Haystack Rock

Während wir die Halbinsel nun verlassen, kommt uns weiterhin ein Strom an Hot Rods entgegen. Wir überqueren den Columbia River über die spektakuläre, vier Meilen lange Brücke bei Astoria, verlassen Washington und erreichen Oregon, den zweiten Bundesstaat für diese Reise.

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Nicht viel weiter südlich erreichen wir wieder die Küste und den kleinen Ort Cannon Beach, der mit dem fotogenen Haystack Rock aufwartet. Der Haystack Rock heißt Haystack Rock, weil er aussieht, wie ein riesiger Heuhaufen. Ein Einheimischer erklärt uns, dies sei der schönste Strand der Welt, er hätte sie schon alle gesehen und verglichen. Ohne seine Angaben überprüft zu haben, können wir aber schon zustimmen, dass dieser Strand ganz schön was zu bieten hat. Erstmal das Panorama über den Haystack Rock. Dann die Sonnenuntergänge hinter dem Haystack Rock. Und zuletzt noch die Tidepools am Haystack Rock. Panorama und Sonnenuntergang machen wir heute. Tide Pools morgen. So einfach ist das am schönsten Strand er Welt…

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Bisschen noch…

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Und wech isse…

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Ilwaco und Oysterville

In Ilwaco, dem Hafen am Südende der Halbinsel, übernachten wir zum Glück fern ab des Trubels in einem gemütlichen B&B. Das Haus ist wunderschön, die Pension ist untergebracht in einer um 1860 gebauten Kirche, später Schulhaus, später Tanzsaal, jetzt buchbar für Hochzeiten. Hier werden wir freundlich empfangen, erhalten von dem Inn Keeper noch einige Tipps für den Abend, und das Frühstück ist auch lecker (Waffeln!). Was will man mehr…

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Gleich nach dem schon erwähnten Waffelfrühstück brechen wir auf, denn für heute ist schönes Wetter vorhergesagt. Trotzdem ist am Morgen noch alles in dichten Nebel gehüllt, wir sind eben an der Küste. Doch schon nach unserer ersten kurzen Leuchtturm-Wanderung reißt der Himmel auf und wir durchfahren noch das alte kleine Städtchen Oysterville im Norden der Peninsula.

Der Ort wurde gegründet, nachdem der ansässige Indianerhäuptling unvorsichtigerweise einem Weißen die Austernbänke in der Bucht gezeigt hat. Die Kirche war seinerzeit eine der modernsten, sogar mit großem Taufbecken, das mit Pumpen gefüllt werden konnte. Nur den Ablauf hatte man vergessen – das Becken wurde nach der Taufe mit einer Eimerkette durch die Gemeinde wieder geleert. Auch heute werden hier noch Austern gezüchtet, die Verkaufsstellen sind leicht zu erkennen an mannshohen Haufen leerer Muscheln vor der Türe.

Naiv wie wir eben sind, hatten wir in Oysterville einen kleinen Ortskern, vielleicht auch ein paar Läden oder Galerien erwartet, aber tatsächlich stehen hier nur in weiten Abständen die uralten, aber wunderhübschen Holzhäuser der ersten Siedler, alle noch bewohnt und mit traumhaftem Blick auf die Bucht, dann noch Kirche, Schulhaus und die Cannery (also die Fischfabrik, wo heute frische Austern verkauft werden), und das war’s. Der Amerikaner steigt zur Besichtigung nicht mal aus, die Erklärungsschilder sind auf Autofensterhöhe angebracht. Wir spazieren von Haus zu Haus und genießen das den traumhaften Morgen. Den alten Friedhof besichtigen wir dann wieder ganz amerikanisch: Wir fahren mit dem Auto durch. Muss wohl so. Ist aber ungewohnt. Hier liegt übrigens auch der Indianerhäuptling begraben, der den Siedlern die Austernbänke zeigte. Die hatten wohl verstanden, dass sie ihren Reichtum (die Austern wurden bis nach Californien verschifft) nur ihm verdankten. Ein Indianer auf einem christlichen Friedhof, ich bin mir sicher, das gibt es nicht so oft auf diesem Kontinent.

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Auch hier wachsen die Moose übrigens wo sie nur können:

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Und letztlich will ich nicht verschweigen, dass wir in Long Beach auch an der Cappuccino-Front fündig wurden: Die Long Beach Coffee Roasters rösten selbst, und das schmeckt man dann auch. Mmmh.

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Rod Run in Long Beach

Um viele fantastische Eindrücke reicher verlassen wir den Olympic National Park und reisen weiter südwärts. Unser nächstes Ziel ist eine Halbinsel nördlich der Mündung des Columbia River. Die Halbinsel ist eher lang als breit, durchquert hat man sie in wenigen Minuten, der Länge lang dauert es mit dem Auto aber fast eine Stunde.

Dem entsprechend wirbt man mit dem längsten Sandstrand der Westküste. Der Sand aber ist dunkelgrau, das Meer meist kalt, das Klima feucht und windig. Und so ist Long Beach, der Hauptort auf der Peninsula eher für Kites (Flugdrachen) bekannt, dafür, dass man den Strand hier mit dem Auto befahren darf, dafür dass es hier an 51 Wochenenden im Jahr eher beschaulich zu geht. Nur an einem Wochenende jedes Jahr, da kommen sie alle. Da tobt der Bär, da röhren die Motoren. Dieses Wochenende ist Rod Run, das wohl größte Hot Rod Treffen im ganzen Nordwesten.

Die Leidenschaft für Hot Rods ist tief verwurzelt in Amerika. Die Garage ist ja ohnehin der einzige wahre Rückzugsort des Mannes, und so kauft man sich einen renovierungsbedürftigen Oldtimer, richtet ihn in jahrelanger Arbeit mal mehr, mal weniger originalgetreu wieder her, und dann macht man sich auf den Weg nach Long Beach, zum Rod Run.

Rund 700 Fahrzeuge werden am Wochenende ausgestellt und sicher auch nach vielen Kriterien prämiert. Bestimmt genausoviele, wenn nicht noch mehr Hot Rods sind einfach auf der Insel um dabei zu sein. In Long Beach staut sich der Verkehr, und die stolzen Besitzer der PS-Monster cruisen durch das Zentrum. Für die Einheimischen ist es eine willkommene Abwechslung. Die stellen sich einfach ihre Campingstühle an den Straßenrand und gucken zu, was so vorbei kommt. Noch besser: Man parkt seinen Truck im Zentrum und hockt sich auf die erhöhte Ladefläche.

Sieht man zu, was da so an Fahrzeugen vorbeikommt, wird einem ganz schnell klar, warum dieses Hobby in Deutschland nicht so ausgeprägt, ja, vielleicht sogar zu betreiben unmöglich ist. Denn von den fantasievollsten Gefährten kämen bei uns nur die wenigsten durch den TÜV. Einige haben sich Motoren in die hübschen Oldtimer eingebaut, die auch als Raketenantriebe durchgingen. Die Low Rider können mittels Luftfederung ihre Karosserien bis ganz zum Boden absenken, oder 40cm hochpumpen, natürlich für jedes Rad getrennt.

Nachdem wir genug Abgase geatmet haben, fahren wir hinunter zum Hafen von Ilwaco. Dort findet der sogenannte Slow Drag statt. Bei diesem Rennen treten immer zwei Fahrer gegeneinander an. Kurz nach der Startlinie müssen sie die Motoren abstellen und rollen dann auf die Ziellinie zu. Wer die Ziellinie überquert, und ihr am nächsten bleibt, der hat gewonnen. Da ist dosiertes Beschleunigen am Start gefragt. Und zum Ziel hin versuchen die Fahrer mit allerlei Tricks ihre Gefährte zum Stehen zu bringen. Hektisches Hin- und Herlenken, Aufklappen der Türen und Verdecke, Aufspannen von Regenschirmen, verschiedenste Techniken werden da versucht. Eine Riesengaudi!

Alles in Allem haben wir unser Programm für diesen Tag ein wenig über den Haufen geworfen und haben uns einfach voll ins Geschehen geworfen. Viel verrückter als diese Kombination aus typisch amerikanischer Automobil-Begeisterung und Vorliebe für Extra-Groß, Extra-Laut und Extra-Ungewöhnlich geht kaum. Und der Kontrast zum Vortag hätte größer nicht sein können.

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Kalaloch

Erst kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir die Kalaloch Lodge. Direkt am wilden Strand gelegen ist sie die einzige von zwei Lodges in diesem Teil des Nationalparks. Ansonsten gibt es noch ein paar einfache Motels in den Indianerreservaten. Wenig Konkurrenz innerhalb der Nationalparks hat leider oft eine arge Diskrepanz von Preis und Leistung zur Folge, und vor dieser Unterkunft haben wir uns ehrlich gesagt schon ein bisschen gefürchtet, die einschlägigen Reviews verhießen nicht viel Gutes. Sogar von Ratten in den Cabins war die Rede. Also hatten wir uns für ein Zimmer in der Lodge entschieden. Wir erhalten sogar ein unerwartet großes, helles Zimmer zur Seeseite hin.

Leider nur scheint der Vormieter irgendwie gemeint zu haben, im Zimmer Eier braten zu müssen, und hat wohl dann die heiße Pfanne fallen lassen, worauf das stinkende Bratfett für immer in den Teppich einzog. So jedenfalls riecht es hier. Doch das ist eigentlich schon der einzige Makel. Frisch geduscht dinieren wir unten in der Lodge, natürlich lecker Fisch. Leider ist nur mit unserer Bestellung etwas schief gegangen, und so bekommen wir erst um 21h unser Essen, und Simones Lachs (heute Mittag noch die Kaskaden empor gesprungen, jetzt auf unserem Teller) kommt praktisch kalt an den Tisch. Dafür gibt’s das Dessert aufs Haus. Worauf ich lieber hätte verzichten sollen, denn an anderen Abenden waren wir um die Zeit schon im Bett…

Trotzdem sind wir froh, die Lodge als Stützpunkt gewählt zu haben, denn weiter hätten wir heute nicht mehr fahren wollen (und die nächste Unterkunft außerhalb des Parks wäre noch zwei Autostunden entfernt). Am Morgen entschädigt uns die Küche noch mit den besten je westlich des Mississippi gegessenen Walnuss-Pancakes, griechischem Joghurt mit frischen Blueberries. So haben wir uns mit der Kalaloch Lodge versöhnt.

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Hoh!

Heute fahren wir nach Hoh! Aber vorher schauen wir erst mal am Ozean vorbei. Und vorher vorher stärken wir uns mit einem Teller Apfel-Pancakes mit Lemon Butter, mmmmh!

Einen Zwischenstopp legen wir am Sol Duc River ein. Dort gibt es eine Stelle im Bachlauf, wo man angeblich die Lachse beobachten kann, wie sie den Fluss hinaufschwimmen. Die Lachse sind ja bekanntlich schlaue Kerlchen, die zwei bis sieben Jahre lang durch die Weltmeere ziehen, um dann ausgerechnet in den Bach zurückzukehren, in dem sie geboren wurden, um dort wieder für Nachwuchs zu sorgen. Und tatsächlich finden wir eine Stelle im Sol Duc River, eine kleine Stromschnelle, an der den Lachsen nichts anderes übrig bleibt, als einen knappen halben Meter hoch zu springen, um weiter stromaufwärts zu kommen. Wir hatten uns das zwar so vorgestellt wie im Fernsehen, dass es nur so vor Fischen wimmelt im Bach, aber in Wirklichkeit muss man schon ein paar Minuten warten, bis wieder einer vorbeikommt. Aber immerhin! Und die fantastische Regenwald-Kulisse rund um uns, macht das Warten auf den nächsten Lachs auch kurzweilig.

Nach etwas Fahrt durch die Wälder der Olympischen Halbinsel erreichen wir dann erstmals wirklich direkt den Pazifik. Die Strände hier tragen so schöne Namen wie First Beach, Second Beach und Third Beach. Am First Beach herrscht noch rauer Wind unter feucht-warmen Nebelschwaden. Wir verlegen das Picknick ins Auto, und nachdem ich den Müll weggetragen habe, ziehe ich verzweifelt am Türgriff um wieder in unseren weißen Toyota reinzukommen. Bis mir auffällt, dass Simone ja ein Auto weiter sitzt. Sorry, in der Tür vertan… Die schwüle Luft…

Wir steigen ab zum Second Beach. Zuerst geht der Weg durch besonders wilden Regenwald. Ohne Weg bräuchten wir hier sicher einen guten Tag, um zum Strand zu kommen. Mit Weg sind es 20 Minuten. Am Strand angekommen ziehen wir erstmal die Jacken aus – die Sonne kommt durch und augenblicklich wird aus feuchter Kälte eine schwüle Wärme. Die Strände im Nationalpark sind naturbelassen von Treibholz gesäumt, das silbern in der Sonne glänzt. Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang vorbei an Krebskarkassen, Bananenschnecken und allerlei eigenartigen angespülten Algen, setzen wir uns auf das angewärmte Treibholz und genießen die Stille. Gerne wären wir noch länger geblieben.

Doch auf den Abstieg zum Strand muss zwangläufig wieder ein Aufstieg folgen, und den nehmen wir nun in Angriff, um uns endlich auf den Weg nach Hoh zu machen, in den Hoh Rain Forest.

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Angekommen in Hoh stellen wir überrascht fest, wie angenehm warm es hier im Innern der Halbinsel an diesem Nachmittag ist. Eigentlich haben wir speziell für diese Ecke hier oben unsere ganzen Regensachen eingesteckt. Auf allen Fotos von dieser Gegend waren immer nur Nebel und Regen zu sehen. Und jetzt ist makelloser blauer Himmel über uns. Also auf in den Regenwald, der bei diesem Wetter erstmal gar nicht wirkt wie ein Regenwald.

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Die üblichen Warnhinweise vor wilden Tieren nehmen wir nur kurz zur Kenntnis – was wir später noch bereuen werden. Hier wird vor aggressiven Elk gewarnt. Elk sind übrigens Wapitihirsche, nicht zu verwechseln mit Moose, die wiederum eher den nordeuropäischen Elchen ähnlich sind. Rehe (deer), die wir mittlerweile unterwegs hinter jeder zweiten Garage die mühevoll gepflanzten Blumen knabbern sehen, zähle ich im Übrigen des Weiteren nicht mehr separat auf. Die sind einfach überall hier.

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Aber zurück zu den Hirschen. Es kommt wie es kommen musste, schon nach wenigen Metern auf unserem Wanderweg raschelt es im Gebüsch und es zeichnet sich ein großes Tier mit Geweih ab: Ein Elk, ein männliches. Nachdem wir schon Videos gesehen haben, auf denen diese Tiere unvermittelt Autos angegriffen haben, haben wir gehörigen Respekt und weichen erstmal vorsichtig zurück. Das Tier ist riesig! Vielleicht hätte ich mich auf dem Foto doch besser danebenstellen sollen, der Hirsch geht mir mindestens bis zu den Schultern. Nur wenige Meter vor uns überquert er den Wanderweg und bleibt dann im Gebüsch stehen. Wir geben anderen Wanderern Bescheid, gemeinsam warten wir erstmal ab. Ein älteres Paar aus Colorado bestätigt uns, dass dieses Exemplar ganz schön mächtig ist. Sie meinen, sie sehen zuhause häufig Elk, aber dieser sei schon stattlich. Da auch sie wissen, wie aggressiv diese Tiere sein können, kehren sie gemeinsam mit uns lieber um. Wir gehen den Weg (eine Schleife von zwei Meilen) nun lieber in der Gegenrichtung, aber nicht ganz ohne Nervosität. Bei jedem Knacken im Dickicht suchen wir die Büsche mit den Augen ab. Und am Ende des Weges werden wir ja doch wieder an dieser Stelle vorbeikommen.

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Nachdem sich unsere Adrenalinspiegel nun langsam wieder senken, können wir auch den Weg durch den von Moosen bewachsenen Regenwald genießen. Die Fotos geben diese Märchenlandschaft nur bedingt wieder. Mit langen Bärten haben die Moose hier in dieser immerfeuchten Gegend die Bäume oft komplett in Beschlag genommen. Am Waldboden wachsen Farne und weitere Moose. Der Wald um uns herum gehört zu den ältesten Wäldern Nordamerikas und einige der gewaltigen Zedern um uns herum sind so hoch, dass man bis zur Krone gar nicht hinaufblickt, so dicht und eng ist alles bewachsen.

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Wir sind während des ganzen Weges immer froh, zwischendurch einzelne Wanderer zu treffen. Letztlich kommen wir an eine Lichtung, an deren Rand im Dickicht mehrere Elchkühe auszumachen sind. Und im Hintergrund hört man das Rufen des Hirschen, diesen Ruf hatte er auch vorher schonmal ausgestoßen, als wir ihm ganz nah waren. Der will den Damen wohl an die Wäsche, aber da müssen wir nun wirklich nicht dabei sein. Wir machen uns zügig auf den Rückweg, plötzlich hören wir, dass da etwas großen ganz schön schnell durch das Gebüsch rennt. Das Knacken der wegbrechenden Äste kommt immer näher und wir suchen Schutz an einem dicken Pfahl des Geländers, das uns auf diesem Wegstück etwas Sicherheit vorgaukelt. Das Knacken hört auf, wir hören nichts mehr. Jetzt nichts wie zurück zum Auto.

Am Visitor Center angekommen, lesen wir die Warnung vor den Elk nun noch einmal genauer durch. Werden wir in Zukunft dann wohl immer so machen… Man soll sofort den Ranger informieren, steht da, aber der Ranger ist schon heimgegangen. Den Wanderern, die uns noch entgegen kommen wünschen wir viel Glück und verlassen den verwunschenen Wald. Das war Hoh.

Im Bett mit Gwyneth Paltrow

Gwyneth liegt neben mir und ist schon eingeschlummert. Aber dazu komme ich gleich. Erstmal den Tag Revue passieren lassen…

Für 9:30 haben wir einen Platz auf der Fähre reserviert, die wollen wir nicht verpassen. Von Whidbey Island setzen wir über nach Port Townsend auf der Olympic Peninsula, dem nordwestlichsten Punkt der USA, und angeblich auch dem verregnetsten. Na schauen wir mal, eigentlich ist gutes Wetter angesagt, und der Morgennebel hat nichts zu bedeuten. Auch dass es kurz bevor ich das Auto beladen will noch kurz einen Wolkenbruch gibt, ignorieren wir einfach. Das Wetter ist hier sehr wechselhaft und im nächsten Augenblick kann auch schon wieder die Sonne scheinen.

Während der Überfahrt schon die erste Überraschung des Tages. Der Captain nuschelt was von „on the left hand side“ und alle rennen nach draußen – es kann sich nur um die Sichtung von Meeresbewohnern handeln. Vielleicht ein paar Sea Lions? Das wäre nichts Neues, selbst auf der Hafenrundfahrt in Seattle schwammen die schon unserem Boot voraus. Trotzdem aufgeregt laufen wir raus auf den stürmischen Bug der Fähre und siehe da: Eine Gruppe Orcas schwimmt mit uns Richtung Festland! Wir sind begeistert – näher wären wir an die Tiere bei einem teuren Whale Watching Trip sicher auch nicht herangekommen. Und mit Walen hatten wir auf der Überfahrt eigentlich überhaupt nicht gerechnet! Später erfahren wir übrigens, dass es an der Küste Washingtons nur drei Orca-Familien gibt.

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Angekommen in Port Townsend bummeln wir erstmal durch den Ort. Als stattliche Hafenstadt hätte Port Townsend, im gleichen Jahr gegründet, auch das Seattle Washingtons werden können. Allerdings hat man dann die Railroad nach Seattle gebaut, und Port Townsend blieb ein Dorf. Trotzdem sind die Backsteinbauten aus damaligen Zeiten zurückgeblieben und geben dem Ort eine ansehnliche Kulisse. Da der Ort bei unserer Ankunft gerade erst aufwacht, machen wir nur einen kurzen Spaziergang entlang der Galerien und Läden, und packen uns in einer Bakery schon mal unser Picknick für später ein. Den Raspberry Scone essen wir aber gleich, lecker…

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Wir reisen weiter nach Sequim, wo uns der versprochene blaue Himmel erwartet. Wir hoffen ja insgeheim darauf, hier Weißkopfseeadler anzutreffen, aber die Wahrscheinlichkeit ist eher gering, erfahren wir vom Ranger and er Dungeness Wildlife Reserve. Wir versuchen es noch am Auslauf des Dungeness River, denn zur Zeit ziehen die Lachse flussaufwärts, und Seeadler möglich Lachs (wie wir). Trotzdem müssen wir uns mit der schönen Aussicht von den Klippen trösten. Heute kein Adler.

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Dann fahren wir halt hinauf in die Berge. Der Olympic National Park ist riesengroß und kann über Stichstraßen von verschiedenen Seiten aus erkundet werden. Von Norden fahren wir hinauf zur Hurricane Ridge, von hier aus überblickt man gleichzeitig die Gletscher des Mt. Olympus, die Straße von Juan de Fuca (so heißt die Meeresenge zwischen Pazifik und Puget Sound) und Vancouver Island drüben in Kanada. Auch wenn es hier oben heute recht wolkig ist, können wir trotzdem das komplette Panorama bewundern.

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Am Ende des kurzen Wanderweges zum Sunrise Point treffen wir eine Rangerin mit einem großen weißen Müllsack in der Hand. Sie lässt den Müllsack im Luftzug laut krachen, um die Mountain Goats, weiße Bergziegen, zu vertreiben. Die Viecher sind faul, und würden am Liebsten immer auf den Wanderwegen gehen, wo sie sich dann nicht so mit den Menschen vertragen. Eine der Ziegen trägt ein Halsband, wir erfahren, dass einige Tiere markiert sind, wenn sie bekannt dafür sind, Ärger mit Wanderern zu suchen. „Go away, go away!“ schreit die Rangerin und lässt den Müllsack nochmal krachen. Warum die Tiere diese Geräusche nicht ausstehen können, weiß sie nicht, es würde aber auch bei Bären funktionieren. Allerdings sind die Ziegen auch nicht dumm. Sie weichen zwar immer ein bisschen zurück, warten dann aber doch ab, ob die Rangerin ihnen nicht vielleicht doch wieder den Rücken zukehrt. Wir sind froh, dass es ihr erst nach unserem Besuch gelungen ist, die Tiere von uns Wanderern fernzuhalten, denn so haben wir wenigstens mal die sonst selten auffindbaren Mountain Gouts gesehen! Wir lassen die Rangerin zurück und hören noch aus der Ferne ihr „Go away, go away“ und das Knattern des Müllsacks.

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Von Osten zieht langsam Regen auf, wir machen uns auf den Rückweg ins Tal.

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Wieder unten am Meer unternehmen wir noch einen letzten Versuch, Seeadler zu beobachten, diesmal an der Mündung des Elwah River im Reservat der Elwha Klallam Indianer. Der Weg durch den Regenwald hinab zur Mündung ist einsam, feucht und verwachsen, am Ende unserer Mühe steht ein Ausblick auf den Elwah River, aber weit und breit kein Vogel zu sehen. Naja, wir geben nicht auf.

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Wir übernachten heute in Port Angeles, einem langgezogenen Hafenort mit Tiefwasserhafen in schützender Bucht. Gestern gab es „Amerikanisch“, und so gehen wir heute mal italienisch essen, bei „Bella Italia“. Die Pasta mit Riesengarnelen ist lecker, und dass Simone spontan mit den Worten „Did anybody ever tell you that you look like Gwyneth Paltrow“ empfangen, und dann auch fortwährend mit „Gwyneth“ angesprochen wird, belustigt uns noch den Rest des Abends. Und so liegt Gwyneth jetzt neben mir und träumt schon, und da mach ich jetzt mal mit. Bis morgen dann.

Whidbey Island

Heute verlassen wir Seattle, was uns bei leichtem Nieselregen recht leicht fällt. Während wir nun auf der Fahrt Richtung Norden erstmal einige Shopping-Stops einlegen, reißt der Himmel auf und am Abend können wir noch nahe des Fährhafens von Anacortes auf Whidbey Island die Abendsonne genießen, und den Regenwald erforschen. Auch die ersten „wilden“ Tiere laufen uns vor die Kamera (respektive vors Auto).

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Experience Music Project

Im Cafe Zeitgeist beginnen wir heute den Tag mal ganz süß: ein Mandelhörnchen, eine Zimtrolle und ein Blueberry Scone decken unseren Wochenbedarf an Zucker.

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Unser Tagesziel ist zwar das „Experience Music Project“ Museum, aber angesichts des schönen Wetters schieben wir doch erstmal eine kleine Rundfahrt auf dem Puget Sound vor, um Seattles Skyline vom Wasser aus zu genießen.

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Dann wird es aber Zeit fürs Museum. Das „EMP“ ist ein Gegenentwurf zur klassischen Museumswelt und huldigt in erster Linie der Rockmusik.

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Aber auch naheliegende Themen, wie Science Fiction und Horrorfilme haben eigene Abteilungen, in letztere steigen wir zunächst hinab.

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Das Museum ist toll aufgemacht und sehr interaktiv. Da meine musikalischen Fähigkeiten ihre Grenzen kennen, bleiben die Möglichkeiten, an verschiedenen Instrumenten zu üben und in kleinen Tonstudios eigene Jams aufzunehmen denen vorbehalten, die wirklich musikalisch sind. Immerhin kann ich an der Mix- und Scratch-Station ein bisschen die Plattenteller beschleunigen. Aber viel besser ist der Horror-Schatten-Generator in der Filmabteilung:

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Auf der großen Leinwand sehen wir uns abschließend noch etwas skurrile Videokunst an, und dann geht es heimwärts.

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Den Tag beenden wir mit einer Almond Crusted Rainbow Trout und einem Swordfish Casino. Letzteres ein interessanter Name für ein Fischgericht. Klingt irgendwie nach Russisch Roulette, aber Schwertfisch ist ja zum Glück kein Kugelfisch.

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Seattle Skyline bei Sonnenuntergang mit Mt. Rainier …

… heute ohne Mt. Rainier und erst nach Sonnenuntergang

Nach einem lecker Fisch-Eintopf in der Abendsonne an der Waterfront marschieren wir zurück zum Hotel und lassen uns unseren Wagen bringen. Valet Parking ist eine tolle Angelegenheit, wenn sie denn nicht vergessen, Dein Auto zu holen, und wenn sie dann nicht zig mal um den Block fahren müssten, um Dir Dein Auto zu bringen. Aber in einer kurz vor dem Park-Infarkt stehenden Stadt wie Seattle darf man wohl nicht zu wählerisch sein.

Noch dazu verfahren wir uns im Baustellengewirr, und dann hat uns unser Freund (Vorname: Tom, Nachname: Tom) noch falsch geleitet (denn in Seattle gibt es die gleiche Straße gerne mehrfach, z.B. ist der Highline Drive nicht identisch mit dem North Highline Drive – aber die Anwohner kennen das Problem und schicken uns schmunzelnd in die richtige Richtung), also haben wir den Kerry Park erst nach Sonnenuntergang gefunden. Dennoch ist das Panorama schön. Und unser Freund Rainier ist heute Abend sowieso unter Wolken. Ein schöner Abschluss für einen langen Tag ist es trotzdem.

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Chihuly Garden and Glass

Gleich neben der zur Weltausstellung in den 60ern erbauten Space Needle findet sich das Glaskunst-Museum von Dale Chihuly. Schon vor Jahren haben wir seine Glasskulpturen im botanischen Garten in Phoenix bewundert, auch im Bellagio in Las Vegas sind Chihulys bunte Glasblumen zu finden. Die in Seattle ausgestellten Skulpturen sind riesengroß und atemberaubend schön.

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