauf zogen damals die Goldjäger auf dem Weg zum Klondike River – als dort der Goldrausch ausbrach. Dahin möchten wir jetzt auch, wir ziehen aber keine Schlitten den Gletscher hinauf, sondern nehmen die Straße.

Am Worthington Glacier oben in den Bergen, den wir vorgestern auf der Herfahrt noch bei strahlend blauem Himmel fotografiert hatten, machen wir bei leichten Schneeschauern und eiskaltem Wind eine kurze Wanderung hinauf zur Gletscherzunge. Der Gletscher ist – wie fast alle Gletscher – stark auf dem Rückzug und legt dabei den Schutt seiner Moräne, aber auch massive Felsen frei. Anekdote am Rande: Für die amerikanischen Gäste wurde gestern auf dem Schiff auch erklärt, dass wenn sich ein Gletscher „zurückzieht“, dieser nicht den Berg wieder hochfließt. Kein Kommentar.

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Wir fahren dann landeinwärts, lassen die Berge und den Schneefall hinter uns.

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Wir folgen dem Richardson Highway und der Trans Alaska Pipeline nach Norden, biegen dann auf den Tok Cutoff ab, der bei Tok auf den Alaska Highway trifft. Der „Ort“ besteht aus zwei Tankstellen, einer Hand voll Unterkünften und Restaurants, einer Schule, einer Krankenstation, ein paar Autowerkstätten und einem Flugfeld. All das verteilt auf 2-3 Kilometer rund um die Kreuzung.

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Nachdem Simone bereits *im* Gespräch (!) neben mir eingeschlafen ist, stärken wir uns noch mit einem Kaffee. Der „kleine“ Caffè Latte besteht aus etwa einem Kaffeebecher Espresso und nochmal soviel Milch und hält definitiv wach.

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In Tok beziehen wir ein superkuscheliges Cabin mitten im Wald. Die Stille hier kann ich gar nicht beschreiben – denn bei null Grad draußen mussten wir das Heizgerät die ganze Nacht durchlaufen lassen, welches etwa alle fünf Minuten mit einem Aufheulen startet, dann aber wenigstens richtig einheizt. Da übernachtet man einsam in der Wildnis – und braucht Ohrstöpsel.

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Am nächsten Morgen treffen wir als Erstes auf eine Moose-Mama mit ihrem Kleinen.

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Die Beiden fressen sich nochmal richtig satt bevor der Schnee kommt. Fun Fact am Rande: Das Moose hat vier Mägen, um den Mix an Flechten, Moosen und Algen zu verdauen, den es am Liebsten isst.

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Fast unscheinbar biegt kurz hinter Tok der Taylor Highway vom Alaska Highway ab. Verpasst man die Abzweigung und vergisst umzudrehen, kommt die nächste Möglichkeit zum Abbiegen erst nach 600 Meilen.

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Langsam kommen wir in höhere Lagen – hier hat es heute morgen ein wenig geschneit.

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Unten ist Indian Summer, oben liegt der erste Schnee. Wir halten Ausschau nach Caribous, denn hier zieht um diese Zeit die größte Caribou-Herde Nordamerikas durch. Am Beginn der Straße war angeschrieben, dass seit gestern die Jagdsaison auf Caribous eröffnet ist, je Jäger der Abschuss eines Bullen erlaubt ist. Entsprechend viele Jäger sind hier unterwegs. Auf großen Anhängern an Ihren Trucks ziehen sie kleine Allradfahrzeuge mit, auf denen sie dann ins unwegsame Dickicht starten. Wir würden die Caribou jedoch lieber sehen, als erschießen.

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Auf den ersten Meilen war der Taylor Highway noch asphaltiert, dann geht er über in eine Schotter- bzw. Permafrost-Piste, die aber gut zu fahren ist. Zum Glück, denn auf dieser Piste werden wir nun noch vier bis fünf Stunden unterwegs sein.

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Einziger Ort auf dem Weg nach Dawson ist Chicken. Der Ort sollte ursprünglich Ptarmigan heißen, also Schneehuhn. Allerdings waren sich die Arbeiter beim Aufstellen des Ortsschilds nicht ganz sicher, wie man Ptarmigan schreibt, und haben den Ort doch einfach Chicken genannt.

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„Ort“ ist natürlich wieder ein Euphemismus, aber hier leben doch im Sommer ein paar Dutzend Menschen. Beim Chickenstock Music Festival ist dann die Hölle los, die Bühne steht noch, aber das Festival war wohl eher im Sommer.

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Der Saloon ist sehenswert, und im Chicken Creek Café decken wir uns mit frisch gebackenem Apple Pie und Keksen ein.

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Der Saloon.

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Hinter Chicken wird der Taylor Highway etwas ruppiger, aber die Fahrbahn ist trocken – bei Schlamm wird das hier schnell unpassierbar. Irgendwann gabelt sich die Straße, wir biegen ab auf den Top of the World Highway in Richtung Kanada. Und es ist verrückt: Hier haben die Amerikaner die letzten Meilen bis zur Grenze funkelnagelneu und perfekt geteert. Mitten im Nirgendwo, ein Stück 1a Straße, das von beiden Seiten nur über eine Schotterpiste erreichbar ist. Der Gedanke liegt nahe, dass man den Kanadiern einfach mal zeigen wollte, wie ein anständiger Highway aussieht.

Am Welcome to Alaska – Schild checken wir quasi aus, denn wir verlassen Alaska ja jetzt ersteinmal. Es ist hier oben schon recht frisch, das Schild als Windschutz sehr willkommen.

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Noch eine Meile und wir erreichen die kanadische Grenze. Es ist der nördlichste Grenzübergang Nordamerikas, geöffnet Mitte Mai bis Mitte September von 8 bis 20 Uhr. Wir sind das einzige Auto weit und breit und die Grenzpolizistin zieht sich erstmal die Jacke über bevor sie zu uns ans Auto rauskommt und die Genehmigung zur Einreise erteilt. Wir fragen uns, was man angestellt haben muss, um an diesen Außenposten – zwei Stunden Fahrt bis zum nächsten Tausend-Seelen-Ort – versetzt zu werden. Oder zu dürfen? Wer weiß?

Hinter der Grenze gilt es erstmal allerlei einzustellen: Die Uhren eine Stunde vor, den Tacho von Meilen auf Kilometer, das Bordthermometer von Fahrenheit auf Celsius. Endlich wissen wir, dass es draußen offenbar 1 Grad plus hat.

Auch das Yukon Territory erwartet uns mit einem schönen Willkommensschild – nur das N liegt schon am Boden. Der Wind ist eisig, ich springe nach dem Foto sofort wieder zurück ins Auto … und …

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… erspähe oben am Berg eine Gruppe von gut zwanzig Caribous!

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Wenigstens die Nachzügler bekomme ich noch aufs Bild. Die Caribous sind in vollem Galopp unterwegs. Ein großartiger Anblick! Hoffentlich laufen sie nicht den Jägern in die Arme…

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Wir halten Aussicht, ob noch weitere Tiere folgen, aber da kommt leider nichts mehr nach.

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Der Top of the World Highway macht auf der kanadischen Seite wieder seinem Namen alle Ehre: Die Straße verläuft weitestgehend von Bergrücken zu Bergrücken, sodass man permanenten Ausblick in alle Himmelsrichtungen hat. Durch den Schnee ist die Piste hier etwas feucht, aber immer noch gut zu fahren – nur das Auto schaut jetzt nicht mehr ganz so aus, als hätten wir nur die vom Vermieter erlaubten befestigten Straßen gewählt…

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Langsam nähern wir uns unserem Ziel.

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Und da sind wir: Unter uns liegt die Goldgräber-Metropole Dawson City. Gut zu sehen, wir hier der dunkelbraune Klondike River in den eher hellbraunen Yukon fließt. Wir sind da!

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Wir können sogar schon unser Hotel erspähen. In dem gelben Haus ganz am rechten Bildrand, hinter dem rechten oberen Fenster, sitze ich gerade auf dem Bett und tippe (und hoffe auf Nordlichter, aber das nur am Rande).

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Jetzt gilt es nur noch, den Yukon zu überqueren. Die Fähre ist Teil des Highway und holt uns gratis ab. Es gibt kein Fährterminal oder so, als Rampe wird einfach mit dem Bulldozer Kies in den Fluss geschoben. Bei jeder Flut, vor allem im Frühjahr, wird der Fluss das alles mitnehmen und die Rampen müssen neu modelliert werden.

Die Fähre macht auch nicht fest, sondern hält einfach mit Motorkraft gegen den Strom, während wir drauf fahren. In wenigen Wochen wird der Yukon schon so viel Eis mitbringen, dass die Fähre dann aus dem Wasser gehoben und sicher geparkt wird. Ist der Fluss dann sicher zugefroren, so wird im Winter an dieser Stelle eine Eisbrücke errichtet, sprich: Das Eis wird zum Queren – auch für schwere Trucks – freigegeben.

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Die Ankunft in Dawson City ist wie eine Rückkehr in die Zivilisation. Aber Moment. In welchem Jahrhundert sind wir hier angekommen? Mehr dazu morgen… Wir gehen jetzt erstmal einen Kaffee trinken.

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