Eisberg voraus!

Valdez liegt am Ende eines tiefen Fjords im Prince William Sound. Eigentlich eine geschützte Lage. Trotzdem wurde der Ort in den letzten 50 Jahren schon von zwei großen Katastrophen heimgesucht. Zuerst das Karfreitagsbeben 1964, das stärkste je aufgezeichnete Erdbeben Nordamerikas, das zweitstärkste der Welt. An den Docks hatte gerade ein großes Frachtschiff festgemacht. Der Koch der SS Chena warf den herbeigeeilten Kindern und Erwachsenen Bonbons und Früchte zu. Dann kam das Beben. Dann der Tsunami. Der Boden unter dem Ort hatte nachgegeben und war ins Meer gerutscht, der Ort drei Meter abgesackt. Daher die Flutwelle. Zuerst verschwanden die Docks, also praktisch der ganze Hafen im Nichts und riss 30 Menschen mit sich. Dann wurde das Schiff zehn Meter angehoben, landete im Trockenen. Die nächste Welle packte den Frachter wieder und warf ihn zurück ins Meer. Schiff und Besatzung überstanden den Tsunami, der Ort Valdez nicht. Man baute einen neuen Ort, einige Meilen weiter westlich.

Alaska-N-581

Dann der März 1989, an dem kurz vor Mitternacht die Exxon Valdez nach dem Verlassen des Hafens auf Grund lief und die bisher größte Ölkatastrophe Nordamerikas hervorrief. In Valdez endet die Trans Alaska Pipeline, die das Öl von der Beringsee einmal durch den ganzen Staat transportiert. Im großen Ölhafen von Valdez werden die Tanker beladen. Auf dem Weg hinaus auf den Ozean passiert die Schifffahrtsroute den Columbia Glacier, der in dieser Nacht viele Eisberge hinaus in den Prince William Sound schob. Soweit ganz normal, man änderte den Kurs, um das Eis zu umfahren. Aber der Kapitän war betrunken, und sein Steuermann hatte für die Fahrt in diesem Gebiet gar keine Zulassung. Also wurde der Kurs falsch gesetzt – als man es bemerkte, war es schon zu spät. Die Exxon Valdez lief auf Grund und drei der vier Tanks wurden aufgerissen.

Jetzt musste sich beweisen, was an den großmundigen Versicherungen der Konzerne dran war, auf solche Unglücke vorbereitet zu sein. Nichts war dran. Das Material zum Eindämmen des ausgelaufenen Öls war entweder nur auf dem Papier vorhanden, oder nicht einsatzfähig, oder erst Tage und Wochen später vor Ort. Drei Tage blieb das Wetter gut, Exxon schickte 20 Mann zum Reinigen des nahe gelegenen Strandes. Dann kam der Sturm und verteilte das Öl über die gesamte Südküste Alaskas. Die Jahre danach waren Zehntausende damit beschäftigt, die Strände zu säubern – jeder Stein wurde einzeln mit Seifenlauge abgeschrubbt – auch wenn sich später zeigte, dass das Reinigen eher nur noch mehr Schaden angerichtet hat. Die Natur hat sich viel besser selbst gereinigt, auch wenn das 25 Jahre gedauert hat. Dem verendeten Meeresgetier hat das natürlich wenig geholfen.

Alaska-N-583

Wir wollen uns mal selbst ein Bild davon machen, ob sich das Meer vor Valdez erholt hat. Den Seeottern geht es jedenfalls ganz gut.

Alaska-N-586

Der Weiskopfseeadler dreht mir auf dem Foto leider den Rücken zu. Er wollte wohl inkognito bleiben.

Alaska-N-594

Unser Ziel für heute ist der Columbia Glacier, jenem Bösewicht, der beim Unglück der Exxon Valdez die vielen Eisberge in Richtung der Schifffahrtslinie losgeschickt hatte. Uns kommen auch schon die ersten Eisberge entgegen. Im Gegensatz zum letzten Bootstrip ist es heute ganz schön zapfig. Als wir in die Bucht vor dem Gletscher eingebogen sind, fiel das Thermometer urplötzlich von 10 auf 4 Grad. Der Gletscher ist so weit ausgedehnt und so massiv, dass er diese kalte Luft die ganze Bucht hinunterschickt, sein Atem reicht 20 Meilen weit.

Alaska-N-605

Auf einer Eisscholle treiben ein paar Seeotter dahin.

Alaska-N-614

Neugierig schauen sie zu uns herüber.

Alaska-N-618

Dann taucht der Columbia Glacier letztlich auf. Was ganz nah aussieht ist tatsächlich noch weit entfernt. Die Gletscherzunge ist einige Meilen breit und wir sind auch noch mehrere Meilen von der Abbruchkante entfernt.

Alaska-N-650-Pano

Ohne jeden Anhaltspunkt verschätzt man sich total bei Größe und Entfernung. Diese Eiswand ist 80 Meter hoch!

Alaska-N-649

Wir tasten uns ganz langsam durch das Eis immer näher an den Gletscher heran. Den Bug richtet unser Captain immer auf den Gletscherrand aus, sodass wir im Falle eines größeren Eisabbruchs die Flutwelle nicht längs abbekommen. Die Geräuschkulisse ist faszinierend. Das im Wasser dahintreibende Eis pritzelt und knackt beim Schmelzen. Bei jedem Abbruch, was alle paar Minuten passiert, ein dunkles Donnern. Dazu dauernd das Klonksen des Eises, wenn es an die Bordwand schlägt, während wir uns langsam weiter vorarbeiten.

Alaska-N-667

Für große, wie für kleine Eisberge gilt: Über der Wasseroberfläche befinden sich nur etwa 10% des Volumens. Die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs.

Alaska-N-688

Mit ausreichendem Sicherheitsabstand bleiben wir nun stehen und der Captain stellt den Motor ab. Was aussieht wie hundert Meter ist doch eine gute Meile (1,6km). Leise treiben wir durchs Eis. Außer uns ist kein anderes Boot hier.

Alaska-N-695

Wir fixieren die Eiswand. Bei jedem Anzeichen eines Abbruchs gehen die Objektive hoch.

Alaska-N-696

Alaska-N-739

Bricht Eis ab, dann braucht der Schall gut fünf Sekunden bis zu uns. Das tiefe Donnern ist nicht zu überhören. Aber reagiert man erst auf das Geräusch, sieht man vom fallenden Eis höchstens noch die Wasserfontaine. Aber auch die hat es in sich. Nochmal zur Erinnerung: Die Eiswand ist bis zu 80 Meter hoch.

Alaska-N-726 Alaska-N-728 Alaska-N-730 Alaska-N-732

An einigen Stellen kommt das Blau des Eises besonders toll raus.

Alaska-N-735  Alaska-N-743

Irgendwann müssen wir uns dann doch von dem Anblick losreißen. Der Captain (tatsächlich eine „Sie“) wendet das Boot und langsam machen wir wieder auf den Rückweg durch all das Eis.

Alaska-N-744 Alaska-N-750 Alaska-N-768

Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem glasig blauen, statt weißen Eisberg vorbei. Der dürfte erst vor wenigen Minuten umgekippt sein. Was vorher unten im Wasser war, ist jetzt oben in der Luft.

Alaska-N-773 Alaska-N-776

Ein Stück weiter beobachten wir einen Buckelwal beim Abtauchen (wieder kein Foto…) und letztlich fahren wir noch am obligatorischen Seelöwenfelsen vorbei.

Alaska-N-789 Alaska-N-790

Zurück im Hafen von Valdez gehen wir noch unglaublich lecker Fisch essen und fallen dann von der vielen frischen (und kalten) Luft ermüdet ins Bett. Ungefähr so:

Alaska-N-798

Die Fähre nach Valdez

Heute müssen wir zeitig los. Frühstück fällt ohnehin knapp aus, da es nach dem Stromausfall aufgrund des Sturms in der letzten Nacht noch keinen heißen Kaffe gibt. Wir müssen den 9 Uhr 30 Tunnel in Portage erreichen, damit wir um 10 Uhr 30 in Whittier an Bord der Fähre nach Valdez fahren  können. Der Tunnel nach Whittier ist gleichzeitig Eisenbahn- und Autotunnel, und nur einspurig. Da sich also Züge und Autos in zwei Richtungen eine einzige Röhre teilen, gibt es je Richtung immer nur ein Mal je Stunde für 15 Minuten freie Fahrt.

Wir hangeln uns auf dem Highway wieder von Baustelle zu Baustelle und sind pünktlich kurz vor halb zehn am Tunnel. Die großen Tore des Tunnels sind gegen Eisbildung noch verschlossen Bald geht aber die Schranke auf und wir dürfen durch den Tunnel rollen. Am Besten fährt es sich etwas versetzt zum Bahngleis, auch wenn dann die rechte Felswand schonmal etwas nah kommt… Am Tunnelende sollte man tunlichst auf die Ausfahrt abbiegen, geradeaus landet man auf dem Gleis.

Alaska-N-486

Wir checken nun pünktlich beim Büro des Alaska Marine Highway für unsere Fährüberfahrt ein und erfahren, dass unsere Fähre wegen des Sturms leider ausfällt: Cancelled due to wheather conditions. Freundlicherweise hat man uns schon auf die nächste Fähre umgebucht. Dumm nur, dass die nächste Fähre erst am Montag, also in drei Tagen geht. Das ist nun eher ungünstig.

Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf dem Landweg nach Valdez zu fahren. Dauert ja nur acht Stunden.

Natürlich konnte man uns das nicht schon vor dem Tunnel mitteilen, dann wären wir ja vielleicht gleich umgekehrt und hätten keine Maut bezahlt… Immerhin erwischen wir aber gleich die nächste Tunnelöffnung und fahren nun direkt wieder zurück in Richtung Anchorage. Eine lange Fahrt liegt vor uns – aber das Wetter ist super.

Alaska-N-485

Hinter dem Tunnel, am Portage Lake nehme ich mir jetzt wenigstens noch Zeit, einen Eisberg zu fotografieren, den ich auf der Hinfahrt links liegen lies.

Alaska-N-494

Vor Palmer geraten wir in Stop-and-Go-Verkehr. Nicht schon wieder eine Baustelle… Ist es aber gar nicht, es ist der Zufahrtsstau zur Alaska State Fair, dem größten Volksfest in Alaska, das gestern erst begonnen hat. Hinter Palmer stoppen wir kurz, um den Blick auf den Matanuska River mitzunehmen. Für alle Europäer: So sieht ein natürlicher Flusslauf aus. Nicht so, wie unsere zu 100% kanalisierten Flüsse…

Alaska-N-496-Pano

Auf dem Glenn Highway geht es Richtung Osten. In Alaska gibt es genau 12 Highways, daher leistet man sich neben den Nummern für jeden Highway auch einen schönen Namen. Aber auch die Ausblicke sind nicht ohne:

Alaska-N-501

Je höher wir kommen, umso mehr hat schon der Indian Summer eingesetzt, ist das Laub goldgelb eingefärbt.

Alaska-N-507

Der Matanuska Glacier fließt tief ins Tal hinab. Was für ein Kontrast von Wald und ewigem Eis, so dicht beieinander!

Alaska-N-511 Alaska-N-514-Pano Alaska-N-523

Etwas weiter scheint es letzte Nacht ein wenig geschneit zu haben.

Alaska-N-524

Die Landschaft um uns herum: Unberührte Wildnis, nur durchschnitten vom Glenn Highway.

Alaska-N-526

Den dürren langen Nadelbäumen sieht man an, dass sie sich dem rauen Klima angepasst haben. Sie sind es gewohnt, die Hälfte des Jahres in Schnee eingehüllt zu sein.

Alaska-N-528

Noch ein Blick zurück und wir entfernen uns langsam von den Bergen.

Alaska-N-539

Danach geht es an Dutzenden kleinen Seen vorbei, bis zum Horizont orange eingefärbte sumpfige Wiesen und spindeldürre Kiefern. An einigen Seen stehen hübsche Wochenendhäuschen, die mit dem Buschflieger ab Anchorage ja in einer knappen halben Stunde erreichbar sind.

Nach etwa vier Stunden Fahrt auf dem Glenn Highway – unsere Fähre wäre jetzt schon längst in Valdez angekommen – kündigt ein Tempolimit an, dass bald wieder Zivilisation naht. Dann ein Mobilfunkmast. Noch kein Haus zu sehen. Dann: Die Gemeindebücherei, ganz allein am Highway, umgeben vom Wald. Wieder lange nichts. Das Feuerwehrhaus. Eine Tankstelle. Der Supermarkt. Von Wohnhäusern nach wie vor keine Spur. Der „Ort“ Glennallen ist praktisch nur die Infrastruktur für alle, die im Umkreis von 200 Meilen wohnen. Einen „Ort“ als solchen gibt es nicht. Wir gönnen uns einen Kaffee, denn es liegen noch mindestens zwei Stunden Fahrt vor uns.

Es geht noch einmal durch die Berge, an riesigen Gletschern vorbei.

Alaska-N-541

Das Wetter hat uns heute einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber es entschädigt uns auch.

Alaska-N-544

In Valdez angekommen fahren wir erstmal zu Fish Hatchery kurz vor dem Ort. Hier soll die Chance, einen Bären zu Gesicht zu bekommen (und gleichzeitig in sicherer Nähe des eigenen Autos zu sein) am Höchsten sein. Neben der Fischzucht fließt hier ein Bach in’s Meer. Da alle Lachse, deren Geburtsort diese Fischzucht ist, eben denken, sie sind in diesem Bach geboren, führt sie ihr Instinkt nach Jahren wieder hierher. Nun würde der kleine Bach aber umkippen, lägen wirklich all diese künstlich aufgezogenen Lachse ihre Eier ins Flussbett ab.

Außerdem sollen die Fische ja ihre Eier wieder in die Fischzucht tragen. Also wird im Herbst vor dem Bach ein Wehr hochgezogen, das verhindert, dass  die Fische den Fluss nach oben schwimmen können. Stattdessen geht daneben eine Fischtreppe ab, die direkt in der Fischzucht endet. Dabei entsteht aber ein solcher Fischstau, dass hier im flachen Wasser der Bach vor lauter Lachsen zu kochen scheint. Teilweise ist kaum mehr Wasser zu sehen, so dicht schwimmen sie.

Und das wäre natürlich ein super Fischbuffet für den Bären. Aber wie es immer so ist: Sind wir da, ist kein Bär da.

Alaska-N-553

Haben die Lachse ihre Eier gelegt – ob nun in der Fischzucht, oder auch ganz natürlich in einem Bachlauf, segnen sie bald das Zeitliche und werden wieder hinabgespült. So ist der Meeresboden bei Ebbe nun komplett mit totem Fisch übersäht. Der tote Fisch ist wiederum Nahrung für viele andere Lebewesen – die Lachse sterben also nicht umsonst, sondern sind ein wichtiges Rad im Ökosystem.

Alaska-N-551

Etwas eigenartig ist es aber schon, wenn man vor lauter toter Fische kaum auftreten kann.

Alaska-N-552

Die Lachseier sind es natürlich auch, worauf der Bär am meisten scharf ist. Nur eben nicht hier, und nicht heute.

Alaska-N-555

Wir gehen jetzt erstmal was essen. Beim Roadside Potatohead gibt es das beste Lachssandwich. Und Abendsonne. Nur das Vordach ist lückenhaft, einen Teil hat der Sturm mitgenommen.

Alaska-N-572

Nach dem Abendessen versuchen wir unser Glück an gleicher Stelle noch einmal. Vielleicht hat ein Bär ja Lust auf etwas Abendbrot? Leider nein. Ach ja: Habe ich schon erwähnt, wie hunderttausend verwesende Fische stinken? Man nimmt doch allerhand auf sich, nur um etwas Wildlife zu sehen.

Also wieder kein Bär. Geben wir uns also mit einem Sonnenuntergang zufrieden. Mittlerweile geht die Sonne schon um 21:00 Uhr unter – also eine halbe Stunde früher, als noch vor einer Woche.

Alaska-N-565

Auf dem Rückweg zum Hotel entdecken wir dann: Einen Schwarzbären. Ein junger Kerl, gut möglich, dass die Mutter nicht weit war. Frisst in einem Garten die Beeren von den Sträuchern. Obwohl ihn der Verkehr auf der Straße nicht beeindruckt, erschrickt er sich doch, als wir anhalten, und so gibt es leider kein Foto vom Schwarzbären…

Fazit des Tages: Toter Fisch stinkt. Der Bär ist lieber Beeren als Fisch. Vor Fährfahrten immer Terminbestätigung einholen.

In die Kenai Fjords

Heute steht uns die erste Prüfung unserer Seefestigkeit bevor. Wir starten in Seward an der Südküste der Kenai Halbinsel. Unser Ziel: Die Fjorde des Kenai Nationalparks. Da für den Nachmittag Sturm vorhergesagt ist, besteigen wir die Callisto Voyager mit einem Arsenal an Jacken, denn wir wollen ganz sicher nicht den ganzen Tag nur durch die Scheibe rausschauen.

Während über dem Hafen noch Regenwolken stehen …

Alaska-N-202

… scheint in Richtung Meer schon die Sonne. Nach umfangreicher Sicherheitseinweisung heißen uns Captain Chris und seine Crew an Bord der Callisto Voyager willkommen.

Alaska-N-193

Während wir die Resurrection Bay hinausschippern gibt der Blick auf den Bear Glacier schonmal einen ersten Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll. Plötzlich hält der Captain unvermittelt an! Nicht weit vor uns hat er einen Sprühnebel aufspritzen sehen, den nur einer erzeugt haben kann: Ein Wal!

Alaska-N-212

Es ist ein Buckelwal, der gerade tief Luft geholt hat und uns dann seine Fluke zeigt. Das ist klasse, bedeutet aber auch , dass er jetzt erstmal ein paar Minuten unter Wasser bleiben wird. Für einen kurzen Snack taucht er vielleicht 5, für längere Mahlzeiten bis zu 45 Minuten ab. Aber Captain Chris hat keine Eile und wartet geduldig, sodass wir den Wal auch noch ein zweites Mal bewundern können.

Alaska-N-224

Nachdem er uns erneut seine Fluke zeigt, gibt Captain Chris wieder Gas. Doch gar nicht viel später haut er schon wieder die Bremse rein. Erneut ein Buckelwal, der vor unseren Augen mehrmals fast komplett aus dem Wasser springt! Unglaublicher Anblick – nur passiert es viel zu schnell und viel zu unvermittelt, als dass ich es mit der Kamera erwischen konnte. Man weiß ja weder wann, noch wo der Wal als Nächstes auftauchen wird.

Einen weiteren Stopp machen wir bei einem nett gepunkteten Seehund, der schon kritisch schaut, weil diese wohl recht scheu sind.

Alaska-N-269

Auch eine kleine Seelöwenfamilie, die sich auf einem, einer Insel vorgelagerten, kleinen Fels eingerichtet hat, besuchen wir.

Alaska-N-284

Dort bricht dann schnell ein Streit um die besten Plätze auf dem Felsen aus, …

Alaska-N-292

… der nach viel  Geschrei schnell wieder geschlichtet ist.

Alaska-N-297

Sehr spannend sind auch diese hellen Schatten im Wasser.

Alaska-N-311

Es sind Quallenkolonien, hunderttausende Glibberfische, die hier so eng zusammenleben, dass ihre Reflexionen des Sonnenlichts schon aus der Ferne als helle Flecken auf dem Wasser wahrzunehmen sind.

Alaska-N-315

Schließlich gibt der Captain richtig Vollgas, und bei starkem (wirklich starkem) Gegenwind fahren wir dem Aialik Glacier am Ende des Fjords entgegen. Schnell trennen sich hier Spreu von Weizen und nur die mit der richtigen Kleidung schaffen es, dem Wind am Bug des Schiffes stand zu halten. Zuzüglich ein paar Luschen in Jeanshosen und Blousonjacken aus Wisconsin. Mann, was dürften die gefroren haben…

Alaska-N-333

Der Gegenwind hat noch kaum abgenommen, da kommt der Gletscher ins Bild.

Alaska-N-342

Durch abgebrochenes, auf dem Wasser treibendes Eis hindurch navigiert uns der Captain ganz nah an’s Eis heran.

Alaska-N-355

Alaska-N-357

Alaska-N-359

Immer wieder brechen mit lautem Donnergrollen kleinere Brocken ab und fallen ins Meer. Die Höhe dieser Gletscherwände ist schwer zu erfassen. Obwohl der Gletscher zum Greifen nah ist, sind wir tatsächlich noch über 500m entfernt und das Eis an der Kante locker 50m dick.

Alaska-N-364 Alaska-N-378 Alaska-N-395

Auf dem im Wasser schwimmenden Eis am Rande des Gletschers haben es sich ein paar Seelöwen gemütlich gemacht. Die helfen ein wenig bei der Größenbestimmung des Rests, denn sie sind aus unserer Perspektive nur wie kleine schwarze Krümel wahrnehmbar.

Alaska-N-409

Nach ausreichend langem Gletscherbegucken steuern wir wieder eisbergfreies Wasser an.

Alaska-N-414

Auch einen Seeotter treffen wir noch an. Der Otter hat kein Fett unterm Pelz und muss, um als Warmblütler im kalten Nordmeer überstehen zu können, jeden Tag rund 25% seines eigenen Körpergewichts fressen. Wenn er nicht gerade frisst, guckt er süß und lässt sich auf dem Rücken treiben. Oder er stärkt sich durch Brustschwimmen.

Alaska-N-436

Nach all den Meeresbewohnern steuern wir jetzt noch einige Inseln mit Vogelbrutstädten an. Die ungewöhnlichsten Vögel der Nord-Westküste – und schon fast zum Maskottchen geworden – sind die Puffins.

Alaska-N-449

Zwischen vielen, vielen Möwen sind auch ein paar Kormorane auszumachen.

Alaska-N-453

Und der nordamerikanische Austernfischer ist ebenso dabei.

Alaska-N-454

Nach so vielen Tieren und Gletschern geht es für uns nun wieder zurück in den Heimathafen. Während auf See noch die Sonne scheint, gibt es hier schon wieder einen kurzen Duscher.

Alaska-N-465

Zum Glück hat sich der Wind bis zu unserer Rückkunft Zeit gelassen. Aber am Abend wird es richtig stürmisch. Wir sind in der Seward Brewery eingekehrt und kaum haben wir aufgegessen und ausgetrunken, knipst der Sturm dem Ort auch schon den Strom ab.

Mit dem Handy als Taschenlampe tasten wir uns im Hotel durch das fensterlose Treppenhaus empor. Zum Glück ist es draußen ja noch hell – ich erinnere: Sonnenuntergang um 21:30, Dunkelheit frühestens 1 Stunde später. Kurz geht das Licht im Zimmer noch einmal an, aber nur kurz. Immerhin fällt mir vor dem Schlafengehen ein, die Nachttischlampe – obwohl sie nicht leuchtet – wieder auszuschalten. Ansonsten wäre es mitten in der Nacht plötzlich ziemlich hell geworden, denn am Morgen geht der Strom wieder – zumindest teilweise.

Welche Steine der Sturm uns sonst noch in den Weg gelegt hat? Mehr dazu morgen…

Auf zu den Gletschern!

Nun geht es los! Nach drei wunderschönen Sommertagen in Anchorage zeigt uns Alaska jetzt erstmal, wie das Wetter hier eigentlich meistens ist: Wolken, Wind und Regen. Wir fahren den Turnagain Arm hinauf, einen tiefen Fjord, dessen Name auf James Cook’s Suche nach der Nordwest-Passage hervorging – denn hier erkannte er, dass er doch eine Sackgasse erwischt hatte. Da der Tidenhub hier bei Anchorage bis zu 10m beträgt, und die Flut gerade vorbei ist, fließt das Wasser heute morgen wie ein breiter Fluss aus dem Turnagain Arm heraus. Das lockt dann oft Belugas und auch größere Wale an, die in der Strömung gerne Lachse fischen. Am Beluga Point ist es so stürmisch, dass wir vom Auto aus versuchen, Belugas zu erspähen, aber selbst denen scheint es heute zu ungemütlich zu sein.

Also ziehen wir weiter in Richtung Portage Glacier. Kurz vor dem langgezogenen Gletschersee – das Tal war vor wenigen Jahrzehnten noch komplett vom Gletscher bedeckt und der See noch gar nicht existent – weist ein Schild zur Fish Viewing Platform. Da wir mit den großen Fischen, die ja keine Fische sind, kein Glück hatten, halten wir hier kurz an und staunen: Der Bach ist voll mit halbmeterlangen Lachsen!

Alaska-N-106

Die Männchen haben schon ihre Farbe geändert, haben von silber auf tiefrot umlackiert. Die Weibchen legen sich immer wieder kurz auf die Seite, dabei legen sie ihre Eier im Flussbett ab. Dann huscht hektisch ein Männchen herbei und gibt seinen Saft dazu. Dahinter warten die Forellen, die sich an den Eiern sattessen. Nur wenige Prozent der Eier überleben, und die kleinen Lachse, die dann daraus schlüpfen werden, sollen in einigen Jahren genau hier das gleiche Spiel vollziehen, nachdem sie zwischendrin weit draußen im Meer waren.

Alaska-N-105

Genug der Fischologie, wir folgen dem Tal zum Portage Lake. Der Portage Glacier hat sich in den letzten Jahrzehnten schon „um die Ecke“ zurückgezogen, und ist nur noch vom Wasser aus zu sehen. Da wir morgen den ganzen Tag auf See sein werden, sparen wir uns die Bootsfahrt, bestaunen aber die Eisberge, die vom Gletscher abgebrochen sind und nun auf dem See treiben.

Alaska-N-112

Trotz richtig miesem Wind und Regen starten wir zu einer kurzen Wanderung hinauf zum Byron Glacier.

Alaska-N-117 Alaska-N-129 Alaska-N-130 Alaska-N-132 Alaska-N-141

Unterwegs macht der Regen Pause, wofür wir sehr dankbar sind. Wir begeben uns jetzt auf den Weg hinunter nach Seward und durchqueren durch wunderschöne Täler entlang kilometerlanger Seen die Bergwelt der Kenai-Halbinsel. Der nagelneu asphaltierte Highway fährt sich wie mit der Sänfte. Korrektur: Der *bald* nagelneu asphaltierte Highway wird sich bald wie der Sänfte befahren lassen. Wir passieren ein halbes Dutzend Baustellen, an denen man stets beim „Flagger“ (Mann oder Frau mit Stop-Schild in der Hand) warten darf, bis die Kolonne aus der Gegenrichtung unter Leitung eines Pilot Cars eintrifft. Dann führt einen das Pilot Car durch die Baustelle. Die Gesamtfahrtzeit verkürzt das nicht gerade.

Wir nutzen aber die Pausen und decken uns hinterm Lenkrad unseren Mittagstisch: Cracker, Pepperjack Cheese Sticks und Cocktailtomaten machen einen perfekten Road-Trip-Mittagssnack.

Alaska-N-143

Nicht weit weg von der Hafenstadt (Okay, Stadt nehme ich zurück) Seward fließt der Exit Glacier gespeist vom darüber liegenden Harding Ice Field ins Tal. Was schon aus der Ferne ein toller Anblick ist …

Alaska-N-145

… ist auch aus der Nähe nicht zu verachten. Man versteht, wie der Begriff Gletscherzunge entstanden ist.

Alaska-N-163-Pano

Auch der Exit Glacier hat sich massiv zurückgezogen -wo wir jetzt hinaufsteigen, kroch noch vor wenigen Jahren der Gletscher zu Tale. Die Riefen im Fels wirken noch richtig frisch.

Alaska-N-165

Zur Zungenspitze kommt man aktuell nicht – mit jeder Flut sortieren sich die Bachläufe im Outwash des Gletschers neu, und aktuell fließt der Strom so durchs Tal, dass er den Weg zum Gletscherende versperrt. Der Fluss trägt Eisbrocken vom Gletscher hinab.

Alaska-N-171 Alaska-N-175

Nach so viel Gletscherwanderei ist uns nach einem herzhaften Abendessen. Das Salmon Bake wirbt mit billigem Bier und lausigem Essen, das klingt doch hervorragend, nichts wie rein. Es gibt Bacon Wrapped Tiger Prawns (Riesengarnelen – wirklich riesige – im Speckmantel) und gebackenen Sockeye Salmon mit Mais und Ofenkartoffel und Halibut Tacos und … macht satt.

Alaska-N-185 Alaska-N-184

Nach dem Essen checken wir im Hotel ein, wo ich unterschreibe, dass ich bei 250$ Strafe keinen selbstgefangenen Fisch im Zimmer aufbewahren werde.

Zum Abendspaziergang am Meer treffen wir noch eine Otterfamilie, die uns erst neugierig anguckt, dann einen Hupfer aus dem Wasser macht und davon taucht.

Alaska-N-187

Morgen stechen wir in See. Es ist tolles Wetter angesagt – und Sturm.

Insomnia

Ich weiß jetzt, wie es Al Pacino in ‚Insomnia‘ ergangen ist. In dem Film ermittelt er während der Sommersonnwende in einem Dorf in Alaska – und findet eine Woche lang keinen Schlaf. Um zehn Stunden hat uns die Zeitverschiebung schon den Tag verlängert und jetzt will die Sonne einfach nicht untergehen. Aber der Reihe nach. Zuerstmal: Willkommen in Alaska!

Wir sind gelandet in Anchorage, der größten Stadt Alaskas, über 300.000 Einwohner, das ist knapp die Hälfte der Einwohner des ganzen Landes – das gleichzeitig fast so groß ist wie Mitteleuropa.

Downtown Anchorage besteht aus einigen verstreut liegenden Hochhäusern, dazwischen kleine, eigentlich hässliche Zweckbauten, in denen entweder Touristenramsch oder Pelze verkauft werden, oder beim Outfitter alles, was man zum Überleben in der Wildnis so braucht. Hat man sich an dieses etwas eigenartige Ambiente der erst 100 Jahre alten Stadt gewöhnt, kommt sie dann aber doch irgendwie charmant daher.

Alaska-N-058

Gleich am Tag unserer Anreise war Weekend Market auf dem großen Parkplatz an der 3rd Street. In der 3rd Street beginnt Downtown. Früher ging es in der 1st Street los, aber nach dem großen Karfreitagsbeben Mitte der 60er Jahre ist die Stadt nördlich der dritten Straße um 30m abgesackt. Die Westküste Alaskas liegt eben direkt auf dem Ring of Fire.

Parallel zur 3rd Street sind die vierte und die fünfte Straße noch recht belebt, aber dann ist Downtown auch schon wieder vorbei. An jeder Ecke im Zentrum steht übrigens ein Stand mit Rentier-Hotdogs. Die muss ich unbedingt später noch probieren…

Genug zur Geografie, oder doch, einen noch: Der Polarkreis ist nur wenige hundert Meilen nördlich von uns. Dementsprechend geht hier im Sommer die Sonne erst um 23:30 unter, um dann kurz nach 3:00 wieder aufzugehen. Glücklicherweise ist ja schon fast Herbst, so ist aktuell Sonnenuntergang um 21:30. Aber es ziiiieht sich bis halb zehn, wenn man den Jet Lag in den Knochen hat. Auch nach dem Sonnenuntergang dauert es noch eine Ewigkeit, bis es mal richtig dunkel wird.

Die erste Faustregel gegen Jet Lag lautet ja: Am ersten Tag frühestens ins Bett, wenn’s draußen dunkel ist. Um’s kurz zu machen: Wir mussten die erste Regel diesmal leider brechen. Ging einfach nicht. Die Konsequenz: Wach um drei Uhr morgens. Insomnia.

Also was tun? Bewegung!

Unsere erste Wanderung führt uns zum Flattop Mountain, einem Aussichtsberg über der Stadt.

Alaska-N-014

Wir genießen einen fantastischen Blick hinunter auf Downtown Anchorage:

Alaska-N-012

Direkt dahinter erhebt sich der Mount McKinley, der mit über 6000m höchste Berg Nordamerikas! Von den Ureinwohnern wird der McKinley allerdings Denali genannt: Der ganz Hohe. An den Fuß des Denali wollen wir am Ende unserer Reise auch noch. Hoffentlich haben wir dann auch so ein tolles Wetter, denn oft ist der Denali wochenlang in den Wolken versteckt.

Alaska-N-013

Im Westen baut sich die Alaska Range auf.

Alaska-N-023

Dahinter, am Horizont, noch einige Vulkane der Kenai Halbinsel.

Alaska-N-021

Der Ausblick ist so schön, fast übersehen wir, dass wir nicht allein sind hier oben: Moose!

Alaska-N-029 Alaska-N-032

Alaska-N-040

Wir sehen rund ein halbes Dutzend Moose an den Hängen unterhalb unseres Weges. Darunter auch ein Männchen mit dem typischen, gewaltigen Geweih:

Alaska-N-033

Ansonsten sieht man der Vegetation schon an, dass die Winter hier recht lang sind. Momentan geben aber einige Gräser und viele, viele Beeren den Wiesen einen Rotstich. Und die Beeren wiederum mögen die Moose. Und die Bären. Aber deren Gesellschaft blieb uns heute dann doch erspart.

Alaska-N-046

Zurück in Downtown besuchen wir das historische Log Cabin, in dem heute die Ranger Ausflugstipps geben.

Alaska-N-057

Anderntags (wieder um 22:00 in Tiefschlaf gefallen, um 3:00 wach gewesen) besuchen wir den Lake Hood, den größten Wasserflugzeugflughafen der Welt. Hier liegen über 1.000 Buschflieger, jeden Tag gibt es um die 200 Starts und Landungen. Die Buschflieger sind die Versorgungsader eines Großteils des Landes, das nur auf dem Luftweg zu erreichen ist.

Alaska-N-073 Alaska-N-091

Eine Maschine von Rust’s Flying Service macht sich auf den Weg zum Start…

Alaska-N-079

… und hebt nach kurzem Anlauf ab:

Alaska-N-086

Befährt man die Aviation Road rund um den Lake Hood, kreuzt man mehrfach die Taxi Ways der Flugzeuge (nicht alle Flieger hier haben Schwimmkörper, es gibt auch ganz normale auf Rädern, die auf ganz normalen Pisten landen. Oder mit Skiern unter den Rädern zum Landen auf dem Gletscher). Da steht dann ein Stoppschild, mit dem Hinweis, dass Flugzeuge Vorfahrt haben. Unbeschrankter Bahnübergang für Buschflieger. Jaah, Buschflieger – alte Haudegen der Lüfte, so wie diesen hier:

Alaska-N-088

Der Haudegen möchte sich jetzt aber wieder seiner Schlaflosigkeit hingeben. Naaacht.