Regen, Wald und Eisenbahn

Aufwachen in Revelstoke, Blick aus dem Fenster: Es ist trocken. Blick auf den Wetterbericht: Es wird nass werden.

Erste Station auf unserer Weiterfahrt: Ein Wanderweg durch großblättrige Riesenstinkkohlfelder. Der Skunk Cabbage Trail führt auf Holzbohlen durch den Sumpf und tatsächlich wächst hier eine Menge Riesenkohl mit Blättern, die bis zu einem Meter messen. Glücklicherweise stinkt er gar nicht (zumindest nicht aus der Ferne). Kaum haben wir das warme Auto verlassen, fängt es natürlich an zu regnen. Zurück am Parkplatz war der Regen ganz schön heftig – die Hosen zum ersten Mal für heute nass. Rein ins Auto und weiter. Sind ja nicht aus Zucker.

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Beim nächsten Trail warten wir erstmal eine Weile, bis der heftige Schauer vorüber ist, dann drehen wir die Runde durch hohe Hemlock-Tannen und Rotzedern (nein, nicht der Rotz-Eder, sondern die Rot-Zeder). Schöner Weg durch verwunschenen Urwald. Die Hose das zweite Mal nass. Aber wir sind ja nicht aus…

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Na gut. Wir geben erstmal auf. Fahren zurück nach Revelstoke und besuchen dort das Eisenbahnmuseum. Auf dieser Reise werden wir unversehens zu Eisenbahnfachleuten. Hose trocknet.

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In der Dampflok schiebt heute ein pensionierte Lokführer Schicht, der uns seinen früheren Arbeitsplatz zeigt und alle unsere Fragen beantwortet. Simone darf auch mal auf seinem Platz sitzen.

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Der Regen macht Pause und wir sehen uns noch die großen Schneepflüge an, mit denen die Strecke durch die Rockies freigehalten werden. Die haben wir auch vorher schon im nahen Eisenbahndepot parken sehen. Technisch hat sich da in den letzten 100 Jahren nicht viel verändert.

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So wurde also früher für die Besiedlung Kanadas geworben: mit schlüsselfertigen Farmen.

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Mittlerweile scheint gar die Sonne in Revelstoke und wir lassen uns im Café LaBaguette einen lecker Cappuccino machen und zwei Bagels belegen.

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Die hausgemachten Chocolate Truffels haben uns dann noch angelacht und angefleht, mit nach Westen genommen zu werden.

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Und da fahren wir jetzt auch hin, weiter nach Westen, durch den Glacier National Park.

Zwei weitere Wanderwege führen uns unter hohen Tannen und über glitschige Felsen, aber immerhin bleibt die Hose jetzt trocken.

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Ab und zu geben die Wolken auch mal den Blick auf die Eisfelder über uns frei.

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Der Blue Jay wird nicht umsonst auch „Picknick Bird“ genannt. Dieser hat gerade ein Stück Mandarine ergattert.

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Auf der Passhöhe des Rogers Pass gönnen uns die Wolken wieder im richtigen Moment den Blick auf die Bergwelt.

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Und im Visitor Center sehen wir uns am Modell an, wie ausgesetzt die Bahnstrecke über den Rogers Pass verläuft. Fast die Hälfte wurde mittels Verbauungen vor Lawinen geschützt.

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Was leider nicht immer ausreichte. Ein Mahnmal am Rogers Pass gedenkt Dutzenden Toten einer Lawine auf der Passhöhe, die einen ganzen Zug verschüttete. Ein Panorama zeigt die Rettungsarbeiten.

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Wir verlassen die Passhöhe in Richtung Golden, einem kleinen Ort zwischen dem Glacier und dem Yoho National Park, wo wir uns heute bei Lynn eingemietet haben, die einige Kilometer vom Ort entfernt ein traumhaftes Bed & Breakfast betreibt. Lynn ist Schottin, Ihr Mann Schweizer (und Zimmermann), was lag da näher, als in dieser wunderschönen Umgebung eine kleine Lodge zu bauen und schottische Hochlandrinder zu züchten. Wir fühlen uns jedenfalls sofort zuhause.

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Da wir auf dem Pass auch die Zeitgrenze von Pacific zu Mountain Time überschritten haben, sind wir der Heimat jetzt schon wieder eine Stunde näher. Die Stunde fehlt uns heute Abend aber irgendwie, also schnell aus den feuchten Klamotten raus, Abendessen und ins Bett.

Flussaufwärts

Die nächsten Tage wollen wir uns elegant wie die Lachse (jedoch einen Monat vor den Lachsen, mehr dazu später) immer flussaufwärts den Rocky Mountains zu bewegen. Wir starten im kleinen Städtchen Hope, wo wir das Othello’sche Tunnelquartett durchwandern wollen.

Der Chefingenieur dieser Bahnstrecke war ein rechter Shakespear-Fan und so gibt es zwischen den Stationen Romeo und Julia die Station Othello, nach der die nahegelegenen Tunnel benannt sind.

Seinerzeit kostete der Bau einer Meile Bahnstrecke rund 30.000$, doch diese Strecke schlug mit dem fünffachen zu Buche, mussten doch jede Menge Tunnel durch den Berg getrieben, Brücken und Lawinenverbauungen errichtet werden. Kurz vor dem Städtchen Hope war noch eine enge Klamm zu bewältigen, hier kam die Meile gar auf 300.000$.

Doch lange währte der Erfolg nach Fertigstellung nicht. Die Strecke wurde so oft von Bergrutschen und Felsstürzen verschüttet, dass man sie schließlich aufgab. Darum können wir jetzt durch die Tunnels hindurchlaufen und die wilde Klamm begehen – jedoch aktuell nur bis zum zweiten Tunnel, denn das reißende Wasser hat den Brückenpfeiler nach Tunnel 2 sichtbar schon zur Hälfte durch, und somit geht es hier momentan nicht mehr weiter.

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Keiner hat uns gesagt, dass man für diese Wanderung besser Taschenlampen mitbringt, und so tappen wir dem ersten Tunnelende entgegen, während leises Wasserrauschen ab und an den Puls etwas höher schlagen lässt, weil man nie weiß, ob man nicht gleich eine Ladung Wasser in den Kragen bekommt.

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Zwischen den Tunnels geht es ganz schön steil nach oben.

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Nach diesem kleinen Abstecher starten wir nun entlang des Fraser River landeinwärts. Das Tal ist wenig besiedelt, nur ein oder zwei kleine Orte verteilen sich auf 200 km Strecke (und wenn ich klein sage, meine ich auch klein). Trotzdem ist ganz schön was los: Entlang dem Fraser schlängelt sich der Trans Canada Highway (TCH), Kanadas einzige durchgehende Ost-West-Straßenverbindung.

Dazu kommen beiderseits des Flusses je ein Bahngleis. Die Bahnstrecken gehören zwei konkurrierenden Bahngesellschaften und sind ebenfalls die einzigen Ost-West-Verbindungen auf dem Gleis. Heute hat man sich geeinigt, die Gleise gemeinsam zu nutzen, auf einer Seite des Fraser River Richtung Osten, auf der anderen Richtung Westen. Ab und zu überholen wir unterwegs lange (also laaaaaange) Güterzüge, oft gezogen von mehreren Lokomotiven.

Die Züge werden uns auf der Reise auf jeden Fall weiter begleiten, hängt doch die Besiedlung und der wirtschaftliche Aufschwung Kanadas eng mit dem Eisenbahnbau zusammen – und das Land wurde eben entlang der Pässe und Täler erschlossen, durch die sich als erstes auch die Eisenbahn schlängelte. Das hektische Bing-Bing-Bing-Bing-Bing der Bahnübergänge und das Wooooot-Woooooot der Züge ist hier ein Dauerton, an den man sich schnell gewöhnt. Und ein bisschen weg vom Bahndamm herrscht ja dann auch ganz schnell Ruhe.

Auch die Straße braucht ihre Pflege, und so gibt uns die eine oder andere Baustelle Gelegenheit die heute bis zu 30 Grad warme Luft ins Auto hereinzulassen.

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Einen Stopp legen wir an der alten Alexandra Bridge ein, hier wechselt die Straßenführung vom West- aufs Ostufer des Fraser. Auf die Pfeiler der schon achtzehnhundertirgendwas erbauten Brücke (über die damals noch Pferde trabten und Kutschen zogen) wurde in den 1920ern eine neue gesetzt. Damals musste man noch in Serpentinen von der höher gelegenen Straße zur Brücke runter und am anderen Ufer wieder rauf fahren. Heute überspannt eine moderne Brücke ein paar hundert Meter südlich auf Straßenhöhe das ganze Tal.

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Der Spaziergang auf der alten Straße hinunter ist sehr schön, und ganz einsam steht dann nach einer Linkskurve die alte Brücke vor einem – und darunter rauscht der Fraser River hindurch.

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Am anderen Ufer ist die alte Straße schon kaum mehr auszumachen. Die alte Alexandra Bridge führt direkt ins Grüne.

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Zurück auf dem TCH geht es weiter Ostwärts. Irgendwann erreichen wir den Zufluss des Thompson River in den schlammigen Fraser River. Ab hier folgen wir dem Thompson.

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Anstelle des Zuges düst plötzlich ein Pickup auf Eisenbahnachsen um die Ecke: Der Streckenwärter dürfte den Fahrplan gut kennen.

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Orts- und Straßennamen werden hier auch gerne mal in der Sprache der Ureinwohner ausgeschildert. Meistens liest es sich, als hätte man die Buchstaben einfach gewürfelt.

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An unserem Etappenziel in Kamloops trennen sich die Gleise der beiden Bahngesellschaften, die einen haben ihre Strecke im Norden bei Jasper, die anderen etwas südlicher bei Banff über die Rocky Mountains gelegt. Bei immer noch 29 Grad genießen wir den Abend und lassen uns beim Mexikaner wie mittlerweile gewohnt eine Guacamole am Tisch zubereiten. Mit vollem Bauch geht es dann in’s Bettchen.

Dieser Camaro kommt übrigens aus den Northwest Territories, dem einzigen Staat mit Autokennzeichen in Form eines Polarbären.

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In Kamloops ist Samstags Farmer’s Market, wo wir uns mit allerlei Obst und Tomaten und Kuchen und … also viel Leckerem eindecken, für die nächsten Tage.

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Zwei Bretter auf den Pickup geschraubt, Mais rein, Schirm drüber, fertig ist der Marktstand.

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Und auch die Mounties sind da und wachen über das Marktgeschehen.

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Wir fahren weiter flussaufwärts. An der Mündung des Adams River in den Shoeswap Lake kommen zum Salmon Run alle vier Jahre mehrere Millionen Lachse vorbei, sodass man hier gleich ein Festival veranstaltet und Beobachtungsplattformen errichtet hat. 2014 ist so ein Jahr (im Folgejahr kommt vielleicht noch eine Viertelmillion, im zweiten und dritten Jahr nur ein paar Nachzügler). Dann ist der Fluss hier schwarz vor Fischen. Leider aber erst im Oktober. Ein bisschen hatten wir schon gehofft, vielleicht ein paar besonders sportliche Frühankömmlinge erspähen zu können, aber nix. Müssen wir wohl im Oktober noch mal herkommen…

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Salmon Arm ist unser nächstes Zwischenziel, ein echt verschlafenes Nest am Shoeswap Lake.

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Aber Wetter ist gut. 🙂

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Zur Strafe fürs Nichterscheinen haben wir uns gestern Abend ein paar Fische in die Pfanne werfen lassen – lecker Lachsforellen.

Die überzählige Energie kann ich heute morgen gleich abarbeiten: Schwellenklopfen am Last Spike Monument. Es steht geschrieben:

Here was driven the Last Spike
completing Canadian Pacific Railway
from Ocean to Ocean
November 7, 1855

Genau hier waren dem Bautrupp aus dem Westen leider die Schienen ausgegangen, und so blieb denen nichts anderes übrig, als auf den Trupp aus dem Osten zu warten, bis dann feierlich der letzte Nagel eingeschlagen werden konnte. Die Komplettierung der Strecke war für Kanada ein riesen Meilenstein – endlich verband ein eisernes Band das ganze Land von Ost nach West.

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Unser Tagesziel ist Revelstoke am Columbia River. Letztes Jahr standen wir in Astoria in Oregon an der Mündung des Columbia River in den Pazifik. Jetzt sind wir nahe seiner Quellen.

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Diese Bank wurde wohl für den Sasquatch gebaut…

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Nach der Fahrt durch zwei Klimazonen hinauf auf den Mount Revelstoke machen wir hier eine paar kleine Rundwanderungen durch Wald und Hochmoor…

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… und blicken hinüber ins ewige Eis.

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Der Feuerwachturm auf dem Gipfel ist im Winter in der Regel bis zur Spitze eingeschneit.

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Schon schön.

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Wir beenden den Tag mit einem anständigen Steak, sehen dem Vollmond beim Aufgehen zu und warten gespannt darauf, wie sich nun das Wetter entwickeln mag. Die 29 Grad gestern waren ganz schön warm. Die 22 Grad heute waren angenehm. Übermorgen soll es schneien.

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Harrison Hot Springs

Hat es sich doch gelohnt, dass wir gestern so schön aufgegessen haben: Der Himmel am Tag unserer Abreise aus Vancouver ist wolkenlos und diamanten funkeln uns die Glasfronten Downtown’s hinterher, als wir Stadt Richtung Osten verlassen. Wir folgen dem Fraser River flussaufwärts. Unser erster Stopp ist der historische Kilby Store, den die Familie Kilby noch bis 1977 aktiv betrieb und dann in ein kleines, originalgetreues Museum umwandelte.

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Der alte Store ist über eine auf Stelzen gesetzte Rampe erreichbar, denn der Fraser River kann hier schon mal über die Ufer treten und das ganze Farmland überschwemmen. Die alten Zapfsäulen stehen dann aber wohl trotzdem im Wasser.

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Der Laden ist gefüllt mit allem, was auf dem Dachboden der Kilbys so zu finden war: In erster Linie Ware, die sich nie so recht verkaufte, aber trotzdem nie weggeworfen wurde.

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Hier gab es früher jedenfalls so ziemlich alles zu kaufen, bis hin zur Eiscreme.

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Der Ladenbesitzer betrieb daneben noch die einzige Poststation im County, war Friedensrichter und Notar.

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Im Obergeschoss gab es ein paar Hotelbetten, im Untergeschoss eine Werkstatt.

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Ich nutze die Gelegenheit, hier mal meinen Schlafanzug durchzuwaschen.

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Und einen kleinen Spaziergang über die zugehörige Farm mit Hühnern, Truthähnen, Eseln, Schweinen, Kühen und Kaninchen machen wir ebenfalls noch.

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Dann fahren wir weiter – zunächst noch zu einer nahegelegenen Nussfarm zum Haselnüsse kaufen – und dann nach Harrison Hot Springs – unseren Etappenort für heute. Der, für seine Thermalquellen bekannte Ort liegt direkt am Südende des langgestreckten Harrison Lake.

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Es ist übrigens auch die Heimat des Sasquatch, auch genannt Big Foot, einem Verwandten des Yeti.

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Der Sasquatch rät uns zu einer Umrundung des Hicks Lake, der abgeschieden, aber mit Gletscherblick im Wald versteckt liegt.

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Erinnerungen an den Olympic National Park in Washington werden wach: An einigen Stellen ist der Wald verwunschen mit Farnen und Moosen überwuchert.

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So spenden hier selbst Baumstümpfe Leben: Aus diesem stattlichen Stumpf wachsen ganze drei neue Bäume hervor.

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Endlich zurück am Ausgangspunkt hängen wir in der warmen Abendsonne natürlich unsere Füße zum Abkühlen in den See.

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Während im Black Forest Restaurant Schnitzel mit Schwarzwaldsoße (?) sowie Sausage nebst Sauerkraut auf den Teller kommen …

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… entscheide ich mich doch für die in Tequila flambierten Garnelen mit Limettensoße …

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… und vergleiche vor dem Zubettgehen noch meine Schuhgröße mit der des Sasquatch.

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Der Sonne entgegen

Kommt die Sonne nicht zu uns, müssen wir eben zur Sonne fahren.

Unsere letzte Nacht in Vancouver steht bevor, danach werden wir die Pazifikküste verlassen. Ein guter Anlass, noch etwas die Küste abzuklappern. Wir verlassen Vancouver über die Lions Gate Bridge und folgen dem Highway Richtung Norden. Eine gute Stunde Fahrt ist es bis Squamish, einem kleinen Holzfäller-Nest am Ende des südlichsten Fjords Nordamerikas. Die Niederschläge der letzten Tage haben die Berggipfel über dem tiefblauen Fjord leicht angezuckert und bereits auf halber Strecke reißt die Wolkendecke auf und wir freuen uns über strahlend blauen Himmel. Die Luft im Schatten ist noch ziemlich zapfig, und die auf 350 Meter langen Kaskaden herabfallenden Shannon Falls erwandern wir zügig – um warm zu bleiben. Aber in der Sonne ist es nach einem verregneten Tag wie gestern natürlich wunderschön.

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In Squamish angekommen parken wir gegenüber der Polizeistation der Royal Canadian Mounted Police, zu erkennen am Funkturm auf dem Dach.

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Wir spazieren die blumengeschmückte Main Street einmal auf und einmal ab – die hohen Gipfel im Hintergrund dürften schon zu Whistler, dem Austragungsort der Alpinwettbewerbe bei den Olympischen Spielen vor vier Jahren gehören.

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Squamish liegt genau am Ende des Fjords und obwohl als Holzfällerstadt bekannt, kam uns auf dem Weg hierher noch kein einziger Holzlaster entgegen. Vor Ort wird klar warum: Die aus den Bergen kommenden Laster werden in Sqamish entladen und die Stämme in den Fjord geworfen. Dazu stehen Maschinen wie diese bereit, die die gesamte (!) Ladung eines LKW auf einmal greifen und abladen können! Im Wasser werden die Baumstämme dann zu Flößen verbunden und von Schleppern zur Weiterverarbeitung nach Vancouver gezogen.

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So kann man hier übrigens auch reisen: Alten Schulbus kaufen. Alles was schwimmt obendrauf packen. Los.

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In der Marina von Squamish sieht man noch einmal, wie nahe Meer und Gletscher hier beieinanderliegen. In Vancouver ist es gar mild genug für Palmen auf der Uferpromenade!

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In einigen Dingen weicht der Kanadier vom Amerikaner kaum ab: Ver- und Gebotsschilder werden immer gerne aufgehängt.

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Wir fahren wieder zurück nach Süden, machen einen kurzen Stopp am Fährhafen in Horseshoe Bay (einer tatsächlich hufeisenförmigen Bucht). Hier holen wir zunächst die Wolkendecke wieder ein – schade, tschüß Sonne… Aber nur kurze Zeit und ein Salamisandwich später strahlt sie auch über der Horseshoe Bay. Wir entscheiden uns für eine kurze Wanderung im Lighthouse Park, zum Leuchtturm und zurück. Kleine Buchten am Weg sind gefüllt mit Treibholz und den Flößern verlorengegangenen Stämmen.

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Praktisch denkend wurde die Halbinsel hinter dem schon im 19. Jahrhundert errichteten Leuchtturm frühzeitig unter Schutz gestellt, damit das Leuchtfeuer immer einen dunklen Hintergrund hat. Nur für das dampfbetriebene Nebelhorn wurde hier seitdem etwas Holz gefällt. So wurde ein Kaltregenwald mit vielen Metern Durchmesser starken Zedern erhalten. Umgefallene Bäume bieten noch Jahrzehnte den Nährboden für die neue Vegetation. Alles ist von saftig grünen Moosen überzogen und Steilhänge sind mit riesigen Farnen bewachsen. Von der Spitze der Landzunge eröffnet sich dann der Blick hinüber auf Vancouver, dessen Hafeneinfahrt der Leuchtturm hier bewacht. In der Mitte liegt grün der Stanley Park (den wir schon mit dem Fahrrad umrundet haben), rechts davon Downtown, links die Lions Gate Bridge.

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Nachdem wir mittlerweile auch die letzten Wolken verjagen konnten, und uns mit einem leckeren Cappuccino und einem unterarmgroßen Mandelcroissant gestärkt hatten, fahren wir noch in den Süden Vancouvers, um in der späten Nachmittagssonne eine Runde am Kitsilano Beach zu drehen.

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Hier ist es so schön, dass wir gleich zum Abendessen bleiben und uns im „Boathouse“ ein lecker Fischchen braten lassen.

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Die Segler draußen wissen dabei wahrscheinlich gar nicht, wem Sie das schöne Wetter heute zu verdanken haben. Sind wir doch nur für sie nach Squamish gefahren, um die Sonne zu holen.

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Um acht Uhr müssen wir uns dann von der Sonne doch wieder verabschieden.

Und pünktlich zur Neun-Uhr-Kanone liegen wir erschöpft von viel frischer Luft und mit müden Augen auf unserem Bett.

Mal sehen, wo wir die Sonne dann morgen wieder einfangen müssen. Ich denke, wir fahren ihr mal ein Stückchen entgegen – auf in den Osten!

Bloedel

Ein kurzer, aber kostspieliger Ausflug führte uns übrigens auch noch in den Queen Elizabeth Park, der mit 150m die höchste Erhebung innerhalb Vancouver darstellt. Wären die Bäume hier oben nicht so elendig hoch, hätte man einen tollen Blick auf Downtown. Dafür ist der Park sehr hübsch, und unter der großen Kuppel des Bloedel Conservatory finden wir bei 98% Luftfeuchtigkeit einen tropischen Regenwald mit Papageien und allerlei Kanarienvögeln vor. Den Eintritt von $5.50 pro Nase war der Rundgang durch diese schöne Anlage allemal wert. Nur das Ticket über $36.80 fürs Parken ohne Parkschein war etwas bloedel…

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Granville Island Market

Nachdem der Wettergott es bisher recht gut mit uns meinte, ist heute eher Dauerregen angesagt. Kein Problem – wir haben ja gestern schon eine neue Regenjacke für Simone gekauft (die alte hängt wohl noch in der heimischen Garderobe). Mit den kleinen Wassertaxis der False Creek Ferries setzen wir über nach Granville Island.

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Solche Strapazen würden wir natürlich nicht auf uns nehmen, gäbe es auf Granville Island nichts zu essen! In der großen Markthalle auf den kleinen Halbinsel, unter der großen Brücke hinüber in die City, ist aber bestens für uns gesorgt.

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Hier gibt es Kulinarisches aus aller Welt. Ob frische italienische Pasta, französischer Käse oder Original German Bratwurst, alles ist dabei. Man beachte auf diesem Schild den Abschnitt zum Oktoberfest: „No need to go to Munich“. Man soll sich einfach das Bier von der Granville Island Brewery holen, Wurst und Sauerkraut gibt’s dann hier.

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Wir futtern uns durchs Angebot und nehmen dann das Wassertaxi zurück in die Stadt. Kurz bevor wir endgültig durchgeweicht sind, kehren wir noch auf einen Kaffee ein. Die Bäckerei in der Robson Street hat viel leckeres Gebäck, gut möglich, dass hier deutsche Konditoren die Finger im Spiel haben – die Robson Street wurde früher auch „Robsonstraße“ genannt, der vielen deutschen Läden wegen. Heute ist davon aber nicht mehr viel zu spüren, denn heute ist ein Drittel der Einwohner Vancouvers asiatischer Abstammung und somit reiht sich in der Robsonstraße ein asiatisches Restaurant an das andere. Aber so tolle Törtchen können die halt nicht…

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Und zur großen Überraschung kommt abends auch die Sonne noch einmal durch.

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Vancouver

Entzündete Gallenblasen, Pilotenstreiks und Vulkanausbrüche konnten uns nicht aufhalten: In Vancouver betreten wir erstmals kanadischen Boden. Und ein Morgen in Kanada kann natürlich nur mit einem beginnen: Walnut Pancakes mit kanadischem Ahornsirup.

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So viel Energie haben wir getankt, dass wir uns gleich ein paar Radl ausleihen um den Stanley Park am Rande Downtowns zu umrunden.

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Gleich zu Beginn wartet auf uns der schönste der vielen Stopps, die wir auf unserer Radltour einlegen, einer Sammlung von Totempfählen der Ureinwohner des Kontinents.

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Mit Hilfe der Erläuterungen zu den einzelnen Pfählen finden wir heraus, was da übereinander gestapelt dargestellt wurde. Gerne dabei sind: Adler, Schlange, Wal, Weiser Mann und Mann mit Kanu.

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Am besten gefallen uns die farbigen Pfähle, aber es geht auch ohne Anmalen:

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Auf dem Burrard Inlet herrscht ein reger Verkehr aus Fähren, Kreuzfahrtschiffen und Wasserflugzeugen.

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An der Neun-Uhr-Kanone sollte man sich um Neun Uhr besser nicht aufhalten.

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Dass die Kanone direkt aufs Kreuzfahrt-Terminal zielt, würde mir als Kreuzfahrer zu denken geben.

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Zwischen dem Second Beach und dem Third Beach machen wir einen weiteren Stopp bei John Shaver, der hier den lieben Tag lang nichts anderes macht, als Steine aufeinander zu balancieren. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde man im Leben nicht glauben, dass diese Steine ohne Tricks und doppelte Böden einfach aufeinanderstehen.

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Der Meister bei der Arbeit.

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Ein Stückchen weiter, am Second Beach halten wir an einem Marktstand, auf dem frische Erdbeeren aus dem Okanagan Valley verkauft werden. Frische Erdbeeren, zuckersüß, im September! Das Schälchen kostet 4$, drei für 13$. Der Rechenkunst können wir zwar nicht ganz folgen, lecker waren sie trotzdem. Noch kurz gefragt, ob die Erdbeeren denn organic (also bio) sind. Sind sie nicht, der Bauer guckt sie sich aber täglich sehr genau an. Außerdem sind zwischen den Pflanzen immer wieder Gräser gepflanzt, die den Staub von den Erdbeeren fern halten. Also sind sie doch quasi bio… Wie gesagt, egal, waren lecker!

Zurück in der City treffen wir einige recht lachhafte Gestalten.

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Einige.

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Auch beim Inukshuk schauen wir kurz vorbei – dem Maskottchen der Olympischen Winterspiele 2010.

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Jetzt ist aber genug geradelt. Die Frühstückskalorien haben wir längst verbrannt. Der Japadog ist eine Spezialität, die es nur in Vancouver gibt – die Fotos diverser Promis mit der japanischen Variante des Hot Dog beweisen es. Uns konnte der Japadog-Stand dann aber nicht ganz überzeugen, Seetang auf der Wurst hin oder her. Das Grüner-Tee-Eis – drei Kugeln im frittierten Brötchen – hätte uns eher interessiert, wäre die Sonne noch da.

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Sonne hin oder her marschieren wir noch hinüber nach Gastown, einem hübsch hergerichteten Viertel mit alten Backsteinbauten und dem einen oder anderen Souveniergeschäft. Das ganze Viertel wird mittels heißem Dampf mit Energie versorgt, da hat man in den Siebzigern auch gleich eine dampfbetriebene Uhr aufgestellt. Die Steam Clock zischt und pfeift und tutet zu jeder vollen Viertelstunde. Das macht sie auch jetzt um halb fünf recht zuverlässig – auch wenn das Ziffernblatt was völlig Anderes anzeigt.

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Am anderen Ende der Gastown erweisen wir dem Stadtgründer Gassy Jack noch die Ehre.

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Jetzt sind wir aber echt müde und machen uns auf den Heimweg. Unterwegs gibt’s noch eine kurze Stepptanz-Show.

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Wir haben uns den Lachs heute echt verdient (es ist gerade Salmon Festival, und wir essen uns gezielt durch die Lachskarten der umliegenden Restaurants durch).

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Und auch wenn die Stadt noch lange nicht schläft (schließlich ist heute Feiertag), wir gehen in die Heia.

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